Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um zu erfassen, was dieses Selbstbestimmungsgesetz für trans-, intergeschlechtliche und non-binäre Menschen bedeutet, möchte ich ins Bewusstsein rufen, dass transgeschlechtliche, intergeschlechtliche, non-binäre Menschen in unserer Gesellschaft über Jahre, teilweise über Jahrzehnte, ein Leben in Angst vor ihrem Coming-out verbringen, in Angst vor dem, was danach kommt, weil viel zu oft noch Häme, Spott, Hass, Beleidigungen, Herabwürdigungen, Demütigungen traurige Realität für transgeschlechtliche Menschen in dieser Gesellschaft sind. Ich möchte hier noch einmal deutlich ins Bewusstsein rufen, dass jedes einzelne Recht, das transgeschlechtlichen und non-binären Menschen in dieser Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten zugesprochen wurde, von Betroffenen in teilweise jahrelangen Prozessen bis hinauf zu den höchsten Gerichten erst einmal erstritten werden musste. Insofern ist das heute wirklich ein historischer Tag, an dem zum allerersten Mal eine Bundesregierung aus freien Stücken einen Gesetzentwurf zum Schutz der grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechte dieser Menschen in den Bundestag einbringt. Wir schaffen damit das entwürdigende Transsexuellengesetz ab, ein Gesetz, an dem Blut und Tränen kleben, ein Gesetz, das durch entwürdigende Begutachtungsverfahren für so viel Leid verantwortlich und in weiten Teilen grundgesetzwidrig ist. Damit entsprechen wir einer Forderung, die der Europarat in einer Resolution zum Schutz der Menschenrechte von transgeschlechtlichen Menschen bereits im Jahr 2015 erhoben hat. Zahlreiche europäische Länder sind ihr bereits gefolgt; Frau Ministerin Paus hat sie bereits aufgeführt. Ich möchte nur ergänzen: Auch die konservative Schweiz hat ein Selbstbestimmungsgesetz, und entgegen allen Befürchtungen ist dort die Zivilisation nicht zusammengebrochen. Nein: Im Gegensatz zu Deutschland fahren die Züge in der Schweiz auch heute noch pünktlich. Deswegen holen wir das, was viele europäische Länder bereits gemacht haben, jetzt nach. Ich freue mich auf die parlamentarischen Beratungen. Ich weiß, dass unser Gesetzentwurf von weiten Teilen der gesellschaftlichen Mitte getragen wird: vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der Bundespsychotherapeutenkammer, vom Bundesfrauenrat, den Frauen in der evangelischen Kirche, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Ich hoffe, dass wir mutig sind und deren Forderungen nach Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren noch ergänzen. Ich freue mich auf die weiteren Debatten.