Sehr geehrte Präsidentin! Werte Abgeordnete! Werte Zuschauende! Für die meisten von uns ist selbstverständlich: Wer wir sind und wie wir leben möchten, das entscheiden wir selbst. Das können nur wir selbst entscheiden. Das kann und darf niemand von außen bestimmen. Das ist das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Aber genau das war für transgeschlechtliche, für intergeschlechtliche, für nichtbinäre Menschen jahrzehntelang anders. Sie mussten um dieses Recht auf Anerkennung kämpfen. Das Transsexuellengesetz war für viele von ihnen die reine Demütigung. Und weil es in Teilen gegen unsere Verfassung verstößt – so haben die Richter/-innen in Karlsruhe mehrfach geurteilt –, bringen wir heute das Selbstbestimmungsgesetz ein. Künftig entscheiden transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen in Deutschland mit einer Erklärung vor dem Standesamt, mit welchem Geschlecht und mit welchem Vornamen sie eingetragen werden möchten. Viel zu lange – viel zu lange! – haben darüber Gutachter/-innen, Ärztinnen und Ärzte und Richter/-innen entschieden. Mehr als 40 Jahre buchstabierte das Transsexuellengesetz Stereotype und Transfeindlichkeit. Betroffene mussten sich sterilisieren lassen. Betroffene mussten ihre Ehe auflösen. Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörende, wir schaffen endlich klare Verhältnisse! Wir machen Politik für die Menschen, und das heißt eben auch: Wir stellen uns schützend vor transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und non-binäre Menschen, vor Menschen, die viel zu lange schon Häme und Spott ausgesetzt sind – und das leider bis heute –, vor Menschen, die alltäglich diskriminiert und sogar körperlich angegriffen werden. Wir sind es ihnen schuldig. Wir sind es ihnen schuldig, ihre längst bestehende Lebensrealität endlich anzuerkennen. Wir sind es ihnen schuldig, sie endlich rechtlich abzusichern. Und das beginnt im neuen Selbstbestimmungsgesetz mit dem Eintrag ins Personenstandsregister. Es geht um nicht mehr, aber eben auch um nicht weniger. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz entfallen demütigende Gutachten, langwierige Gerichtsverfahren und hohe Gebühren. Zugleich sieht das Gesetz ein bußgeldbewehrtes Offenbarungsverbot vor. Und nirgends – nirgends! – geht es in unserem Gesetz um medizinische geschlechtsangleichende Maßnahmen, und niemandem – niemandem! – nehmen wir ein Recht weg. Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuschauende, mit diesem Selbstbestimmungsgesetz stehen wir in Deutschland nun in einer Reihe mit Ländern, die geschlechtliche Selbstbestimmung ebenso geregelt haben wie wir: Argentinien hat vor gut zehn Jahren als erstes Land genau das getan und eine Änderung des Geschlechtseintrages per Selbstauskunft ermöglicht. Und mit Spanien und Finnland sind es inzwischen 15 Länder weltweit. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt die geschlechtliche Selbstbestimmung so regeln, wie es sich für einen freiheitlichen Rechtsstaat gehört, für den eben die Würde des Menschen der Kern des Rechtsstaates ist. Ich hoffe auf Ihre Zustimmung. Ganz herzlichen Dank.