Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben.“ Diese griffige Bemerkung wird Alexander von Humboldt zugeschrieben, dem großen deutschen Forschungsreisenden. Sein Wirkungsfeld weist weit über Europa hinaus. Er korrespondierte mit zahlreichen Experten verschiedener Fachrichtungen und schuf so ein wissenschaftliches Netzwerk ganz eigener Prägung. Und stolz trägt deshalb unsere Stiftung für den internationalen Forschungsaustausch heute seinen Namen. Sie pflegt ein Netzwerk mit mehr als 30 000 Humboldtianerinnen und Humboldtianern in weltweit mehr als 140 Ländern. Jährlich ermöglicht sie über 2 000 Forschenden aus aller Welt einen Aufenthalt in Deutschland. All diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schärfen durch die Anschauung der Welt jenseits ihres heimischen Horizonts ihre und damit natürlich auch unser aller Weltanschauung – ein Effekt, den wir in einer Zeit und Welt neuer Nationalismen nicht unterschätzen sollten. Doch all das ist gefährdet, wenn wir unsere einschlägigen Institutionen nicht mehr auskömmlich finanzieren. Bei allem Verständnis für Haushaltszwänge ist es nicht nachvollziehbar, dass die Ampelregierung ausgerechnet da kürzt, wo in den meinungsbildenden Milieus beider Länder der Austausch so hervorragend funktioniert. Nur mal ein Beispiel: Die Stipendien für internationale Wissenschaftler sind schon seit Langem – ich muss es sagen; das gilt natürlich auch für Promovierende hier in Deutschland – nicht mehr erhöht worden. Sie sind nicht mehr wettbewerbsfähig, und vor allem reichen sie nicht einmal mehr für den Lebensunterhalt. Jetzt werden sie notgedrungen marginal erhöht, aber – besonders bitter –: Die AvH-Stiftung und auch die hiesigen Begabtenförderungswerke müssen das aus ihren eigenen Budgets begleichen. Im Inland bedeutet das 15 Prozent weniger Promotionsförderungen. Bei den internationalen Wissenschaftlern richtet das im Haushalt der AvH-Stiftung einen so großen Schaden an, dass jährlich 100 Stipendien weniger ausgeschrieben werden. Dass in der AvH-Stiftung das Bundeskanzler-Stipendien-Programm dran glauben muss, sollte zumindest den Schirmherrn aus der Reserve locken – tat es aber leider nicht. Der Kanzler schweigt. Für einen markanten Gestaltungswillen in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik ist er ja sowieso nicht bekannt. In einer unruhigen Welt, die aus den Fugen gerät, müsste die zivile Krisenprävention einen hohen Stellenwert haben, gerade die der so erfolgreichen Akteure aus der Wissenschaft und der Kultur. Stattdessen setzen wir nicht nur unsere Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch unseren guten Ruf aufs Spiel. Stattdessen löchern wir ein Netz bester Beziehungen in die Zivilgesellschaften wichtiger Partnerländer. Und stattdessen zwingen wir unsere besten Mittler in die Knie. Die Wissenschaft war immer schon weltumspannend. Sie sollte es auch in und für Deutschland heute bleiben.