Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Winter naht. Doch wo bleibt der Energieplan für Deutschland? Die Ampel feiert sich für einen hundertprozentigen Füllstand bei den Gasspeichern und tut so, als ob wir uns damit keinerlei Sorgen mehr um die Energieversorgung im kommenden Winter machen müssten. Die Bundesnetzagentur sieht tatsächlich keine Probleme bei der Versorgung mit Gas, aber eben nur, wenn drei Bedingungen erfüllt werden: wenn die Menschen weiter Gas sparen, wenn der Winter nicht außergewöhnlich hart wird und wenn die Importmöglichkeiten aus Norwegen beständig bleiben. Die Aussage des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, soll wohl beruhigend klingen; aber hört man genau hin, zeigt das, wie unsicher die Lage nach wie vor ist. Übersetzt heißt das: Wenn sonst nichts passiert und wir mit dem Wetter Glück haben, dann werden wir schon durchkommen. – Ich sehe keinen Anlass, sich dafür zu feiern. Obwohl wir es seit Februar fordern, gab es keinen weiteren Stresstest zur Berechnung der verschiedenen Szenarien für den Winter 2023/2024. Die Füllstände beschreiben dabei nur einen Teil der Lage. Volle Gasspeicher bedeuten noch lange nicht, dass die Energieversorgung gesichert ist. Bei sehr niedrigen Temperaturen werden die Gasspeicher bereits in der zweiten Januarhälfte vollständig entleert sein. Eine Gasmangellage kann darum nicht ausgeschlossen werden. Tagesabhängig könnten bis zu 40 Prozent zur Deckung des deutschen Gasverbrauchs fehlen. Im letzten Winter sind wir mit einem blauen Auge davongekommen, und das auch nur, weil unsere Industrie ihre Produktion massiv zurückgefahren hat. Für den kommenden Winter wissen wir noch gar nicht, wie sich die Nahostkrise auf die Situation auswirken wird. Erste Gasfelder wurden bereits geschlossen. Alle jetzt gefeierten Stresstestergebnisse bezogen sich auf die Szenarien für den Winter 2024/2025. Für den kommenden Winter will man es offenbar lieber nicht so genau wissen. Schauen wir auf die Gesamtlage bei der Energiepolitik: Die wirtschaftliche Lage ist düster. Hohe Energiepreise ohne Aussicht auf Besserung belasten den Wirtschaftsstandort und jeden einzelnen Bürger. Deutschland ist das einzige Industrieland und damit auch das einzige Land in der EU mit einer schrumpfenden Wirtschaft. Mit dem Wirtschaftsaufschwung in China und dem Erstarken anderer asiatischer Märkte steigt die weltweite Nachfrage nach Gas. Es ist mit einem weiteren Anstieg der Preise zu rechnen. Die Krisenpolitik der Ampel bleibt Stückwerk. Als größte Oppositionsfraktion haben wir Ihnen von Beginn dieser Krise an einen Vertrauensvorschuss gewährt und einer Reihe von Gesetzen zur Krisenbewältigung zugestimmt, zum Beispiel dem Gesetz zu den Füllspeichervorgaben oder dem LNG-Beschleunigungsgesetz. Doch seitdem herrscht Chaos und Streit in der Ampel. Erst wurde eine Gasumlage angekündigt, dann wieder abgeschafft. Erst wurden die Preisbremsen ewig angekündigt, dann wurden die Öl- und Pellethaushalte vergessen, und es musste mehrfach nachgesteuert werden. Erst wurde die Laufzeit der letzten drei AKW verlängert, dann wurden sie dieses Jahr mitten in der Krise trotzdem abgeschaltet; stattdessen wurden Kohlekraftwerke wieder hochgefahren. Die Preise für Gas und Strom sind weiterhin hoch. Durch die Verknappung wurde die Krise noch verschärft. Und die Bundesregierung streitet munter weiter darüber, ob und, wenn ja, welche Gegenmaßnahmen sie ergreifen will. Die dauerhafte Senkung der Stromsteuer auf EU-Minimum ist längst überfällig, wir fordern Sie seit Monaten dazu auf – nicht ankündigen, sondern machen ist jetzt das Gebot der Stunde. Die Ampel läuft aber genau in die entgegengesetzte Richtung und plant im nächsten Jahr den nächsten Preistreiber. Sie wollen die Mehrwertsteuer auf Erdgas von 7 auf 19 Prozent erhöhen und gleichzeitig die CO2-Abgabe anheben. Ab Januar 2024 müssen die Verbraucher also wieder mit steigenden Energiepreisen rechnen. Die Ampelregierung verschenkt weiterhin Potenziale. Dieser Gesetzentwurf ist allenfalls ein kleiner Baustein oder eher eine bürokratische Glättung, sicher aber keine Gesamtlösung. Das zeigt sich auch beim Thema Biogas. Warum sind Biogasanlagen nicht Teil der Lösungsstrategie der Bundesregierung? Die Antwort ist recht einfach: weil es keine Lösungsstrategie gibt. Es ist eigentlich eine Schande: Die Ampel importiert lieber Fracking-Gas, statt Biogas zu nutzen. Die ökologische Begründung dahinter hat mir niemand erklären können. Es gibt keine. Die Ampel will wohl einfach nicht. Statt über Gülle auf den Feldern zu klagen und die Bauern dafür verantwortlich zu machen, könnte man Gülle in Biogasanlagen nutzen. Die Ampel will aber wohl einfach nicht; anders ist Ihr Vorgehen nicht zu erklären. Biomasse bindet CO2, und Biogasanlagen können strombedarfsabhängig produzieren, auch an windstillen und dunklen Tagen, wie es sie gerade im Winter oft genug gibt. Mehr Biogasanlagen bedeuten größere Unabhängigkeit von Fracking-Gas und vom Wetter. Aber die Ampel will das wohl einfach nicht und importiert lieber Energie. Ihren Gesetzentwurf werden wir kritisch prüfen. Die von der Ampel heute vorgeschlagenen Regelungen mögen folgerichtig sein, sind aber bei Weitem nicht ausreichend. Ihr Gesetz wird nichts Grundlegendes an der angespannten Situation der Energieversorgung ändern. Wir fordern die Ampelregierung darum erneut auf: Legen Sie endlich einen echten Energieplan für Deutschland vor!