Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen in den demokratischen Fraktionen! Erst mal zum Antrag, dann zu dem gefährlichen Schmarren der AfD. Der vorliegende Antrag der Union ist in erster Linie kein wissenschaftspolitischer, sondern ein geschichtspolitischer. Solche Manöver kritisiert die DDR-Forschung regelmäßig: geschichtspolitische Instrumentalisierung statt echtes Erkenntnisinteresse in der Befassung mit der DDR. Die einen verklären die DDR zum fortschrittlichen Wohlfahrtsstaat, die anderen wiederholen mantraartig, was längst allen klar ist: dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Was mir in dem Antrag besonders sauer aufstößt, ist, dass er die beispiellosen Verbrechen der Shoah mit denen des SED-Regimes vergleicht, vielleicht sogar gleichsetzt. So eine Relativierung der Verbrechen der Nazis ist beschämend. Aber – wir haben es gerade gesehen – mit der Instrumentalisierung der SED-Verbrechen kennt sich vor allem die AfD bestens aus. Als wir diesen Antrag im Ausschuss behandelt haben, hat sie davon gefaselt, dass die Zustände heute denen der DDR gleichen würden und dass die Amadeu-Antonio-Stiftung wie die Stasi sei. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die AfD interessiert sich nicht für die SED-Diktatur und ihre Opfer. Es geht rein um populistische Stimmungsmache. Statt geschichtspolitischer Instrumentalisierung brauchen wir solide Forschung zur DDR, zu Sozialismus und Kommunismus. Das ist die Grundlage für fruchtbare gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Die Forschungsverbünde zeigen eindrücklich, wie vielfältig die aktuelle Forschung bereits ist. Da geht es zum Beispiel um Mythen zum vermeintlich fortschrittlichen Bildungswesen, um die Darstellung der DDR in den Medien oder um die Aneignung der demokratischen Protestgeschichte der DDR, wenn Rechtsextreme „Wir sind das Volk!“ schreien. Über eines muss ich noch mein Erstaunen ausdrücken. Die Union fordert die Etablierung eines eigenen Forschungsfeldes Kommunismus. Wissen Sie nicht, dass die Politikwissenschaften sowohl in der politischen Theorie als auch empirisch seit Jahren intensiv an diesem Thema forschen? Bevor man einen Antrag schreibt, sollte man sich auch mit der Materie befassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Ihre Empörung ist unehrlich. Die Richtlinie zur Förderung von Forschungsvorhaben zum SED-Unrecht kommt aus einem unionsgeführten Haus. Sie haben selbst festgelegt, dass die Anzahl der Forschungsverbünde nach einer wissenschaftlichen Evaluierung reduziert wird. Während wir Grüne seit jeher für Planbarkeit bei Forschung und Lehre streiten, werfen Sie der Ampel vor, was Sie selbst den Forschenden eingebrockt haben. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. Vielen Dank.