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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 45 Minuten von hier entfernt liegt der Innovationspark Wuhlheide. Dieser wurde im Mai 1990 als erstes Technologie- und Gründerzentrum der neuen Bundesländer eröffnet, also noch vor dem offiziellen Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik. Den Innovationspark gibt es noch heute. Erst dieses Jahr wurden neue Gewerbeflächen geschaffen. 30 000 Quadratmeter wurden umgebaut und sind jetzt für Technologieforschung und innovative Unternehmen verfügbar. Seit über 30 Jahren findet hier freie Forschung statt – ein starker Kontrast zu früher. Zu DDR-Zeiten stand am selben Ort das Ministerium für Wissenschaft und Technik der DDR.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die DDR war ein Unrechtsstaat; darüber sind wir uns hier im Haus einig, zum Glück. Die DDR war eine Diktatur, die nicht für ihre Bevölkerung, sondern für sich gearbeitet hat. Es gab keine freien Wahlen, keine freie Presse, keine freie Bildung. Wer Kritik am System äußerte, der wurde verfolgt und bestraft. In so einem Umfeld sind auch freie Forschung und Wissenschaft nicht möglich.
Gerade heute, am 9. November, müssen wir immer wieder daran erinnern: Seit über 30 Jahren sind wir ein geeintes Deutschland. Und trotzdem gehört die Teilung zu unserer Geschichte, und trotzdem hat die Teilung auch heute noch Einfluss auf unser Miteinander. Diejenigen, die nach 1990 in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen geboren sind, haben die DDR selbst nicht mehr erlebt. Viele Eltern und Großeltern allerdings sind in einem Staat aufgewachsen, der ihnen die Freiheit in allen Bereichen ihres Lebens versagt hat.
Das ist keine Erfahrung, die man einfach so abschüttelt, nur weil die sichtbaren Mauern in unserem Land verschwunden sind. Diese Erfahrung gehört zur ostdeutschen und somit zur deutschen Identität. Umso wichtiger ist es, dass wir alle verstehen, wie die DDR funktioniert hat. Wir brauchen ein Verständnis füreinander und für die gemeinsame Geschichte, und das nicht nur in den ostdeutschen Bundesländern, sondern im ganzen Land. Nur so gelingt echte Einheit.
Dafür braucht es eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung dessen, was in der DDR passiert ist. Nur wer die Vergangenheit kennt, kann Gegenwart und Zukunft gestalten. Deshalb fördert die Bundesregierung Forschungsverbünde und Gedenkstätten, die sich mit der Politik, dem Leben und dem Alltag in der DDR auseinandersetzen. Diese Einrichtungen leisten wichtige Arbeit, sie hinterfragen und informieren. Vor allem erinnern sie aber immer wieder an diejenigen, denen Unrecht getan wurde.
Für uns als SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Die Geschichte der DDR muss in allen ihren Facetten gründlich erforscht werden,
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
und die Ergebnisse dieser Forschung müssen allen offen zugänglich sein. Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte darf nicht im Stillen und im Verborgenen passieren. Sie muss ein transparenter, offener und gesamtgesellschaftlicher Prozess sein.
Zum 70. Jahrestag des Volksaufstands vom 17. Juni in diesem Jahr haben wir das hier im Bundestag noch einmal deutlich gemacht. Wir haben beschlossen, dass wir – ich zitiere – „die Förderung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung in Forschungseinrichtungen und Gedenkstätten mit der DDR und dem SED-Unrecht“ stärken. Diesen Beschluss haben wir gemeinsam als Koalition gefasst. Das BMBF fördert bereits sieben Forschungsverbünde in einer zweiten Förderphase, die sich mit genau diesem Themenkomplex beschäftigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen wir noch einmal Richtung Wuhlheide zum Innovationspark. Dort stand, wie gesagt, das Ministerium für Wissenschaft und Technik der DDR, ein Ort für gefärbte und kontrollierte Forschung im Auftrag des Staates. Heute ist der Park ein Beispiel für Wandel und Fortschritt. Wo früher die Freiheit der Forschung beschnitten wurde, entstehen heute innovative Ideen für unsere Gesellschaft und für die Welt. Der Innovationspark steht für unseren Weg vorwärts. Aus der Aufarbeitung der Vergangenheit entsteht eine Zukunft, in der Freiheit, Forschung und Fortschritt Hand in Hand gehen – mit Unterstützung der Bundesregierung, auch ohne und schon lange vor dem vorliegenden Antrag der Union.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner ist Dr. Marc Jongen für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)