- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 9. November ist ein sehr wichtiger Tag in der deutschen Geschichte. Wir haben heute Morgen hier im Bundestag den 9. November im Gedenken an die Pogromnacht behandelt. Heute Abend reden wir aufgrund eines Antrags der Unionsfraktion auch über das wichtige Thema der DDR-Forschung.
Lassen Sie mich am Anfang eine kleine persönliche Bemerkung machen. Vor 34 Jahren saß ein junger Diplomand an seinem Schreibtisch und versuchte, ein ökonomisches Modell für die Berechnung der Freisetzung und Einsparung von Arbeitskräften in der Bundesrepublik Deutschland zu entwickeln. Abgabetermin: 30. November. Am 9. November 1989 um 19 Uhr war diese Diplomarbeit quasi ein schönes Stück Kunst wissenschaftlicher Anwendung,
Heiterkeit der Abg. Ye-One Rhie [SPD])
aber sie war einfach nicht mehr richtig, und sie war eigentlich nicht mehr aktuell. Ich muss sagen: Gott sei Dank!
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn an diesem Tag ist die Mauer gefallen, und das war ein wichtiger Moment, ein positiver Moment in der deutschen Geschichte. Aber es war an diesem Tag auch klar, dass wir uns in der Forschung Gedanken darüber machen müssen: Was können wir aus dieser Zeit lernen? Was können wir aus dem lernen, was in der DDR lange Zeit passiert ist?
Deswegen begrüße ich den Antrag der Union – ich habe ihn schon in meiner letzten Rede und auch im Ausschuss, so wie eigentlich alle im Ausschuss, begrüßt –,
Aber dann abgelehnt!)
dass wir uns über die DDR-Forschung Gedanken machen, dass wir sie weitertreiben müssen, dass es Möglichkeiten geben muss, über die DDR zu arbeiten. Wer in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses dabei war, hat auch gehört, dass die Ministerin sich positiv zu diesem Bestreben geäußert hat, sodass wir davon ausgehen, dass die DDR-Forschung weitergehen kann und dass wir zusätzliche Erkenntnisse gewinnen können.
Lassen Sie mich aber an der Stelle noch eine Anmerkung im Hinblick auf die eine oder andere Forderung, die im Antrag der Union steht, machen. Es ist wichtig, dass wir Erkenntnisse gewinnen. Wir sollten es aber unbedingt den Forschenden überlassen, wo, an welcher Stelle und zu welchen Themen Lehrstühle entstehen, Forschungsgebiete entstehen, damit junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich entscheiden, über diese Zeit zu forschen.
Es gibt nämlich schon sehr viele Forschungsansätze über Kommunismus und über Sozialismus. Das ist etwas, auf dem wir aufbauen können. Ich denke, wir sollten der Wissenschaft da auch etwas vertrauen; denn wir wissen, dass es junge Menschen gibt, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an diesen Aspekten, an diesen Themen arbeiten möchten. Das ist natürlich auch eine Aufgabe für die Länder, weil die Länder letztendlich auch ihren Beitrag für die Forschungsaktivitäten und die Etablierung von Lehrstühlen und Forschungsinstituten zu leisten haben. Da sollten wir sie nicht aus der Verantwortung lassen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Marlene Schönberger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deswegen – erlauben Sie mir diese Bemerkung –: Einiges von dem, was die Union beantragt, wird weitergeführt; anderes liegt vielleicht in der Kompetenz anderer. Aber eines ist sicher: Wenn wir von „Nie wieder!“ reden, dann müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, dass wir die jungen Menschen mit dem Wissen um diese Zeit ausstatten, dass wir auch etwas in Richtung politische Bildung machen müssen, dass wir dieses Thema an den Schulen, in den Lehrplänen etablieren, dass wir dort ein Bewusstsein dafür schaffen, was unter bestimmten politischen Konstellationen möglich ist, und dass wir letztendlich nicht vergessen, was die Mauer für viele Menschen bedeutet hat, was das sozialistische System für viele Menschen bedeutet hat, wie individuelle Freiheiten eingeschränkt worden sind.
Deswegen ist es wichtig, dass wir die DDR-Forschung erhalten, dass es weitergeht. Ich bin sicher, dass das im gemeinsamen Interesse von uns allen ist. Wir werden erst in den Haushaltsverhandlungen vollends sehen, um wie viel es dann letztendlich geht. Aber ich bin sicher, es ist uns allen klar: Abschaffen dürfen wir die DDR-Forschung nicht.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der nächste Redner ist Lars Rohwer für die CDU/CSU Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)