Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute hier über den Mindestlohn. Für jemanden, der 23 Jahre im Lebensmitteleinzelhandel gearbeitet hat und der mit 4,60 Euro die Stunde angefangen hat, ist das, was ich heute hier in der Diskussion gehört habe, harter Tobak. Das muss man einfach mal ganz klar so festhalten. – Ich habe angefangen, als ich 16 Jahre alt war. Frau Huy von der AfD sagte, der Mindestlohn wäre, wenn man ihn erhöht, nicht mittelstandsgerecht. Die Unternehmen würden daran ersticken, und es sei eine Wahlkampfshow gewesen. Wissen Sie was? Bei einer Inflation in 2021 von 3,8 Prozent, einer Inflation von 7,9 Prozent in 2022, da war das mit dem Mindestlohn goldrichtig. Den Kollegen hat das nämlich geholfen, überhaupt ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und am Ende des Monats auch noch Geld zu haben – einfach mal ganz klar gesagt. Wenn ich höre, wie Herr Pohl über die Kolleginnen und Kollegen redet – Zitat von Herrn Pohl: „die Mindestlöhner“ –, dann zeigt das, was Sie mittlerweile für ein Bild von den Kolleginnen und Kollegen haben. Herr Oellers, Sie haben von einer Lohnuntergrenze geredet. Man müsste ja nur den Taschenrechner nehmen, wenn wir jetzt umsetzen, dass diese 60 Prozent gehalten werden sollen. Wissen Sie was? Das ist die Untergrenze. Das heißt noch lange nicht, dass der Mindestlohn nur da unten sein muss, sondern es wäre gut, wenn wir gute Löhne hätten, von denen man gut leben kann. Gucken Sie sich mal den Immobilienmarkt in Deutschland an; versuchen Sie mal, eine Wohnung zu mieten! Viel Glück dabei! Daher muss es sein, dass wir gute Löhne in Deutschland haben. Es ist auch nicht ein Sozialpartnerdialog. Ich habe jahrelang mehrere Verhandlungen mit meinem Arbeitgeber als Betriebsratsvorsitzender geführt. Es ist nie so gewesen, dass eine Seite aufsteht – wie jetzt im Sommer bei der Mindestlohnkommission passiert – und dann in dem Moment sagt: Ich habe jetzt recht, und ich setze das jetzt hier durch mit dem Vorsitzenden. So funktioniert keine Verhandlung in Deutschland – nirgendwo. Von Frau Schimke habe ich jetzt eigentlich nur noch erwartet, dass sie sozusagen an die Wand malt, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Machen Sie sich keine Sorgen: Die Arbeitslosigkeit ist nicht gestiegen, und das wird auch nicht so passieren. Das ist ein altes Argument. Aber eins möchte ich Ihnen noch mal ganz klar hier sagen. Hier wird sozusagen immer, ein Stück weit auch – also mehr oder weniger – gesagt, dass die Kolleginnen und Kollegen schuld an der Inflation sind. Im Oktober ist die Inflation zum Glück immerhin auf 3,8 Prozent runtergegangen. Aber es ist ein Spätindikator, und zwar ein Spätindikator der Konjunktur. Zuerst ist die Konjunktur, und damit die Inflation, nach oben gegangen, und dann haben die Gewerkschaften und die Kollegen reagiert, weil die von dem Lohn leben müssen. Die Kolleginnen und Kollegen sind nicht schuld an der Inflation. Das will ich ganz klar sagen. Gerade im Lebensmitteleinzelhandel, wo ich arbeite, ist die Teuerungsrate mit 6,1 Prozent immer noch sehr, sehr hoch. Herr Straubinger hat gesagt, dass es die Bauern momentan sehr, sehr schwer haben. Ich weiß, dass es bei den Bauern nicht ankommt. Ich glaube, wir sollten auch gemeinsam mal darüber nachdenken, was wir tun können, damit bei den Bauern mehr ankommt. Denn im Moment kommt es bei den Konzernen an, und die zahlen teilweise nur 10 Prozent Steuern; das ist absolut nicht tragbar. Dementsprechend müssen wir uns für bessere Tariflöhne einsetzen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.