Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Friedländer! Herr Präsident Schuster! Eure Exzellenz Herr Botschafter Prosor! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist einen Monat her, dass die Hamas Israel auf schreckliche, auf barbarische Weise angegriffen hat. Die Hamas hat unzählige Menschen kaltblütig ermordet, darunter auch Kinder und Babys. Es werden noch immer Menschen vermisst. Unsere Gedanken sind heute bei den Familien und bei den Geiseln, die immer noch in der Hand der Terroristen sind. Ich will daher in aller Deutlichkeit sagen: Deutschland steht an der Seite Israels. Jede Relativierung und Beide-Seiten-Logik weisen wir entschieden zurück, liebe Kolleginnen und Kollegen. Frau Friedländer, als Holocaustüberlebende haben Sie in Ihren Reden oft gesagt: „Seid Menschen!“ Diesen Auftrag geben Sie uns mit: „Seid Menschen!“ Diese Worte klingen erst einmal selbsterklärend, vielleicht sogar simpel, und doch ist es wichtiger denn je, sie mit Blick auf die Freiheit und Sicherheit jüdischen Lebens in unserer Mitte sehr ernst zu nehmen. Heute, am 85. Jahrestag der Reichspogromnacht, finden wir uns erneut in einer handfesten Bedrohungslage wieder, in der Davidsterne an Häuser geschmiert werden, in der das Tragen jüdischer Symbole ein Sicherheitsrisiko darstellt – hier in Deutschland. Seit den terroristischen Angriffen der Hamas auf den Staat Israel vor einem Monat ist viel vom Existenzrecht Israels als Teil der deutschen Staatsräson die Rede. Was meinen wir, wenn wir das sagen? Es bedeutet, dass die Existenz des jüdischen Staates und das Leben aller Jüdinnen und Juden Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland sind. Ihr Schutz ist unsere Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleichzeitig muss vollkommen klar sein, dass wir es nicht bei Appellen belassen. Volker Beck hat als Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft am vergangenen Dienstag bei der Gedenkveranstaltung auf dem Pariser Platz gesagt: Der Antisemitismus hat Raum in unserer Gesellschaft. – Er hat recht: Auch vor dem 7. Oktober 2023 hatte der Antisemitismus Raum in unserer Gesellschaft. Diesen Raum müssen wir Demokratinnen und Demokraten dem Antisemitismus streitig machen. Ich teile das ausdrücklich und will es sehr konkret sagen: Die Demonstrationen, die wir in den letzten Tagen und Wochen gesehen haben, die Demonstrationen, die für antisemitische Straftaten genutzt werden, auf denen antisemitische Straftaten begangen werden, diese Demonstrationen müssen aufgelöst werden, notfalls auch mit der Durchsetzung des Gewaltmonopols des Staates, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn es ist beschämend, zu sehen, wie 85 Jahre nach der Reichspogromnacht der Tod von Jüdinnen und Juden gefeiert und die Hamaspropaganda verbreitet wird. Wir gewähren die Sicherheit jüdischer Einrichtungen. Wir unterstützen den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. Aber in Wahrheit ist das eine traurige Botschaft, dass wir das jüdische Leben schützen müssen. Und natürlich – der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat es gerade gesagt – ist die Weitergabe des Wissens an die nächste Generation, die Frage der Bildung zentral, und das ist die Aufgabe des Staates. Ich bin deshalb der Bundesbildungsministerin dankbar, dass sie Maßnahmen ergreift, sich intensiv mit Vertretern der Länder austauscht und Forschungsprojekte gegen Antisemitismus fördert. Gleichzeitig ist der Schutz von Jüdinnen und Juden ein Auftrag an den Staat, aber eben auch an jede Bürgerin und jeden Bürger dieses Landes. Ich erwarte von jedem, egal wo sie oder er herkommt, von jedem, der Teil unserer Gesellschaft sein möchte, dass er sich dem Schutz jüdischen Lebens in Deutschland verpflichtet fühlt. Deswegen müssen wir auch Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigieren. Zuwanderer, die diese Grundwerte nicht teilen, sind in unserem Land nicht willkommen. Sie riskieren ihren Aufenthaltsstatus. Meine Damen und Herren, vor allem dürfen sie nicht mehr deutsche Staatsbürger werden. In Deutschland sind – wir müssen es ehrlich aussprechen – über viele Jahre auch Personen eingebürgert worden, obwohl sie antisemitisch auffällig geworden sind. Das muss sich ändern. Das Staatsangehörigkeitsrecht muss geändert werden, meine Damen und Herren. Keiner von diesen Leuten darf mehr deutscher Staatsbürger werden. – Ich bin über manche Zwischenrufe von der rechten Seite jetzt doch überrascht. Denn Frau Storch hat ja eines in ihrer Rede vergessen. Sie hat ja eine Aufzählung gemacht. Wenn ich es richtig sehe, gibt es in Deutschland nur eine Partei, bei der wegen antisemitischer Straftaten gegen Abgeordnete ermittelt wird, und das ist Ihre. Meine Damen und Herren, das jüdische Leben gehört zu Deutschland und hat unser Land seit über 1 700 Jahren geprägt und bereichert. Das ist ein großes Glück, das wir schützen müssen. Lassen Sie mich deshalb mit den Worten des Shoah-Überlebenden Max Mannheimer schließen – diese Sätze waren nie wichtiger als heute –: „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“ Ich danke Ihnen.