Eine allerdings ziemlich bizarre Rolle spielt dabei die AfD. So waren Sie, Herr Bystron, im November letzten Jahres drei Tage in Minsk – schön, dass Sie da sind! –, angeblich zu Gesprächen mit der Regierung dort, der nach den gefälschten Wahlen von 2020 jede Legitimität fehlt. Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich gut, dass wir uns in diesem Jahr schon zum zweiten Mal hier in diesem Hause mit Belarus beschäftigen; denn oft höre ich von Freunden aus dem Land, dass sie die Befürchtung haben, dass angesichts des brutalen russischen Krieges gegen die Ukraine gerade ihr Land, Belarus, in Gefahr gerät, vergessen zu werden oder gleichgesetzt zu werden mit Russland. Aber denen möchte ich entgegnen: Das Gegenteil ist der Fall, liebe Freunde. Noch nie war die Aufmerksamkeit für das Schicksal eures Landes Belarus so groß wie heute. Dies wird auch durch diese sehr begrüßenswerte Debatte deutlich unterstrichen. Gerade in diesen Tagen beschäftigen wir uns intensiv mit der Zukunft ganz Europas und insbesondere mit der Zukunft der Regionen, mit der Zukunft der Ukraine, Moldaus und jetzt auch Georgiens in der EU, mit dem Kandidatenstatus. Ich muss sagen, dass die heutigen Empfehlungen der Kommission auch ein großes Maß an geopolitischer Verantwortung beweisen. Dabei richtet sich der Blick automatisch auch auf die Zukunft von Belarus nach der Diktatur des Lukaschenka. Daher müssen wir schon heute bei der Debatte um die Zukunft der EU einen Platzhalter, eine Option für Belarus mitdenken. Das, meine Damen und Herren, ist eine neue europäische Ostpolitik. Belarus hat Freunde, viele Freunde, zumindest hier in der Mitte dieses Hauses. Ich möchte sagen, lieber Robin Wagener, liebe Anikó Glogowski-Merten und lieber Johannes Schraps: Es ist eine Freude, mit Ihnen interfraktionell zu arbeiten und zu streiten für die Unterstützung von Belarus. Und eine Botschaft an die Folterknechte: Seien Sie gewiss: Man kennt Ihre Namen. Ihre Verbrechen und die Ihrer Vorgesetzten werden dokumentiert und angeklagt werden. Sie werden angeklagt werden! Was haben Sie da eigentlich gemacht? Haben Sie sich für die Inhaftierten eingesetzt, für die Gefolterten, von denen wir gerade gehört haben, für die Unterdrückten, oder haben Sie da den Hof gefunden, den man Ihnen sonst nirgendwo auf der Welt bietet, außer vielleicht in Moskau? War das ein Austausch unter Gleichgesinnten, eine Pilgerreise? Ich sage das so scharf, weil ich mich gerade für einen Moment umgedreht habe, als – – Ja, natürlich. Gerne. Sie haben den Außenminister getroffen. Der gehört zur Regierung. Herr Kollege Bystron, jedes Wort, das Sie gerade gesprochen haben, entspricht nicht der Wahrheit. Sie haben gesagt, Sie hätten nicht mit der Regierung gesprochen. Sie haben den Außenminister getroffen, der übrigens eine Woche später zu Tode gekommen ist, traurigerweise. Sie haben gesagt, Sie hätten mit beiden Seiten gesprochen. Mit welchen beiden Seiten denn? Mit welchen beiden Seiten? Sie haben dann beklagt, dass Sie hier im Deutschen Bundestag keine Partner finden für eine Allianz für eine Freundschaftsgruppe mit einem Satellitenparlament eines Diktators. Das ist doch das Letzte, was ein deutsches demokratisches Parlament zulassen sollte. Deswegen haben wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere interfraktionelle Arbeitsgruppe gegründet. Dass Sie gerade sitzen geblieben sind, als es darum ging, Anerkennung zu zeigen – nicht für die einzelnen Personen, obwohl mein großer Respekt dahin geht, sondern für die Leidenden; da oben sitzt Anatol Ljabedska, dessen Sohn im Gefängnis sitzt, weil er sich frei äußert –, das war nicht akzeptabel. Sie wissen doch, um was für einen Mann es sich bei Lukaschenka handelt: ein Mann, der Menschen, der Migranten gegen die EU-Außengrenze wirft – menschenverachtend, niederträchtig –, und zu dem fahren Sie hin? Also, ich kann mir Ihre Motivationslage nur so erklären, dass es darum geht, diesen Druck auf die EU-Außengrenze, den Lukaschenka organisiert, aufrechtzuerhalten, um zugleich Ihr Geschäftsmodell aufrechtzuerhalten. Meine Damen und Herren, es war Lukaschenka, der sein eigenes Land an Putin ausgeliefert hat, als Aufmarschgebiet für den Überfall auf die Ukraine, als Preis für seinen Machterhalt; denn nur mit Moskau im Rücken kann der Mann sich noch halten. Und niemand mehr wird auf das Märchen von Lukaschenka als dem angeblichen Bewahrer der belarussischen Souveränität hereinfallen. Dieses Spiel, das viel zu lange ein Publikum leider auch im Westen und auch bei uns in Berlin gefunden hat, ist aus. Mit Putin wird auch Lukaschenka fallen! Die Legitimität einer höchsten Autorität im Staate ist im Jahre 2020 mit den Wahlen auf die Siegerin, nämlich auf Swetlanta Tichanowskaja, übergegangen. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte meine fünf Botschaften unterstreichen: Eine Botschaft an das belarussische Volk: Liebe Belarussen, liebe europäische Landsleute, gebt die Hoffnung nicht auf! Jedes Regime hat ein Ende, und dann ist es eure Entscheidung, wie ihr euer Land gestaltet. Eine Botschaft an die demokratischen Belarussen: Seid einig! Nur dann seid ihr stark, im Lande und im Exil, gegenüber Russland und gegenüber dem Westen mit euren Anliegen. Und, ganz klar: Sie, Frau Tichanowskaja, haben die Wahlen gewonnen. Daher haben Sie, und zwar nur Sie, eine einzigartige Legitimität von der Bevölkerung erhalten. Sie sind die zentrale Leitfigur! Eine Botschaft an diejenigen im Apparat, die Verantwortung für ihr Land empfinden und die wissen, dass ihr sogenannter Staatspräsident ohne Legitimität regiert: Beteiligen Sie sich nicht an den Repressionen! Werden Sie nicht mitschuldig! Helfen Sie, so gut Sie können, den Bedrängten! Ich habe – zur Abkühlung – noch zwei Botschaften an die Bundesregierung: Helfen Sie der Ukraine, den Krieg zu verkürzen! Liefern Sie bitte die erbetenen Taurus-Systeme; denn wenn die Ukraine den Aggressor stoppen und aus dem Land werfen kann, dann ist das auch ein Sieg für Europa und Belarus. Und, meine Damen und Herren von der Nochregierungsampelkoalition, bitte nutzen Sie die Chancen, die sich aus dem Regierungswechsel in Warschau ergeben, für eine Initiative im Weimarer Dreieck! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen guten Antrag, und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben jetzt auch einen guten Antrag. Und so stimmen wir für unseren guten Antrag, und Sie stimmen für Ihren guten Antrag, und wir alle gemeinsam hoffen auf Freiheit für Belarus und arbeiten dafür weiter. Vielen Dank.