Sie haben in diesem Sommer die Zweckbestimmung der Begrenzung aus dem Aufenthaltsgesetz gestrichen und damit im Grunde genommen deutlich gemacht, was Sie tatsächlich denken. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland befindet sich in einer schweren Migrationskrise. Wenn man sich allein die letzten zehn Monate dieses Jahres anschaut, dann stellt man fest: Es sind etwa 200 000 Menschen aus der Ukraine vor dem Krieg geflohen, es sind bis zum Ende des letzten Monats 286 000 Asylanträge in Deutschland gestellt worden. Diese schieren Zahlen bringen nicht nur die Städte und Gemeinden, sondern sie bringen die Infrastruktur unseres Landes insgesamt zusätzlich in Bedrängnis und an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Vor dem Hintergrund dieser gewaltigen Herausforderungen haben sich die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler am Montag mit der Frage beschäftigt, wie man hier Abhilfe schaffen könnte. Ich will das einmal auf den Punkt bringen: Das, was dort vereinbart worden ist, ist an vielen Stellen durchaus ein Schritt in die richtige Richtung, aber eben bei Weitem nicht ausreichend, um die Herausforderungen tatsächlich zu bewältigen. Es ist eben keine historische Entscheidung gewesen, es war auch keine migrationspolitische Zeitenwende. Ich würde es eher als eine vertane Chance bezeichnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Schlimme daran ist ja, dass die Verschärfung der Krise das Resultat Ihrer Politik ist, das Resultat der Politik der Ampelregierung. Man muss sich nur mal anschauen, welche Maßnahmen Sie in den vergangenen anderthalb Jahren getroffen haben: Da ist der Familiennachzug ausgeweitet worden. Da sind beispielsweise die Bleibemöglichkeiten für abgelehnte Asylbewerber ausgeweitet worden. Da ist der Spurwechsel und vieles andere mehr ermöglicht worden. Jetzt hat der Bundeskanzler diese Krise zunächst einmal geleugnet, dann hat er sie ignoriert, und am Ende hat er seine Rhetorik verschärft und hat gesagt, jetzt müsse aber im großen Stil abgeschoben werden, woraufhin die Bundesinnenministerin ein Rückführungsverbesserungsgesetz vorgelegt hat, in dessen Begründung die eigenen Beamten reingeschrieben haben, dass das folgende Wirkung haben wird: Es wird die Zahl der Rückführungen in Deutschland um exakt 5 Prozent erhöhen – 600 Menschen zusätzlich, die pro Jahr rückgeführt werden können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, angesichts der Tatsache, dass jeden Tag mehr als 1 000 Asylanträge in Deutschland gestellt werden, konterkariert die Bundesinnenministerin mit einem solchen Gesetz die Politik ihres eigenen Bundeskanzlers. Nicht anderes ist es am Ende. Jetzt muss man ehrlicherweise sagen, dass Sie im Grunde genommen bei jeder einzelnen Maßnahme immer auch das genaue Gegenteil mitmachen. Bemerkenswert fand ich nämlich Folgendes: dass eine Woche später das Bundeskabinett eine Formulierungshilfe zu einem Änderungsantrag beschlossen hat, in der beispielsweise die Beschäftigungsduldung ausgeweitet werden sollte ebenso wie die Beschäftigungsmöglichkeiten für abgelehnte Asylbewerber. Damit konterkarieren Sie die eigene Politik. Am allerbesten fand ich die Begründung, warum man das gemacht hat. Die Begründung für die Ausweitung der Beschäftigungsduldung war: Das steht so im Koalitionsvertrag. – Der war zu diesem Zeitpunkt schon 24 Monate alt und stammt aus einer völlig anderen Zeit. Wer jetzt von Zeitenwende spricht und andererseits einen zwei Jahre alten Koalitionsvertrag abarbeitet, als ob nichts gewesen wäre, der hat einfach nicht verstanden, was die Stunde geschlagen hat. Vor dem Hintergrund muss man sagen: Wer wirklich etwas ändern und verbessern möchte, der hätte sich an dem orientieren können, was wir dem Bundeskanzler in 26 Punkten vorgeschlagen haben. Wenn man sich diese Punkte mal anschaut, muss man konstatieren: Praktisch nichts davon hat Eingang gefunden. Wenn es beispielsweise darum geht, freiwillige Aufnahmeprogramme zu stoppen: Fehlanzeige! Wenn es darum geht, den Familiennachzug auszusetzen: Fehlanzeige! Wenn es darum geht, die Liste sicherer Herkunftsstaaten zu erweitern: Fehlanzeige! Und zu all dem, was Sie machen und was durchaus in die richtige Richtung geht, mussten wir Sie am Ende zwingen, wenn Sie so wollen, ob das die Grenzkontrollen waren, zu denen die Bundesinnenministerin in den letzten Wochen alle Positionen und auch exakt das Gegenteil davon vertreten hat, oder die Verlängerung der Bezugsdauer der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das ist das Ergebnis von Oppositionsarbeit. Es ist das Ergebnis der Arbeit von Friedrich Merz, dass es wenigstens gelungen ist, diesen Punkt in die Vereinbarung zu bringen. Deswegen muss man einfach sagen: Das Grundproblem ist, dass Sie in der Koalition gar kein gemeinsames Verständnis davon haben, wie Sie diese Krise bewältigen möchten. Das ist das Grundproblem, das ist das Problem Ihrer Regierung.