Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gleich vorneweg: Die AfD wird dem Gesetzentwurf, der den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst auf Berufsbetreuer und Betreuungsvereine übertragen soll, am Ende zustimmen. Hier gilt ausnahmsweise: Kein Gesetz wäre fataler als ein schlechtes Gesetz. Der Gesetzentwurf kommt zunächst viel zu spät. Wieder einmal hat die Regierung es versäumt, zumindest die schlimmsten Folgen ihrer verfehlten Politik zeitnah abzumildern. Denn die Inflation hat die Betreuer schon im Jahr 2022 massiv getroffen. Nach einer Mitgliederumfrage des Bundesverbandes freier Berufsbetreuer stiegen zum Jahr 2022 Personal- und Sachkosten um 24,1 Prozent. Selbst wenn man den exakten Wert hinterfragt, kann niemand leugnen, dass die Kostensteigerungen massiv sind. Der Entwurf sieht Ausgleichszahlungen aber erst in den Jahren 2024 und 2025 vor, während es im öffentlichen Dienst eine Einmalzahlung von 1 240 Euro bereits im Juni 2023 gab, dazu weitere Einmalzahlungen bis Februar 2024 in Höhe von zusammen weiteren 1 760 Euro. Auch die Höhe der Ausgleichszahlungen ist völlig unzureichend. Bei Berufsbetreuern wie Vereinsbetreuern muss sich die Vergütung am Arbeitgeberbrutto orientieren und Gemein- wie Sachkosten berücksichtigen. Dies ist hier, bei einer Sonderzahlung von 7,50 Euro pro geführter Betreuung und pro angefangenem Monat, gerade nicht der Fall. Nach Ansicht der im Kasseler Forum zusammengeschlossenen Verbände im Betreuungswesen bräuchte es einen dreifachen Betrag. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass die Einmalzahlungen nach dem TVöD im Gegensatz zur Regelung für die Betreuer steuer- und abgabenfrei ausgestaltet sind. Zu kritisieren ist weiter, dass der Inflationsausgleich Verfahrenspfleger und Vormünder überhaupt nicht berücksichtigt und ehrenamtliche Betreuer mit einem Betrag von 24 Euro jährlich abspeist. Das ist schäbig und drückt vieles aus, aber keine Wertschätzung für eine gesellschaftlich bedeutsame ehrenamtliche Tätigkeit. Und zuletzt: Sie präsentieren wieder einmal eine parlamentarische Scharade. Denn der Gesetzentwurf ist in Wahrheit kein Werk der Chaosfraktionen, sondern die Fortschreibung eines Referentenentwurfs des BMJ, der nur in wenigen Punkten Änderungen erfahren hat. Auf der Internetseite des BMJ wird das Gesetz dann auch als „Regierungsentwurf“ bezeichnet. Erst wenn man das Dokument öffnet, kommt die geänderte Überschrift „Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen“ zum Vorschein. Der Entwurf kommt in Wahrheit nicht aus der Mitte des Bundestages, sondern von der Bundesregierung, nur ohne Beteiligung des Bundesrates. Und warum wird getrickst? Wie immer: weil man es kann. Das ist die pure Arroganz der Macht und eine neuerliche Delegitimierung unserer Demokratie. Schämen Sie sich!