Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist angesprochen worden: Vor zwei Jahren erreichten uns die ersten Coronainfektionen. Wir haben reagiert, wir haben Entscheidungen getroffen. Sicherlich waren im Nachhinein nicht alle richtig. Man hätte einiges auch anders machen können; das ist gar keine Frage. Aber was haben wir alle aufgeatmet, als es geschafft worden war, Impfstoffe zu entwickeln! Was haben wir aufgeatmet, als plötzlich die Möglichkeit bestand, sich impfen zu lassen, sich schützen zu lassen vor schweren Verläufen! Ich war in dieser Zeit immer der Auffassung: Jetzt ist der Impfstoff da; viele Bürgerinnen und Bürger werden diese Möglichkeit nutzen. – Ich war in den letzten Wochen und Monaten schon erschrocken, mit wie vielen – teilweise verdrehten – Argumenten gegen das Impfen angegangen worden ist. Das hat bei mir zu der Erkenntnis geführt – wir haben es gesehen –: Wir kommen nicht auf diese hohen Impfquoten, wie es sie in einigen anderen europäischen Ländern gibt. Wir führen sicherlich eine spezielle Debatte; das kann man aber auch für Österreich feststellen. Darum bin ich zu dem Entschluss gekommen – dieser Entschluss ist gereift, was gedauert hat –, dass es aus dieser Pandemie nur mit dem Impfen herausgeht und nur, wenn wir dies auch verpflichtend machen, um endlich aus diesem Kreislauf herauszukommen. Darum befürworte ich ausdrücklich eine allgemeine Impfpflicht. Ich will auf einige Punkte eingehen, die heute angesprochen wurden. Professor UIlmann hat seinen Antrag zur Einführung einer Impfpflicht ab 50 angesprochen. Ich glaube – und das ist ein Argument, warum das für mich nicht trägt –, wir werden dadurch nicht ein so hohes Maß an Grundimmunisierung in der Bevölkerung erreichen, dass uns das durch den nächsten Herbst und Winter bringt. Darum glaube ich: Ja, es gibt gute Argumente dafür, es wird aber dem Gedanken des Schutzes, den wir damit für den Herbst erreichen wollen, nicht gerecht werden und uns wieder in die Situation bringen, über Maßnahmen nachdenken zu müssen. Darum kann ich dem an dieser Stelle nicht folgen. Ich will auch einen Satz zu Wolfgang Kubickis Antrag sagen, den ich auch in Teilen nachvollziehen kann. Da komme ich ein bisschen auf die Kollegin Stephanie Aeffner zu sprechen, die ganz klar gesagt hat: Freiheit bedeutet auch die Freiheit der vielen. – Es gibt viele in diesem Land, die in „Schattenfamilien“ leben. Ich habe bei WDR 5 einen Beitrag gehört, der mich sehr geprägt hat. Dort wurde berichtet, dass Familien monatelang nicht rauskommen, weil es in der Familie Risikokrankheiten gibt. Auch die haben den Anspruch auf Freiheit, auch die haben letztendlich den Anspruch, rauszukommen. Darum finde ich es – gestatten Sie mir das, lieber Kollege Kubicki; nehmen Sie es nicht persönlich – doch ein bisschen anmaßend, zu sagen, dass nur derjenige vernünftig ist, der sozusagen den Freiheitsgedanken in Ihrem Sinne vertritt. Nein, auch wir, die für eine allgemeine Impfpflicht sind, wollen die Freiheit für die vielen letztendlich zurück. Wir wollen raus aus der Pandemie. Wir wollen wieder die Freiheit für die Wirtschaft; wir wollen die Freiheit für die Schausteller; wir wollen die Freiheit für diejenigen, die wieder was ermöglichen können; wir wollen die Freiheit auch zur Unvernunft. Aber dafür brauche ich letztendlich auch die Freiheit der vielen und nicht nur die eigene Perspektive, wonach man möglicherweise keine Risikokrankheiten an der einen oder anderen Stelle hat. Darum finde ich das zu kurz gesprungen. Von daher befürworte ich eine allgemeine Impfpflicht ab 18. Ich teile die Einschätzung der Expertinnen und Experten, dass drei Impfungen nach derzeitigem Stand genügend sind für eine ausreichende Grundimmunisierung. Weitere Boosterungen können freiwillig sein. Ich finde es wichtig, das zu befristen. Ich halte es auch für richtig, das Ganze bußgeldbewehrt zu machen, aber – das sage ich ausdrücklich – ohne Zwangsmaßnahmen. Sie müssen genau hinhören – Sie rufen ja immer dazwischen; Sie haben es nach einer langen Debatte vielleicht etwas schwieriger –: Wir wollen keine Zwangsmaßnahmen. Das Ganze soll bußgeldbewehrt sein. Ich komme auf einen letzten Punkt zu sprechen. Herr Müller, Herr Kippels, Herr Rüddel, ich biete es Ihnen wirklich an – lehnen Sie sich jetzt nicht zwei Wochen wieder zurück, sagen Sie nicht: „Der Kanzler muss jetzt Führung zeigen“, und sagen Sie nicht wie im Sandkasten, Herr Sorge: „Der hat meine Frage nicht beantwortet“ –: Kommen Sie bei uns vorbei! Bringen Sie sich mit ein in die Diskussion! Ich lade Sie ein, noch diese Woche konkret mit uns in die Diskussion einzutreten. Ich lade Sie ein, mit dabei zu sein. Eins müssen Sie wissen: Wenn Sie ein Impfregister zur Bedingung machen, – – dann wird es die Impfpflicht im Herbst nicht geben. Und Sie widersprechen auch Ihren Ministerpräsidenten. Entschuldigung für die Verzögerung.