Samidoun war gestern in erheblichem Maße aktiv. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung gewährt dem Zentralrat der Juden seit 2003 eine jährliche Staatsleistung. Sie wurde zuletzt 2018 vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer auf 13 Millionen Euro im Jahr erhöht. Heute erhöhen wir sie um weitere 9 Millionen Euro auf 22 Millionen Euro. Das ist ein starkes Signal für unsere jüdischen Brüder und Schwestern in diesem Land. Wir gehen das als Union ohne Wenn und Aber selbstverständlich gerne mit. Vor einem Monat, als wir die erste Lesung zu diesem Gesetzentwurf hier hatten, haben wir uns nicht vorstellen können, dass diese ganze Angelegenheit einen Monat später, jetzt, da wir hier wieder zusammenkommen, eine so traurige Brisanz hat. Deswegen ist dieses Signal, das wir heute fraktionsübergreifend aussenden, wichtig: Jüdisches Leben ist uns in diesem Land willkommen, jüdisches Leben ist ein Teil dieses Landes! Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass wir heute auch mal selbstkritisch die letzten Tage Revue passieren lassen müssen. Geld ist das eine. Die Wahrheit ist: Wir müssen in diesen Tagen alles tun, um uns vor Jüdinnen und Juden in diesem Land zu stellen. Wir müssen Antisemiten entschieden und wirksam bekämpfen. Da komme ich nicht umhin, mich mal mit dem vom Bundeskanzler angekündigten Samidoun-Verbot auseinanderzusetzen. Er hat das in der letzten Woche angekündigt. Seitdem ist merklich nichts passiert. Hier in Berlin, im Innenausschuss, haben wir nachgefragt. Als Antwort kam: Sie werden Verständnis dafür haben, dass wir dazu nichts sagen können. – Meine Damen, meine Herren, in dem Moment, in dem der Bundeskanzler das angekündigt hat, haben alle Sicherheitsexperten im Land, im Übrigen auch die in Ihren Reihen, die Augenbrauen nach oben gezogen und sich im Stillen gedacht: Was macht er da eigentlich? Denn das Problem ist: Wenn Sie ankündigen, eine Organisation zu verbieten und das Verbot nicht auf dem Fuß folgt, dann verschaffen Sie dieser Organisation Zeit. Und wir verschaffen im Moment Samidoun Zeit, um Geld beiseitezuschaffen, Geldflüsse zu verwischen – Stichwort „Verdunkelungsgefahr“ –, Kennverhältnisse zu verschleiern, Strukturen zu verwischen, und wir verschaffen Samidoun leider auch Zeit, um unter Umständen neue Strukturen in einem neuen Mantel aufzubauen. Ich will das hier kritisch und ganz offen sagen: Ein solcher Dilettantismus darf bei diesem Thema nicht stattfinden! Es tut mir leid, dass ich ein Stück weit die Wohlfühlatmosphäre verdorben habe; aber ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Wir müssen in diesem sensiblen Bereich sehr viel professioneller werden, als es der Bundeskanzler aktuell ist. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.