Das Ziel muss ein wirksamer und rechtsstaatlicher Außengrenzschutz sein, in dessen Rahmen sich Frontex auch bei der Seenotrettung als europäische Küstenwache aktiv beteiligt. Das ist das Ziel. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein Exkurs für die AfD: Artikel 1 Grundgesetz lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Sie verstoßen Tag für Tag gegen die Grundlage unseres Staates, unserer Freiheit und unserer Demokratie. Sie verbreiten Hass und Hetze – gerade Sie, Herr Curio –; das lässt mich täglich schaudern. Die Nepper, Schlepper, Bauernfänger sind Sie, niemand sonst. Die Pflicht zur Rettung von Menschen in Seenot gibt es seit Jahrhunderten als Völkergewohnheitsrecht und seit letztem Jahrhundert auch als geschriebenes Völkerrecht. 1910 wurde im Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot festgeschrieben – ich zitiere –: Diese Pflicht zur Rettung auf See ist ein Ausdruck unserer Menschlichkeit, genauso wie es die Pflicht zur Ersten Hilfe an Land ist. Aufgrund von Defiziten in der staatlich kontrollierten Rettung kam es erst zur Gründung von privaten Initiativen zur Seenotrettung im Mittelmeer. Zuvor wurden im Rahmen von Mare Nostrum, einer rein italienischen Aktion, und der europäischen Mission Sophia 300 000 Menschen aus dem Mittelmeer gefischt und damit das Leben analog der Einwohnerzahl von Städten wie Mannheim, Karlsruhe, Münster oder Chemnitz gerettet. Als Ampelkoalition haben wir vereinbart, dass wir Frontex auf Grundlage der Menschenrechte zu einer echten Grenzschutzagentur weiterentwickeln wollen. Aber wir wissen alle, wie schwierig und langwierig Diskussionen zu Asyl- und Migrationsfragen auf europäischer Ebene verlaufen. Das hat erst kürzlich wieder der Asylkompromiss gezeigt. Bis wir eine europäische Lösung haben, können wir nicht untätig sein und das Sterben im Mittelmeer einfach so hinnehmen. Wir müssen auch in der Zwischenzeit etwas unternehmen. Die Küstenwachen der Anrainerstaaten müssen hier weiterhin in der Pflicht stehen. Es darf keine Vogel-Strauß-Politik geben, sondern beherztes Handeln, auf dass das Mittelmeer nicht mehr die tödlichste Grenze auf der ganzen Welt ist. Für Europa ist das mehr als peinlich als Hort für Freiheit und Demokratie in der Weltgemeinschaft. In einer aktuellen Studie kommen Wissenschaftler der Universität Potsdam bei der Auswertung von Daten zu Migrationsbewegungen im zentralen Mittelmeer zu dem Ergebnis, dass das Fehlen von Such- und Rettungsmaßnahmen mit einer höheren Sterblichkeitsrate einhergeht. Staatliches Versagen führte erst zur Initiative von privaten Seenotrettern. Wer vor Gewalt, Elend und Verfolgung in der Sahelzone oder Eritrea nach Libyen flüchtet und von dort weiter nach Europa will, der hat so viel Schreckliches erlebt, dass ihn die Gefahren einer Überfahrt nach Italien trotz höchster Lebensgefahr nicht weiter schrecken. Dass die Boote nicht seetüchtig sind, sieht ein Blinder mit Krückstock. Die Menschen, die sie dort hineinsetzen, sind menschenverachtend. Unser aller Ziel muss es sein, die europäischen Staaten an ihre moralische Verpflichtung zu erinnern, beim unmenschlichen Sterben im Mittelmeer hinzuschauen. Es ist auch eine Gemeinschaftsaufgabe der Europäischen Union, hier für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen. Es ist wahr: Die Partner in Europa lehnen die Unterstützung von privaten Seenotrettern leider ab. Der Wahlsieg der Opposition in Polen gibt Hoffnung, dass die offenen Fragen bald beantwortet werden können. Orbans unsägliches Treffen mit Putin und Xi darf diese Hoffnung nicht trüben. Vielen Dank.