Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Schätzung der Internationalen Organisation für Migration sind seit 2014 28 186 Menschen verstorben bei dem Versuch, das Mittelmeer in Richtung Europa zu überqueren. Hakan Demir hat vorhin einen sehr tragischen Fall geschildert, tragisch, weil das Foto rund um die Welt ging und man sich das vor Augen halten konnte. Wir erinnern uns alle an das Foto des kleinen Jungen Aylan, das diese Tragik besonders deutlich gemacht hat. Jeder Todesfall im Mittelmeer ist einer zu viel. Wir haben, glaube ich, alle ein Interesse daran – man sollte keinem etwas anderes unterstellen –, dass das Sterben im Mittelmeer beendet wird. Aber wie? Das ist die Frage. Kann das erreicht werden durch die Schaffung legaler Migrations- und Zuwanderungswege, wie gerade angedeutet wurde? Ganz klar: Nein. Die vielen Millionen Menschen, die nach Europa wollen, werden von dieser gefährlichen Art der Überquerung des Mittelmeers nicht abgehalten, nur weil wir einigen Tausend Menschen die Möglichkeit legaler Zuwanderung bieten. Kann das Massensterben im Mittelmeer durch den Ausbau der Seenotrettung beendet werden? Das ist ja heute der Diskussionspunkt. Auch hier sage ich eindeutig: Nein. Weder die staatlichen Operationen Mare Nostrum, Sophia oder andere noch die private Seenotrettung haben dem Sterben im Mittelmeer wirklich ein Ende bereitet. Es gibt einen eindeutigen und nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen irregulärer Migration und Anzahl der Todesfälle im Mittelmeer. In diesem Jahr werden über die Routen über das Mittelmeer über 200 000 Menschen nach Europa gekommen sein, und im gleichen Zeitraum werden über 3 000 Menschen ihr Leben verloren haben. Wenden wir unseren Blick einmal nach Australien! Im Jahr 2001 entschied die konservative Regierung, Boote in den Gewässern zurückzudrängen und Migranten auf zwei Inseln unterzubringen. Was war die Folge? Die irreguläre Migration ging auf null herunter, und es gab keinen einzigen Todesfall bis zum Jahr 2008. Erst als 2009 die Labor-Regierung diese Maßnahmen rückgängig machte, fing die irreguläre Migration wieder an – und damit gab es wieder Todesfälle. Daraus können wir eine Lehre ziehen: Wenn Menschen wissen, dass sie keine Chance haben, in ihr Wunschzielland zu gelangen, dann werden sie sich nicht auf den gefährlichen Weg begeben, und dann wird es auch kein Sterben geben. Dieser Ansatz war letztlich das Erfolgsrezept des EU-Türkei-Aktionsplans. Welche Lehre müssen wir daraus ziehen, und wie lautet das Gebot der Stunde? Erstens: schnellstmögliche Aktivierung des EU-Türkei-Aktionsplans. Zweitens – das ist auch im Maßnahmenkatalog der CDU/CSU-Fraktion enthalten –: uneingeschränkte Verlagerung der Asylverfahren in sichere Drittstaaten. Das könnte das Problem lösen und das Massensterben beenden. Die vorgelegten AfD-Anträge sind natürlich abzulehnen. Denn Sie erkennen nicht, dass zunächst einmal das EU-Recht angepasst werden muss. Zudem ist die Bundesregierung für die Bereitstellung finanzieller Mittel der falsche Adressat. Sie hätten im Haushaltsausschuss einen entsprechenden Antrag einbringen können, wie meine Fraktion. Ihre Anträge sind schon formal nicht geeignet, die Problematik zu lösen. Die private Seenotrettung unterstützt – das muss eigentlich jeder sehen – letztlich das perfide System, auf dem die kriminelle Schleppertätigkeit aufbaut. Denn zunächst handelt es sich nicht um den klassischen Fall der Seenot. Die Menschen begeben sich nämlich von vornherein auf nicht seetaugliche und überfüllte Boote. Damit begeben sie sich von Anfang an in Seenot. Und erst dadurch kommen sie über die Schiene der Seenotrettung nach Europa. Würden sie auf sicheren Booten sein, hätten sie keine Chance. Es ist bedauerlich, dass die Ampelmehrheit im Haushaltsausschuss den Antrag meiner Fraktion auf Beendigung der finanziellen Unterstützung abgelehnt hat. Für mich ist klar: Die staatliche Finanzierung ist in jedem Fall zu beenden, weil Deutschland ansonsten mittelbar die Schleppertätigkeit unterstützt. Vielen Dank.