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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! 21 Anträge mit Genderthemen innerhalb der letzten zwölf Monate – 21 Anträge! Für die antragstellende Fraktion scheint es kein dringenderes Thema in diesem Land zu geben.
In jedem Antrag der Vorwurf, die Wissenschaft sei ideologisch getrieben. Im ICD-10, dem Katalog klinischer Diagnosen, würde so etwas mit F42 kodiert.
Heiterkeit bei der SPD
Oijoijoi! –Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Die Mediziner/-innen unter uns wissen, was damit gemeint ist.
Im vorliegenden Antrag wird Carl von Linnés „Systema Naturae“ von 1735 bemüht. 1738 wurde von Daniel Bernoulli die erste kinetische Gastheorie formuliert. Die Technologie der Wärmemaschinen hat sich seitdem deutlich weiterentwickelt.
In Deutschland wurde am 11. April 1775 in Kempten das letzte Todesurteil gegen eine Hexe verhängt. Auch in der Gesellschaftspolitik haben wir seitdem anscheinend gewisse Fortschritte gemacht. Denken Sie mal darüber nach!
In der letzten Debatte zu diesem Thema, am 5. Juli dieses Jahres, kam aus Ihren Reihen die Forderung – ich zitiere aus dem Protokoll der Sitzung –: „Daher ist es höchste Zeit, dass der Wissenschaftsrat ... allen voran die Gender Studies ... einer umfassenden Evaluation unterzieht.“
Überraschung! Genau das hat er getan.
In seinen „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Geschlechterforschung in Deutschland“ vom 7. Juli dieses Jahres kommt er zu Schlussfolgerungen, von denen ich einige wenige, die den heutigen Antrag betreffen, hier zitieren möchte – Zitat Anfang –:
„Fragen des Geschlechts sowie der Geschlechterdifferenzierung und -verhältnisse sind für das Selbstverständnis einer jeden Person und für das Selbstverständnis und die Selbstaufklärung einer jeden Gesellschaft von zentraler Bedeutung.“
„Der Wissenschaftsrat appelliert an die wissenschaftlichen Fachgemeinschaften ... sowie Forschende aller Disziplinen und jeden Geschlechts, konkrete Anstrengungen zu unternehmen, Geschlechterperspektiven in Forschung und Lehre stärker zu integrieren.“
Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
Während Sie in Ihrem Antrag noch lamentieren: „Lehrinhalte der Genderforschung durchdringen die Curricula jedes nur erdenklichen Studienganges ...“, kommt der Wissenschaftsrat vielmehr zu dem Schluss – ich zitiere wieder –:
„Die Geschlechterforschung ist ein dynamisches und auch international zukunftsträchtiges Forschungsfeld, das allen wissenschaftlichen Disziplinen Potenzial zu methodischer und thematischer Weiterentwicklung bietet. Dem wichtigen interdisziplinären Anspruch gemäß bedarf es aus Sicht des Wissenschaftsrats einer Intensivierung der fächer-, methoden- und einrichtungsübergreifenden Zusammenarbeit.“
Wir haben hier also offensichtlich ein perfektes Beispiel für das, was man in der Populismusforschung „alternative Realitätswahrnehmung“ nennt.
Beifall bei der SPD sowie der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Nicole Gohlke [DIE LINKE]
Dies wurde ebenfalls vom Wissenschaftsrat in einem Absatz thematisiert:
„Besorgniserregend sind Diffamierungen und personenbezogene Angriffe auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ... Der Wissenschaftsrat betrachtet derartige Angriffe als nicht hinnehmbar ...“
Gute Wissenschaft spricht für sich selbst. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)