Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Ich weiß: Das Thema ist ein sehr emotionales. Aber ich glaube, wir kehren jetzt doch wieder auf die Sachebene zurück. Denn ein Jahr nach den ersten Eckpunkten zur Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken für Erwachsene liegt nun der Entwurf für das Cannabisgesetz vor. Zu Beginn möchte ich einmal ganz deutlich sagen: Dieses Gesetz ist ein guter erster Schritt, um den Jugend-, Gesundheits- und Verbraucherschutz zu verbessern und der gescheiterten Prohibitionspolitik ein Ende zu setzen. Doch wie bei vielen Gesetzen – da bin ich mir in diesem Fall sehr sicher – wird auch hier das Struck’sche Gesetz zum Tragen kommen, und wir werden in einigen Wochen ein in Teilen verändertes und vor allem verbessertes Gesetz verabschieden. Der vorliegende Entwurf ist aus unserer Sicht in vielen Punkten zu kleinteilig, zu bürokratisch, zu wenig praxistauglich. Zudem müssen wir immer wieder ganz deutlich darauf hinweisen: Es gibt Cannabis zu Genusszwecken, Cannabis als Medizin und Nutzhanf. – Diesen unterschiedlichen Bereichen müssen wir gerecht werden. Daher ist das vorliegende Gesetz komplex; die Auswirkungen von einem Teilbereich auf den anderen müssen immer mitgedacht werden. Wo sehen wir noch Verbesserungsbedarf? Die Punkte, die ich aufzähle, sind nicht abschließend, aber für uns sind es die großen Punkte, die wichtig sind. Es geht zum einen um den Mindestabstand der Anbauvereinigungen von 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Kinderspielplätzen. Dabei ist nicht klar: Wie wird der gemessen? Wie ist das mit Bebauung dazwischen, zählt die Luftlinie oder der längere Weg um mehrere Ecken? Das alles ist lösbar, zwar verbunden mit hohem Aufwand für die Cannabisklubs, aber auch die Behörden in den Ländern und Kommunen, die die Genehmigung erteilen sollen. Des Weiteren steht im Gesetz im Hinblick auf den Konsum im öffentlichen Raum aber auch, dass dieser in einer Schutzzone von 200 Metern Abstand zum Eingangsbereich von Anbauvereinigungen, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie an öffentlich zugänglichen Sportstätten untersagt ist. Bei aller Fantasie: Mir fehlt die Idee, wie das in der Praxis umgesetzt und überprüft werden soll. Deswegen müssen wir hier eine praxistaugliche Lösung finden. Zum einen wäre ein Vorteil des Konsums in den Cannabisklubs, dass dort Aufklärung und Prävention zum Konsum stattfinden kann. Zum anderen scheint eine Regelung, bei der beispielsweise die Sichtweite maßgeblich ist, sowohl für Behörden als auch für Konsumierende viel praxistauglicher. Ganz besonders wichtig ist auch, dass sich der Status quo für die Medizinalcannabispatienten nicht verändert. Wer krank ist und auf Cannabis als Medizin angewiesen ist, der muss es, egal wo, in der Öffentlichkeit einnehmen und inhalieren können. Ein letzter Punkt sind die Obergrenzen für THC-Gehalt und Besitz. Beide lehnen wir ab. Denn wenn es für bestimmte Altersgruppen die Obergrenzen gibt, dann werden die vulnerablen Gruppen genau die höheren THC-Werte auf dem Schwarzmarkt nachfragen. Das ist nicht im Sinne des Gesundheits- und vor allem des Jugendschutzes. Hier müssen wir den Fokus auf Aufklärung und Prävention richten. Bei den Besitzobergrenzen sehen wir bürokratische Hürden in der Überprüfbarkeit. Ob jemand 25 Gramm oder 31 Gramm zu Hause hat: Wie soll das im privaten Raum nachvollzogen werden? Wir beschränken auch nicht, wie viel Wein, Bier oder Zigaretten jemand besitzen darf. Ein weiterer Aspekt ist mir zudem noch wichtig: Medizinalcannabis und Nutzhanf sind zwei spannende Wirtschaftszweige, die wir in Deutschland im europäischen, aber auch im internationalen Vergleich durch überbordende Bürokratie und sehr restriktive Regelungen einschränken, anstatt das Potenzial zu nutzen und auf innovative, zukunftsweisende Entwicklungen zu setzen. Hanf als Dämmmaterial – eine Chance in der Landwirtschaft. Cannabis als Medizin – eine Chance in der weiteren Forschung im Arzneimittelbereich. Kontrollierter Anbau von Genusscannabis – eine Chance für einen echten Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. Abschließend möchte ich noch Folgendes sagen: Das ist nur Säule eins. Das Ziel bleibt die umfassende Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken für Erwachsene. Deswegen muss unverzüglich, nachdem wir dieses Gesetz in veränderter Form – Struck’sches Gesetz – verabschiedet haben, im BMG mit der Arbeit am Entwurf für Säule zwei mit regionalen Modellprojekten und der Abgabe in zertifizierten Shops begonnen werden.