Wir wollten die Regierung antreiben. Mit Ihrem Papier laufen Sie der Koalition hinterher. Das Einzige, was an dem Papier neu ist, ist, dass nun anscheinend auch die Union beginnt, sich mit der fortschreitenden Digitalisierung anzufreunden. Ich will das einmal anhand Ihrer zehn Forderungen deutlich machen. Zu den ersten drei Forderungen: Schauen Sie doch einmal in das Eckpunktepapier zum Bürokratieentlastungsgesetz auf Seite 5. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen von der Union, Dienstagabend hat mich Ihr offenbar eilig zusammengestrickter Zweiseiter erreicht. Ehrlicherweise war ich nach der Lektüre einigermaßen ratlos. Als wir in der Opposition waren, hatten wir Gestaltungsanspruch und haben neue Ideen hereingegeben. Dort steht explizit – ich zitiere –: Also, werte Kolleginnen und Kollegen von der Union: Die Forderungen 1 bis 3 sind abgeschrieben. Zu Ihrer vierten Forderung empfiehlt sich die Lektüre der Seite 6 des Eckpunktepapiers zum BEG IV – ich zitiere –: – Auch abgeschrieben! In den Punkten 5 bis 8 folgen dann völlig lieblos zusammengetippte Forderungen zum Thema Onlinezugangsgesetz. Falls es Ihnen entgangen sein sollte: Den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes gibt es schon. Wenn Sie sich einmal in der gebotenen fachlichen Tiefe mit dem Thema auseinandersetzen wollen, empfehle ich, jetzt mal ein digitales Endgerät zur Hand zu nehmen und auf der Homepage der FDP-Fraktion das Positionspapier OZG 2.0 durchzuschauen. Unter Nummer 9 Ihres Papiers folgt dann die Forderung danach, auch Länder und Kommunen in Sachen Digitalisierung an den Tisch zu holen. Die Forderung adressieren Sie sinnvoller an Ihre Parteifreunde als an die Bundesregierung. Denn mal ehrlich: Wenn vor Ort jemand Digitalisierung und Fortschritt blockiert, dann doch meist die Union. Schließlich Nummer 10: die Forderung nach dem Digitalcheck. Liebe Union, der Digitalcheck wird seit Januar dieses Jahres bereits angewendet. Kurzum: Ich weiß nicht, wem Sie mit Ihrem Antrag etwas vormachen wollen – dieser Koalition und insbesondere der FDP-Fraktion jedenfalls nicht. Justizminister Buschmann treibt gerade ehrgeizig die Digitalisierung unseres Rechtsstaates voran, die Sie jahrelang verschlafen haben: die digitale Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlungen, den Ausbau von Videoverhandlungen an den Zivilgerichten, die Entwicklung eines bundesweiten Videokonferenzsystems für die Justiz, die Digitale Rechtsantragsstelle, Onlineverfahren für geringe Streitwerte, die digitale Verkündung von Gesetzen und Rechtsverordnungen und vieles mehr. Nachdem Sie jahrelang zugeschaut haben, wie die Bürokratielast Menschen und Unternehmen drückt, hat Minister Buschmann mit dem Eckpunktepapier zum BEG IV nun einen Vorschlag mit Substanz vorgelegt, der zu spürbarer Entlastung führen wird. Zusammen mit dem Wachstumschancengesetz reden wir über ein Entlastungsvolumen von mindestens 2,3 Milliarden Euro. Auch das reicht uns nicht: Über die Hälfte unserer Bürokratielasten kommt mittlerweile von der Europäischen Union. Deshalb hat sich diese Bundesregierung auf europäischer Ebene Verbündete gesucht. Frankreich und Deutschland haben gerade in dieser Woche eine gemeinsame Initiative zum Bürokratieabbau beschlossen. Insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen sollen durch eine Reihe von Maßnahmen entlastet werden, Recht soll einfacher und verständlicher werden, und wir werden Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie laufen der Bundesregierung bei Digitalisierung und Bürokratieabbau hinterher, und das auch noch sehr langsam. Das haben Sie heute wieder einmal dokumentiert. Schönes Wochenende.