Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wachstumschancengesetz ist ja ein ziemlich komplexer Entwurf mit sehr zahlreichen Maßnahmen, die – das hat die Staatssekretärin ganz zu Anfang gesagt – in ihrer Summe die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern sollen. Das ist, glaube ich, wichtig; ich komme darauf gleich zurück. Ich will erstens die Investitionsprämie erwähnen. Diese haben alle Kollegen aus der Ampel gleichermaßen positiv aufgenommen; es wurde auch darauf hingewiesen, dass da noch ein bisschen Luft nach oben ist. Das ist schon mal gut. Aber es ist eine wichtige Angelegenheit, weil Investitionen in der jetzigen Situation so unmittelbar wichtig sind. Ich will, zweitens, sagen: Konjunkturelle Impulse sind eben dort nötig, wo die Konjunktur lahmt. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt ganz zweifellos im Wohnungsbau und in der Bauwirtschaft der Fall. Wir haben es mit einer wirklich ernsthaften Baukrise zu tun. Aber, Herr Middelberg, einfach zu sagen: „In Deutschland ist das alles so ein Problem und sonst in der Welt nicht“, ist etwas vorschnell und simpel. Ich empfehle deswegen mal einen Blick nach Europa. Eurostat hat gerade die vorläufigen Zahlen der Baugenehmigungen für die Europäische Union veröffentlicht. Ich kann Ihnen sagen, dass die Situation in Europa leider vergleichbar ist: Die Genehmigungszahlen in Deutschland sind um 30 Prozent zurückgegangen. Das ist dramatisch. Aber in 13 der 14 Länder, deren Zahlen von Eurostat veröffentlicht worden sind, sind die Zahlen negativ: in Frankreich minus 37 Prozent, in Belgien minus 16 Prozent, in Holland minus 36 Prozent, in Dänemark minus 52 Prozent, in Schweden minus 56 Prozent. Allein das kleine Portugal hat noch eine positive Bilanz in dieser Situation. Das heißt, die Bauwirtschaft hat europaweit ein vergleichbares Problem. Die Ursachen dafür sind Zinsentwicklungen, gestiegene Baukosten, Energiekosten, all jene Faktoren, die auch bei uns eine Rolle spielen. Unsere Antwort in der Steuerpolitik – das ist ja nur ein Teil der Antworten – lautet schlicht und ergreifend: mit massiv verbesserten Abschreibungen für die Wohnungswirtschaft zu reagieren, und das ist richtig. Die degressive AfA, für die gesamtstaatlich Mindereinahmen von round about 2 Milliarden Euro prognostiziert werden, sieht für 6 Jahre eine Erhöhung um 6 Prozent vor. Das ist ein immenser Schritt, um Investitionen zu ermöglichen. Das ist ein Schritt, den es in dieser Form in den letzten 20 Jahren nicht gegeben hat. Das ist ein ganz wichtiger Impuls. Über lineare AfA und Sonder-AfA will ich gar nichts mehr sagen. Sie wollen jetzt ja noch mal eine Sonder-AfA für den sozialen Wohnungsbau. Aber ich will daran deutlich machen: Die steuerliche Seite ist als ein Moment im Konzert mit anderen Maßnahmen zu sehen. Es ist eine konzertierte Politik, eine abgestimmte Politik. Dazu gehören eben auch die Investitionen, beispielsweise die in den sozialen Wohnungsbau mit 18,15 Milliarden Euro, die wir in der mittelfristigen Finanzplanung abgesichert haben, die mit den Aufwendungen der Länder auf 40 Milliarden Euro an Investitionen für den sozialen Wohnungsbau steigen. Das ist sehr konkrete, aktive Wohnungsbaupolitik, die hilft. Ich will in diesem Zusammenhang mal sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist ganz interessant, was die Union in solchen Kontexten vorschlägt. Wir haben gerade im Bauausschuss den entsprechenden Haushalt 2024 beschlossen. Da macht die Union nette Vorschläge – die gefallen mir auch –, zum Beispiel für das Programm Nationale Projekte des Städtebaus 75 Millionen Euro einzusetzen usw. usf. Interessant ist, was der Deckungsvorschlag ist: Kürzungen beim sozialen Wohnungsbau. Das ist Ihre Antwort auf die Baukrise. Ich finde, ehrlich gesagt – das muss man ganz deutlich sagen –: Die Union kommt auf die Idee, an einer Stelle zu kürzen, die wir allesamt als die soziale Kernfrage unserer Zeit betrachten. Da wollen Sie kürzen und uns erzählen, wie man konjunkturelle Impulse setzen will? Das passt nicht zusammen. Ich will zuletzt einen Punkt ansprechen, bei dem wir noch Beratungsbedarf haben. Da komme ich auf Fritz Güntzler, auf den ich immer gerne reagiere, zurück. Das Wachstumschancengesetz ist eine Maßnahme der Konjunkturpolitik. Die Konjunkturpolitik ist eine Angelegenheit des Bundes, und wir müssen bei der Finanzierung gucken, wer eigentlich die Lasten zu tragen hat. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir eine Situation, in der wir die Kommunen relativ stark in Anspruch nehmen. Wenn Fritz Güntzler neben dem erhöhten Verlustvortrag auch noch die Mindestgewinnbesteuerung beseitigen will, dann werden wir den Kommunen mal sagen, dass jedenfalls auf diese Art und Weise die kommunale Finanzautonomie noch weiter gefährdet wird. Aber wir müssen auch gucken – das ist meine letzte Bemerkung –, dass die Kommunen im gesamten Konzert nicht dazu gezwungen werden, den steuerlichen Entlastungen auf Bundesebene durch gewerbesteuerliche Anhebungen der Hebesätze zu begegnen. Deshalb ist das auch ein wichtiger Punkt, bei dem wir Einvernehmen haben, wenn ihr eure kommunale Verortung ein bisschen ernster nehmt. Herzlichen Dank.