Das Wachstumschancengesetz – Herr Kollege Herbrand hat darauf hingewiesen – enthält in der Überschrift natürlich Maßnahmen, die auch wir immer gefordert haben: eine verbesserte Verlustverrechnung. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Deutschland in der Konjunkturkrise“, „Rezession in Deutschland“, „Deutsche Wirtschaft – Die Angst vor dem Absturz“, „Deutsche Wirtschaft steht am Kipppunkt“: Das sind nur einige Schlagzeilen aus den Tageszeitungen der letzten Wochen. Der IWF sagt in der letzten Prognose: „Deutschland ist Konjunktur-Schlusslicht“. Wir sind die einzige Industrienation, die ein negatives Wachstum vorzuweisen hat, also Rezession. Wir müssen eine erhebliche Kapitalflucht hinnehmen, nämlich über 135 Milliarden Euro an Auslandsinvestitionen von Deutschen. Wir müssen feststellen, dass die Insolvenzen steigen. Ich könnte die Aufzählung der Daten fortsetzen. Von daher müssen wir endlich handeln, und es ist wichtig, dass diese Ampel endlich handelt. Sie müssen diese Alarmsignale der deutschen Wirtschaft wahrnehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel: Das hat nichts damit zu tun, dass wir den Standort schlechtreden wollen, sondern es hat was damit zu tun, dass auch Sie endlich die Realitäten erkennen müssen; denn Politik beginnt mit dem Betrachten der Realitäten. Wir brauchen jetzt eine gewaltige Kraftanstrengung. Wir müssen die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen stärken. Die Unternehmen stehen unter einem erheblichen Druck. Sie haben eine erhebliche Transformation zu leisten. Die Herausforderungen lauten: Digitalisierung, Deglobalisierung, demografischer Wandel. Auch andere Dinge stehen auf der Tagesordnung. Wir leisten uns einen großen Sozialstaat. Aber eins ist richtig: Vor dem Verteilen kommt das Verdienen. Darum brauchen wir eine starke Wirtschaft in Deutschland. Das Wachstumschancengesetz – von meinem Kollegen Middelberg zu Recht als „Minigesetz“ bezeichnet – könnte ein wichtiger Hebel sein, wenn man es denn richtig machen würde. 7 Milliarden Euro Entlastung volle Jahreswirkung stellen Sie ins Schaufenster. Wenn ich mir die letzte Steuerschätzung von Mai dieses Jahres anschaue, dann ist klar: Wir werden im nächsten Jahr 1 000 Milliarden Euro Steuereinnahmen haben – 1 Billion Euro! Wenn ich das mal in Relation setze: Das ist noch nicht mal 1 Prozent des gesamten Steueraufkommens, das Sie der Wirtschaft nicht wegnehmen wollen. Das ist viel zu wenig in dieser Situation, meine Damen und Herren. Steuerpolitik ist auch immer Standortpolitik im Wettbewerb um Investitionen und Fachkräfte. Es ist schon interessant, zu beobachten, was mit den Gesetzen aus dem Finanzministerium mittlerweile passiert. Meistens gibt es einen Diskussionsentwurf. Hier gab es das Papier „Wachstumspaket 2023/2024“, das an die Medien durchgestochen wurde, mit tollen Maßnahmen. Dann gibt es einen Referentenentwurf, der mit schon ein wenig abgeschwächten Maßnahmen daherkommt, und anschließend gibt es einen Regierungsentwurf, der mit dem ersten Papier gar nichts mehr zu tun hat. Ich meine, dieser Finanzminister sollte sich in der Ampelkoalition endlich mal durchsetzen. Aber wenn, muss man es auch richtig machen. Sie weiten den Verlustrücktrag auf drei Jahre aus. Jetzt gucken Sie sich aber mal an, in welche drei Jahre zurückgerechnet wird, nämlich in die Coronajahre, in denen die Unternehmen gar keine Gewinne gemacht haben. Sie wollen den Verlustvortrag verbessern, haben aber nicht den Mut, die Mindestbesteuerung auszusetzen, sodass die Verluste vollständig verrechnet werden können. Sie wollen die Abschreibung verbessern, aber auf eine Art und Weise, bei der die Fachwelt nur den Kopf schüttelt: Unterjährig die degressive Abschreibung zu erhöhen, ist völliger Wahnsinn. Sorgen Sie für die Entfristung und eine degressive Abschreibung auf Dauer! Dann setzen Sie das richtige Signal. Zur Klimaschutzprämie. Die Ampel sagt ja selber: viel zu wenig. – Dazu will ich gar nichts sagen. Aber es ist doch eine Idiotie, den Unternehmen eine Prämie auszuzahlen und sie steuerpflichtig zu machen, um ihnen das Geld dann wieder wegzunehmen, meine Damen und Herren. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Was wir jetzt brauchen, ist nicht das Klein-Klein dieses WC-Gesetzes, sondern wir brauchen eine große Unternehmensteuerreform. Die letzte war 2008. Wir müssen den Unternehmen die Möglichkeit geben, dass ihre im Unternehmen verbleibenden Gewinne maximal mit 25 Prozent besteuert werden; denn Deutschland ist Hochsteuerland. Wir stehen im internationalen Wettbewerb, und Sie müssen den Unternehmen die Möglichkeit geben, in diesem Wettbewerb zu bestehen. Darum müssen die Steuern runter. Das war immer auch eine Forderung der FDP; so habe ich sie jedenfalls wahrgenommen. Über 70 Maßnahmen in diesem Gesetz, ein gewaltiges Klein-Klein. Danach höre ich: Wir wollen Bürokratie abbauen. – Und dann führen Sie eine nationale Anzeigepflicht ein. So ein Blödsinn! Wir haben eine grenzüberschreitende Anzeigepflicht für Steuergestaltung. Beim BZSt, beim Bundeszentralamt für Steuern, sind 27 000 Meldungen eingegangen; 24 waren verdächtig. Es ergab sich daraus keine Gesetzesänderung. Anstatt die Lehre daraus zu ziehen, setzen Sie noch einen drauf, nämlich die nationale Anzeigepflicht. Lassen Sie auch diesen Unfug, meine Damen und Herren! Dann haben Sie die Verlustverrechnung ins Schaufenster gestellt, die Verbesserung der Abschreibung. Aber im Kleingedruckten ganz hinten erhöhen Sie die Probleme für die Unternehmen: Sie führen eine Zinshöhenschranke ein, die völlig sinnlos ist, weil wir andere Missbrauchsbekämpfungsvorschriften in dieser Richtung haben. Und Sie verschärfen – das ist die absolute Absurdität! – die Zinsschranke. Gerade Immobiliengesellschaften werden in Zukunft nicht mehr finanziert werden können wie bisher, wenn darauf Zinssteuern gezahlt werden müssen. Auf der einen Seite verbessern Sie die Abschreibung für die Immobilienwirtschaft, auf der anderen Seite holen Sie es sich bei den Leuten wieder rein. Auch da ist doch keine Logik in diesem Gesetz! Also, es gibt noch viel zu beraten. Ich will gar nicht erwähnen, dass Sie die Steuern erhöhen, nämlich die Umsatzsteuer auf die Gaslieferungen. Auch das kann ich nicht verstehen. Die FDP wollte so was früher nicht machen. Da hieß es: Keine Steuererhöhungen! Aber da sind Sie mittlerweile auch angekommen. Sie als FDP sind mittlerweile einfach ampelinfiziert. Das bedauere ich sehr. Ampel macht einfach arm, und das ändert dieses Gesetz auch nicht. Ich freue mich auf die Beratungen dieses WC-Gesetzes. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.