Was mit dem Urteil am Ende vermieden werden soll, ist, dass ohne Zustimmung von Kundinnen und Kunden Verträge substanziell abgeändert werden. Ja, liebe Union, seit Wochen setzen Sie diesen TOP auf die Tagesordnung und dann wieder runter. Oh, Entschuldigung! Natürlich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Union, seit Wochen setzen Sie diesen TOP auf die Tagesordnung und dann wieder runter. Sie scheinen sich ja selber nicht sicher zu sein, ob der Gesetzgeber hier noch tätig werden soll oder nicht. Ja, das Recht der AGB ist uns sehr wichtig; es schützt nämlich Verbraucherinnen und Verbraucher vor unangemessenen Benachteiligungen im Geschäftsverkehr. Genau deshalb hat der BGH für den Geschäftsbereich der Banken und der Kreditinstitute ein verbraucherschützendes Urteil gefällt. Der BGH hat nämlich ein konkretisierendes Urteil zu § 675g Absatz 1 und 2 BGB erlassen und Zustimmungsfiktionsklauseln für unzulässig erklärt, soweit die einbezogenen Klauseln Verbraucherinnen und Verbraucher unangemessen benachteiligen. Das war in dem Fall, über den entschieden wurde, der Fall: Ohne die Zustimmung der Kundinnen und Kunden wurden Klauseln in die Verträge aufgenommen, mit denen die Bank Entgelte für bis dato kostenlose Leistungen hätte verlangen können. Vielleicht mal für diejenigen, die auf dem Gebiet Zustimmungsfiktionsklauseln rechtlich nicht bewandert sind: Das ist der Fall, wenn die Bank Ihnen irgendwelche Änderungen in Papierform mitteilt und diese, wenn Sie nicht reagiert haben, nach einer bestimmten Zeit automatisch wirksam werden. Wenn Sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht widersprochen haben, werden diese Änderungen wirksam in den Vertrag einbezogen. Nach Ablauf der Frist wird nämlich so getan, als ob Sie aktiv zugestimmt hätten. Das ist dann eine Zustimmungsfiktion. Der BGH differenziert in seinem Urteil zwischen wesentlichen und unwesentlichen Vertragsänderungen und folgert eben, dass bei wesentlichen Vertragsänderungen die ausdrückliche Zustimmung von Kundinnen und Kunden eingeholt werden muss. Wesentliche Änderungen liegen vor, wenn die Rechtsnatur des Vertrages geändert wird, wenn Gebühren erstmals erhoben werden, die noch nicht vereinbart waren, wenn sie gesenkt werden oder Ähnliches, und ebenso, wenn in den AGB Änderungen von unbestimmter Tragweite fixiert werden. Wir können trotzdem festhalten, dass Zustimmungsfiktionsklauseln nach den derzeit vorliegenden Regelungen weiterhin wirksam angewendet werden können, soweit es unwesentliche Änderungen sind, und das ist auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher. Nun hat die Bankenlandschaft uns ja geschildert, zu welchen Problemen das in der Praxis geführt hat und welche Umsetzungsschwierigkeiten bestehen. Wir haben uns dann ausführlich mit dem Thema beschäftigt, Ihren Antrag und auch den Gesetzentwurf im Rechtsausschuss beraten und auch eine Anhörung mit Sachverständigen durchgeführt. Die Anhörung hat uns aber gezeigt, dass nur ein Teil der Banken- und Kreditwirtschaft mit der derzeitigen Rechtslage tatsächlich unzufrieden ist. Im Rechtsausschuss haben wir auch von dem Verbraucherzentrale-Bundesverband erfahren, dass es nicht, wie befürchtet, bei den Gehaltskonten große Verwerfungen gab und dass ein großer Teil der Banken- und Kreditwirtschaft mit den neuen Änderungen, die aufgrund des BGH-Urteils umzusetzen waren, auch gut zurechtgekommen ist. Nach einer Gesamtbewertung der Sachlage und eben auch nach der Anhörung, die wir zu diesem ganzen Komplex durchgeführt haben und wo wir den Sachverständigen gut zugehört haben, überzeugt uns allerdings Ihr vorliegender Antrag nicht, auch wenn der vorliegende Gesetzentwurf Formulierungen der Teile enthält, die der von uns benannte Sachverständige vorgeschlagen hat. Aber zu Ihrem Einwand kann ich da auch nur sagen: Die Sachverständigen machen noch nicht die Gesetze, sondern wir machen die hier. Und wir haben uns das angeschaut, und das hat uns am Ende eben nicht überzeugt. Denn die Lösungen, die Sie anbieten, befrieden die Interessenlage der Bankenlandschaft und der Kundinnen und Kunden nicht gleichermaßen. Ich will nur auf einige Punkte eingehen, zum Beispiel auf den § 675g BGB, wie Sie ihn sich jetzt vorgestellt haben. Sie geben keine Definition, was wesentliche oder unwesentliche Vertragsänderungen sind, und das hilft ja dann am Ende auch nicht weiter. Ich halte Ihnen zugute, dass es eine noch nicht absehbare Anzahl an Vertragsgestaltungen gibt, die man so oder so qualifizieren kann. Aber – hier wird es dann vielleicht auch noch mal spannend –: Wer trägt denn die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen? Der BGH gibt uns da eine eindeutige Antwort, und wir kennen es aus den zivilrechtlichen Vorlesungen: Das Risiko, was die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen angeht, trägt natürlich auch immer der Verwender, der diese in den Vertrag eingebracht hat. Und deshalb ist es auch so, dass nach dem Vorschlag, den Sie anbieten, potenziell rechtswidrige allgemeine Klauseln eben nicht in den Vertrag einbezogen werden sollten, auch wenn man den Verbraucherinnen und Verbrauchern dann noch mal sechs Monate Zeit gibt, darauf zu reagieren. Alles andere würde aber bedeuten, dass die Klauseln erst mal wirksam in dem Vertrag vereinbart werden. Und was dann auch noch, ich sage jetzt mal, das Fass ein bisschen zum Überlaufen bringt, ist der Punkt, dass die Inhaltskontrolle dann nur noch in die Zukunft gerichtet sein soll. Also, das ist tatsächlich nichts, was verbraucherschützend ist. Das wird der Interessenlage hier überhaupt nicht gerecht, weil Verbraucherschutzrecht nach ständiger Rechtsprechung und auch nach europäischer Rechtsprechung natürlich auch bedeutet: Wenn eine Klausel unwirksam ist, dann kann das nicht nur für die Zukunft sein, sondern es muss natürlich auch eine echte Rückwirkung bis zu dem Moment geben, ab dem die nachträglich für unwirksam erklärte Klausel vereinbart wurde. Zum Risiko und zu der höchstrichterlichen Rechtsprechung habe ich schon etwas gesagt. Um es zu dieser späten Stunde abzukürzen: Am Ende wollen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf ja, dass wir eigentlich einen Zustand legalisieren, den der BGH gerade erst für rechtswidrig erklärt hat. Im Ergebnis bringt das nichts für die Beteiligten, es bringt nur noch mehr Rechtsunsicherheit. Das bedeutet, dass wir mit Ihren Vorschlägen das Verbraucherschutzrecht ziemlich abschaffen würden. Dass wir dem nicht zustimmen können, ist am Ende auch klar, da wir eine völlig einseitige Risikoverteilung zulasten der Verwendungsgegner hier in Ihrem Entwurf eben auch vorfinden. Das Letzte, was wir als Gesetzgeber machen wollen, ist, das Verbraucherschutzrecht durch die Hintertür auszuhöhlen. Aus meiner Sicht ist es nach all dem Aufwand, den wir betrieben haben, fraglich, ob es tatsächlich hier ein gesetzgeberisches Regelungsbedürfnis überhaupt noch gibt. Wir können nämlich nur den Rahmen vorgeben. Diesen Rahmen mit Inhalten zu befüllen, obliegt der Banken- und auch der Kreditwirtschaft. Die Erleichterungen, die § 675g BGB Absatz 1 und 2 bereits vorgibt, erachten wir als ausreichend. Die Banken müssen ihre Geschäftsbedingungen entsprechend anpassen und eben auch kategorisieren. Man muss da vielleicht auch mal ein bisschen kreativ werden. Nach dem Urteil kann man ja tatsächlich wesentliche und unwesentliche Vertragsbedingungen, die man zur Änderung führen will, unterscheiden. Und die Bedingungen, bei denen Unsicherheit besteht, ordnet man in die Kategorie der wesentlichen ein, die dann zustimmungspflichtig sind. Entsprechend kann man die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestalten. Es ist auch so, dass viele Banken – das haben wir auch in der Anhörung gehört – ihre Prozesse mittlerweile erfolgreich digitalisiert haben. Und das ist meines Erachtens auch der Weg, der hier gegangen werden muss. Wenn derzeit einige Banken immer noch aktiv die Zustimmung schriftlich einholen müssen, dann ist es aber dennoch im eigenen Interesse der Bankenlandschaft, dass sie ihre Dienstleistungen im Business-to-Consumer-Bereich auf die Höhe der Zeit bringen. Da winkt und drängt sich eigentlich auch schon eine App-Lösung auf, wie man sie aus anderen Bereichen kennt, wo Kundinnen und Kunden einfach per Klick entsprechende Bedingungen bestätigen können. Wenn es für beide Seiten eine befriedende Lösung gäbe, würden wir uns dieser heute nicht versperren. Aber wir können hier keine Gesetzgebung zulasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern, von Millionen von Kundinnen und Kunden machen, die mit diesem Gesetz ja dann auch entsprechend leben müssen. Irgendwann stellen sie vielleicht fest, dass die Geschäftsbedingungen, denen sie unbewusst zugestimmt haben, nicht das Gelbe vom Ei waren. Deshalb können wir uns als SPD-Bundestagsfraktion heute auch nur der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses und den mitberatenden Ausschüssen anschließen. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf und Ihren Antrag ab. Vielen Dank.