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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn wir als SPD-Bundestagsfraktion nicht direkt angesprochen worden sind, will ich meine Redezeit nutzen, um einmal kurz darzustellen, weshalb die Ablehnung Ihres Gesetzentwurfes und Ihrer Anträge nichts mit Ideologie zu tun hat. Das komplette Gegenteil ist nämlich der Fall.
Beifall bei der SPD
Nichts mit Ideologie! Aha!)
Dieser sehr unspektakuläre, kurze Gesetzentwurf – ich würde sagen: „Er ist zutiefst unterkomplex“, und ich werde es gleich erklären – macht ja erst mal nur – das haben Sie geschrieben – den Export von CO2 mit dem Ziel der Verpressung im Meeresboden möglich. Sie ignorieren sozusagen die gesamte komplizierte Gemengelage. Sie erwähnen sie ein klein wenig im Antrag, aber auch hier lassen Sie wesentliche Dinge weg und machen einen großen Bogen darum.
Wie ratifizieren Sie denn sonst internationale Verträge?)
Deswegen kurz zur Erklärung. Der Kontext der Frage, warum wir uns mit der sogenannten CCS-Technologie auseinandersetzen, ist der menschengemachte Klimawandel. Wir haben das Ziel und müssen es haben, unsere Emissionen auf null abzusenken.
Deutschland ist ein Industriestaat! Was ist denn das für ein Blödsinn?)
Die Studien, auch die des Weltklimarates, zeigen, dass das aber nicht reichen wird. Dummerweise werden wir am Ende Restemissionen wohl nicht vermeiden können; jedenfalls ist das im Moment die Perspektive.
Das ist Ihre Perspektive! Unfassbar!)
Deswegen müssen wir uns auch mit Negativemissionen auseinandersetzen, nicht nur mit technischen, sondern auch mit biologischen. Da ist natürlich die Frage zu stellen, wie das mit technischen Lösungen machbar ist. Aber das Ziel muss eine weitgehend CO2-freie Wirtschafts- und Lebensweise sein, und das kommt in Ihrem Antrag wesentlich zu kurz, liebe Kollegen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])
In nahezu jedem Positionspapier zu diesem Thema aus der Wissenschaft, aus dem Umweltschutz oder aus der Industrie wird deutlich gemacht: Der Fokus liegt auf der CO2-Reduzierung. – Überall, wo es möglich ist, müssen wir genau das tun. Und die Ampelregierung tut genau das. Zugegebenermaßen sind die größten Erfolge im Bereich „Strombereitstellung, Energieerzeugung“ zu verzeichnen. Ich erinnere an die EEG-Novelle, an das Windenergieflächenbedarfsgesetz, an das Windenergie-auf-See-Gesetz, an die Ausschreibungsmengen, die angehoben worden sind. Wir werden hier nächste Woche wieder ein Photovoltaikpaket in der ersten Lesung behandeln, mit wesentlichen Planungsbeschleunigungen, mit wesentlichen Erleichterungen.
Es sind auch erste Erfolge messbar. Die PV-Zubauziele für dieses Jahr sind bei 109 Prozent bereits erfüllt.
Ich höre schon wieder nur: Sonne, Sonne, Sonne, Sonne!)
Im Juli wurden 70 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt und im ersten Halbjahr durchschnittlich 57,7 Prozent. Das sind Erfolge, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie anerkennen müssen – ich finde, sie sind richtig groß –, auf dem richtigen Weg: Erneuerbare ausbauen und CO2 vermeiden.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein weiteres Zitat vom Umweltbundesamt aus dem letzten Monat – ich zitiere –:
– also die Verpressung von Kohlendioxid in der Erdkruste –
„in Kombination mit dem Festhalten an … fossilen Techniken … würde zu einer stetigen Verschärfung dieser Herausforderungen führen.“
Ich erinnere an die Rede des Kollegen Grundmann in der ersten Lesung; ich habe sie mir ausdrucken lassen. Das ist nämlich genau der Punkt. Sie bezeichneten als ein großes Tabu – ich zitiere –, „dass man CO2 aus dieser fiesen Kohleverstromung vielleicht auffangen würde, um es dann sicher einzulagern!“. Ich sage: Es ist zu Recht ein großes Tabu, aber nicht wegen der Möglichkeit, möglichst viel CO2 in die Welt zu pusten, sondern um das zu verhindern, worauf ich jetzt noch komme, nämlich auf die auch von Ihnen benannten Lock-in-Effekte. Zur Ehrenrettung sage ich: In einem weiteren Beitrag haben Sie auch gesagt: Am Kohleausstieg ist nicht zu rütteln. – Auch das haben Sie so geäußert.
Das ist beschlossene Sache! Das wird nie verlängert!)
Der wesentliche Punkt ist aber folgender: Kohlenstoff ist ein wesentliches Element für unsere gesamte chemische Industrie. Wir vergessen das gerne, wir schimpfen über CO2; aber das Wesentliche ist der Kohlenstoff. Bisher kommt der größte Teil des Kohlenstoffs aus fossilen Quellen. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts hat ergeben, dass allein bei der organischen Chemieproduktion in Deutschland ein jährlicher Kohlenstoffbedarf von 20 Millionen Tonnen besteht – jährlich! Derzeit kommen davon 74 Prozent allein aus Erdöl. Das heißt: Was passiert eigentlich mit diesem Grundstoff Kohlenstoff nach dem Ende des fossilen Zeitalters, das wir alle – oder jedenfalls fast alle – hier wollen? Bisher funktioniert es ganz einfach so: Wir fördern an einer Stelle Erdöl, wir haben eine Quelle, wir verarbeiten es, wir verbrauchen es, und am Ende gibt es Müll, zum Beispiel in Form von CO2.
Die Zukunft der Wirtschaft wird auch beim Kohlenstoff so aussehen, dass wir die Enden zusammenbinden müssen. Wir müssen daraus einen Kohlenstoffkreislauf, eine Kreislaufwirtschaft machen. Das ist der Kern. Deswegen warten wir auf die Carbon-Management-Strategie und, damit in Verbindung, auf die Kreislaufwirtschaftsstrategie. Beide sind in Arbeit.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Bis ihr so weit seid, ist keine Industrie mehr da!)
Wir als SPD-Bundestagsfraktion haben uns mit dieser Frage intensiv und sehr gründlich auseinandergesetzt; das steht im Gegensatz zu dem, was Sie hier abliefern. Wir haben Bedingungen und Leitplanken formuliert. Ich will sie noch einmal kurz zusammenfassen: CO2-Vermeidung vor CO2-Abscheidung! Nur unvermeidbare Restemissionen – diese definieren Sie in Ihrem Antrag in keiner Weise – können für CCS in Erwägung gezogen werden. Ein wesentlicher Grundsatz ist: Verwendung vor Abspeicherung. Wir wollen keine Investition in eine CO2-Infrastruktur, die zu langfristigen Abhängigkeiten von der fossilen Technologie führt. Risiken für Mensch und Umwelt müssen ausgeschlossen sein. Auch dazu kein Wort in Ihrem Antrag. Zudem fordern wir den Ausbau und Schutz natürlicher Senken; das ist klar. Das sind für uns Kriterien für eine zukünftige Carbon-Management-Strategie. Wir sind sehr gespannt darauf.
Ein Fazit: Dieser Gesetzentwurf würde ein fatales Signal senden.
Er verstärkt nämlich die Gefahr für fossile Lock-Ins. – Ich habe es gerade beschrieben. – Wir würden die Pfadabhängigkeit stärken, indem wir fossile Technologien preisgünstiger machen.
Durch die Ratifizierung des London-Protokolls?)
Es ist gerade schon davon gesprochen worden, dass die Einspeicherung im Emissionshandel berücksichtigt werden soll. Damit würden fossile Anwendungen im Vergleich zu den erneuerbaren Energien billiger werden und das entscheidende Hindernis für den weiteren Ausbau darstellen. Das gilt es auf jeden Fall zu vermeiden; auch hierzu kein Wort in Ihrem Antrag.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Stattdessen brauchen wir das klare Signal „fossil ist vorbei, Kohlenstoff ist ein Rohstoff“. Lassen Sie uns Kohlenstoffkreisläufe installieren!
In diesem Sinne: Vielen Dank.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Wollen wir jetzt CCS oder nicht?)
Vielen Dank, Herr Kollege Kleebank. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Andreas Bleck, AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD