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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte zur Nachhaltigkeit haben wir gemeinsam vereinbart, und dieses Format bringt sicherlich mit sich, dass die eigentlich übliche Debattenstruktur – Regierung gegen Opposition – auch ein wenig zur Seite gestellt werden kann. Ich habe die Konsensorientierung in unserem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung immer als sehr wohltuend empfunden, vielleicht auch, weil sie sich doch sehr von den anderen Abläufen, die wir hier gewohnt sind, unterscheidet.
Wenn wir alle hier gefragt werden würden, ob wir für Nachhaltigkeit sind, dann würde wahrscheinlich keiner widersprechen. Das Spannende in der politischen und gesellschaftlichen Debatte ist, dass es ganz unterschiedliche Interpretationen von Nachhaltigkeit geben wird.
Bei einem sind wir uns aber sicher einig: Viele Fragen, die uns beim Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, sind viel größer, als dass sie in einer Legislaturperiode abschließend beantwortet werden könnten. Und die Politik wird keine tragfähigen, wirtschaftlich machbaren, sozialverträglichen Antworten bei Generationenaufgaben wie der Bekämpfung von Armut und Hunger in der Welt oder dem Klimaschutz geben können, wenn jeder nur auf den nächsten Wahltag schielt. Ich kann für meine Fraktion jedenfalls festhalten, dass wir uns dessen bewusst sind und dass wir dieser Verpflichtung jederzeit gerecht werden wollen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nachhaltigkeit bedeutet für uns etwas Umfassendes: immer die kommenden Generationen im Blick, dabei die Umwelt und das Klima schützen, die Wirtschaft stärken sowie Arbeit und Wohlstand schaffen – und das alles gleichzeitig und gleichermaßen.
Genau deshalb muss ich trotz aller einigenden Bekenntnisse, die wir heute sicherlich noch hören werden, der Regierung schon auch den Spiegel vorhalten; denn sie wird genau diesem Anspruch eines umfassenden Verständnisses von Nachhaltigkeit nicht gerecht. Weder beim Klimaschutz noch bei den Staatsfinanzen oder unseren sozialen Sicherungssystemen, den großen Fragen, die die Zukunft der jungen Generation maßgeblich bestimmen werden, handelt diese Bundesregierung nachhaltig.
Ihre Haushaltspolitik geht zulasten der Jüngeren; das ist nicht nachhaltig, meine Damen und Herren. Wer in der aktuellen Lage freiwillig auf CO2-Einsparungen durch Kernkraftwerke verzichtet und lieber wieder die Kohlewinterreserve anschmeißt, der handelt nicht nachhaltig. Kein Wunder! So wie wir die Regierung erleben – die Ampelkoalition ist in den meisten Fragen zerstritten, findet keine gemeinsame Richtung –, kann sie auch kein ausgewogenes Nachhaltigkeitskonzept verfolgen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich würde mir wünschen, dass Sie bei der Suche nach Lösungen offener wären für mehr Nachhaltigkeit durch Technologie und durch Innovation. Alte reflexhafte Denkmuster behindern und verhindern dies. Wir sprechen beispielsweise gleich noch über das Thema der Kohlenstoffspeicherung als Chance für den Klimaschutz und bestimmt auch über Ihre internen Konflikte dabei.
Ein anderes Beispiel. Die EU-Kommission macht einen, wie ich meine, sehr vernünftigen Vorschlag zu neuen Züchtungsmethoden, die helfen, nachhaltiger zu wirtschaften und besser mit veränderten Klimabedingungen zurechtzukommen. Die SPD-Entwicklungsministerin kommentiert dies mit – ich zitiere –:
„Die Gentechnik hat in ihrer Geschichte noch keinen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherung geleistet.“
„Ihr gesellschaftlicher Nutzen wird in der Theorie oft behauptet, aber in der Praxis zielt die Gentechnik auf Patente und Profite.“
Zitat Ende. – Kein Wort zu den Chancen für einen reduzierten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
So wird Wissenschaft ignoriert!)
oder für einen Anbau von klimaresistenten Nahrungsmitteln. Eine solche Aussage, die nur an Ängste appelliert, anstatt dem wissenschaftlichen Rat zu folgen, gefährdet mehr Nachhaltigkeit durch Innovation.
Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich ist es der Job der Bundesumweltministerin, die Belange des Umweltschutzes besonders zu betonen; aber das darf nie isoliert und losgelöst von den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Folgen passieren. Mit ihrer Hardliner-Position bei den sogenannten PFAS-Chemikalien und ihrem Einsatz für ein möglichst umfassendes Verbot auf EU-Ebene drohen ganz erhebliche Nachteile für die Medizintechnik, für die Halbleiterindustrie, für den Umbau unserer Energieversorgung hin zu den Erneuerbaren und unserer Industrie zu einem nachhaltigeren Wirtschaften. Wir sind sehr für Vorsorge und Risikominimierung, aber eben auch für eine sachliche Abwägung von Risiken und Nutzen. Und dieses Abwägen lassen Sie immer wieder vermissen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Appell ist klar: Lassen Sie uns für eine nachhaltige Entwicklung den Blick öffnen! Lassen Sie uns offen diskutieren und abwägen, statt einseitige, ideologisch verengte Debatten zu führen, wie dies diese Regierungskoalition leider viel zu oft tut! Lassen wir Wissenschaftlichkeit nicht nur dann zu, wenn es in die eigene grüne Agenda passt, sondern auch dann, wenn es um den Einsatz von Technologie, insbesondere neuer Technologien geht! Wirklich langfristig tragfähig sind Entscheidungen jedenfalls nur dann, wenn sie wirtschaftlich, sozial und ökologisch gleichermaßen vertretbar sind. Für diesen Ausgleich stehen wir. Nur solche Ansätze bringen uns bei der Nachhaltigkeit auch tatsächlich weiter. Dafür möchte ich heute ausdrücklich werben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Bundesregierung hat das Wort die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Bärbel Kofler.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Katharina Willkomm [FDP])