Frau Präsidentin! Herr Botschafter! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das waren wohltuende 90 Minuten, weil in dieser Frage die Polarisierung in unserer Gesellschaft, jedenfalls bei den demokratischen Parteien, bezogen auf das Thema Israel aufgehoben ist. Der Oppositionsführer, der Bundeskanzler – – – Ja, bei Ihnen nicht. Aber hier im Haus, bei den Demokraten, gibt es gemeinsame Töne. Wenn Präsident Herzog sagt, dass das seit der Shoah die größte Ermordung von Jüdinnen und Juden war, dann ist das eine Zeitenwende im Nahen Osten und dann muss uns das auch dazu bringen, alles wie bei der anderen Zeitenwende auf den Prüfstand zu stellen und nicht die üblichen Sprüche diplomatischer Art zu machen. Ich möchte an das anknüpfen, was Rolf Mützenich gesagt hat: Ja, der Jom-Kippur-Krieg, fast auf den Tag genau – auch an einem Feiertag – vor 50 Jahren, wo Syrien und Ägypten Israel überfallen haben, hat am Ende zu dem mutigen Schritt von Anwar Al-Sadat geführt, der in die Knesset gereist ist und Israel anerkannt hat. Zwei Nachbarstaaten tun das schon länger: Jordanien und Ägypten. Und deshalb, finde ich, dürfen wir nicht sagen – – – Können Sie wenigstens bei diesem Thema mal kurz dieses Geschwätz lassen? Warum müssen Sie denn den Zuschauern die ganze Zeit zeigen, dass Sie nicht mit uns einig sind? Wir haben es verstanden. Ich möchte zurückkommen zu dem, was ich gerade gesagt habe. Jetzt haben Sie wahrscheinlich bewusst abgelenkt von dem, was ich hier sagen wollte. Frau Baerbock, Sie sagen immer: Wir reden mit den Golfstaaten. – Aber vielleicht bedeutet Zeitenwende auch, hier einmal zu differenzieren. Es gibt Golfstaaten, die Israel anerkannt haben, die mit den Abraham Accords diplomatische Beziehungen aufgenommen haben, die regionale Kooperation wollen, die eine Freihandelszone verabredet haben, die wie die Vereinigten Arabischen Emirate plötzlich eine Synagoge im Abrahamic Family House bauen, die religiöse Toleranz wollen. Die gibt es. Die muss man auch so benennen; die muss man auch unterstützen. Seit 2020 gibt es vier neue Länder, die sagen: „Wir erkennen Israel an“: Marokko, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate und Sudan. Die Emirate ändern gerade ihre Curricula für die Schulbücher. Zum ersten Mal wird in einem arabischen Land der Holocaust als Thema im Unterricht vermittelt. Dies zu unterstützen, muss Aufgabe der deutschen Außenpolitik werden. Wir müssen uns hier stärker in den Ländern engagieren, die willens sind, zu kooperieren. Und die anderen? Katar? Die Erklärung des Außenministers von Katar am letzten Sonntag lautete: Die alleinige Verantwortung für diesen Anschlag liegt bei Israel. – Das ist Katar, auch ein Golfstaat. Im Fernsehen sieht man auf Al Jazeera, dem Staatssender, ständig die Aufrufe der Hamasführung. Die sitzen in Doha, leben im Luxus und dirigieren von dort aus den Terror, um den es hier geht. Deshalb muss man, wenn es um eine Zeitenwende im Nahen Osten geht, zu einer Differenzierung kommen. Herr Bundeskanzler, Sie sind kritisiert worden, weil Sie gleich zum Mittagessen den Emir von Katar treffen. Ich tue das nicht; ich kritisiere das nicht. Ich finde es richtig, in dieser Zeit solche Gespräche zu führen. Aber man muss ihm sagen: Beenden Sie das Gastrecht für die Führung der Hamas! Stoppen Sie die finanzielle Unterstützung für die Hamas! Machen Sie mit bei der regionalen Kooperation! Und unterbinden Sie vor allem, dass der Hamasführer weiter zu Anschlägen gegen jüdische Einrichtungen in der ganzen Welt am kommenden Freitag aufruft! Das kommt aus Katar. Meine Bitte ist, in diesem Gespräch auch Klartext zu reden. Meine Damen und Herren, wir wissen, dass Saudi-Arabien dabei war, sich anzunähern. Der Kronprinz hat wenige Tage vor dem Krieg gesagt, er schaue nicht mehr auf Israel als Feind, es gebe viele gemeinsame Interessen, die man verfolgen wolle. Es gab die Hoffnung, dass Saudi-Arabien sich diesen Abraham Accords anschließt. Die einzige Absicht hinter diesem Angriff ist die Zerstörung dieser Friedenshoffnung. Es gab keinen anderen Anlass für die Hamas, die weiß, dass bis zum Frühjahr – das heißt vor den amerikanischen Wahlen – diese Annäherung möglich ist. Deshalb müssen wir sagen: Jetzt erst recht! Wir haben eine parteiübergreifende Parlamentariergruppe, die diese Abraham Accords unterstützen will. Die Europäische Union muss auch wieder ins Geschäft. In Oslo und Barcelona war die EU dabei; jetzt sind es nur Tony Blinken und die Amerikaner. Wir müssen mehr machen, um die Staaten zu unterstützen, die Frieden wollen, die religiöse und kulturelle Toleranz wollen, und dürfen nicht in undifferenzierter Art sagen: Ja, das sind alles Nachbarstaaten. – Nein, es gibt Unterschiede. Und wir stehen an der Seite derer, die Israel anerkennen. Vielen Dank.