Auch da müssen wir doch selbstkritisch prüfen, ob eine Absenkung der Anforderungen an Migration tatsächlich die richtige Antwort ist. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind grausige Bilder und Schilderungen, die uns in diesen Tagen und Stunden aus Israel erreichen. Diese Bilder schmerzen und verstören, nicht nur deshalb, weil Bundesbürger betroffen sind, sondern auch, weil unsere Brüder und Schwestern aus Israel betroffen sind. Wenn ich hier stehe, sage ich Ihnen: Ich weiß eigentlich nicht, was für mich ekelerregender und abscheulicher ist: die Bilder und Schilderungen, die wir bekommen, oder der Umstand, dass auf deutschen Straßen und Plätzen Menschenmassaker, Vergewaltigungen, Verschleppungen bejubelt werden. Das wird gefeiert, für die Kinder gibt es Süßigkeiten, und es gibt Begleitmusik. Wenn wir uns das anschauen – das sage ich Ihnen –, dann müssen wir es einordnen, und wir müssen die Frage stellen: Welche Konsequenzen knüpfen wir daran? Und wenn wir das einordnen – das sage ich Ihnen auch ganz ehrlich –, dann dürfen wir einen Fehler nicht machen: dass wir es allzu rasch relativieren. Und wir relativieren es in dem Moment, meine Damen, meine Herren, in dem wir nicht mehr beschreiben, was wir dort sehen. Auf diesen Bildern sehen wir alle sehr wohl, dass das ein Antisemitismus ist, der über Migration in unser Land gekommen ist. Das führt mich zur Frage der Konsequenzen. Ich glaube, da müssen wir uns mit drei Themenfeldern beschäftigen: Themenfeld Nummer eins ist die Frage, ob unsere Rechtslage ausreicht, um angemessen auf dieses Phänomen zu reagieren. Wir haben § 140 StGB, Belohnung und Billigung von Straftaten. Wir haben § 104 StGB, der noch gar nicht so alt ist. Er geht auf ein ähnliches Ereignis zurück, nämlich die Verbrennung von Flaggen. Wir müssen die Frage stellen, ob unser Versammlungsrecht ausreichend ist oder vielleicht zu weitreichend. Wir müssen uns mit unserem Vereinsrecht beschäftigen, der Frage: Wie niederschwellig siedeln wir Verbote an? Wir müssen uns das Staatsangehörigkeitsrecht vornehmen, wobei es da ja unter Horst Seehofer eine Veränderung in die richtige Richtung gab, und natürlich auch § 54 Aufenthaltsgesetz, die Frage der Ausweisung. Denn eines muss doch klar sein: Wer eine solche antisemitische Haltung auf unsere Straßen und auf unsere Plätze bringt, der hat in diesem Land nichts verloren. Genauso müssen wir berechtigterweise im Übrigen auch – dazu komme ich gleich – bei der künftigen Integrationsdebatte doch mal die Frage aufwerfen: Dulden wir es, dass Konflikte aus anderen Ländern am Ende des Tages auf unseren Straßen und Plätzen ausgetragen werden? Die Frage Nummer zwei bei den Konsequenzen ist die Frage: Wenden wir unsere Regeln auch konsequent an? Da sage ich Ihnen ehrlich: Die selbstkritische Antwort ist Nein. Ohne Schaum vor dem Mund und auch ohne einfältige Zwischenrufe, Herr Kollege, will ich Ihnen erklären, woran das liegt. Es liegt nämlich daran, dass die Debatte um Integration in unserem Land an viel zu vielen Stellen viel zu früh daran krankt, dass bestimmte kritische Nachfragen sofort tabuisiert werden. Die dritte Frage ist: Was bedeutet das für die weitere Ausrichtung unserer Migrationspolitik? Die Antwort muss doch eine Anhebung der Anforderungen sein, vor allem an den Begriff der Integration. Ich sage Ihnen: Wir führen die Debatte hier in globaler Verantwortung gemeinsam, weil wir gemeinsam definieren müssen, was wir an Einstellungen und auch Personen im Land haben wollen. Das müssen wir einfordern. Wir müssen auch offensiv erklären, meine Damen, meine Herren, wo die Grenzen sind. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.