Auch die Zusammenarbeit mit Tunesien unterstreicht, jedenfalls aus meiner Sicht, wie fatal es ist, wenn man in Schwarz-Weiß-Denken verfällt. Die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Ländern ist immer hochkomplex, insbesondere mit Ländern, mit denen man viele Ansichten nicht teilt. Mir werden ja auch aus diesem Raum manchmal die Fragen gestellt: Warum sind Ihnen die Menschenrechte so wichtig? Oder: Warum sprechen Sie unsere Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit an? Ich glaube, es ist wichtig, immer offen darüber zu sprechen, welches die Leitlinien für unser Handeln sind. Die letzten Jahre haben erneut gezeigt, dass man die Krisen ein bisschen kommen sieht, aber niemals weiß, was die nächste Krise ist, mit welchem Partner man dann wieder sprechen muss, weswegen es so wichtig ist, dass wir deutlich machen, was unsere Interessen sind, aber auch, was unsere Werte sind. Mit Blick auf Tunesien ist es an der Stelle deswegen aus meiner Sicht enorm wichtig, darauf hinzuweisen: Wenn dort die Rechtsstaatlichkeit, die Verfassung infrage gestellt wird, können wir nicht einfach sagen: „Wir schließen ein Migrationsabkommen“, wenn wir uns noch nicht mal darauf verlassen können, dass Verträge eingehalten werden, dass die eigene Verfassung eingehalten wird. Nichtsdestotrotz müssen wir – – in der Frage der Migration zusammenarbeiten. Deswegen gilt auch da: die Herausforderungen ansprechen, aber genauso da kooperieren, wo es nötig ist, weil man nun mal in Nachbarschaft lebt.