- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer vor fünf Jahren die Begriffe „gemeinwohlorientierte Unternehmen“ oder „Social Entrepreneurship“ in einer politischen Diskussion in den Mund genommen hat, erntete oft verständnislose Blicke. Erfreulicherweise hat sich das geändert.
Die Politik hat erkannt, dass soziale Innovation und gemeinwohlorientierte Unternehmen entscheidende Akteure für den Fortschritt unserer Gesellschaft sein können. Sie helfen, soziale Probleme anzugehen, Wachstum zu fördern und den notwendigen Transformationen unserer Zeit vielfältig zu begegnen. Dazu zeigen sie, dass Gewinnstreben und soziale Verantwortung Hand in Hand gehen können. Mit der Ernennung der Beauftragten für Soziale Innovationen im BMBF bekommt das Thema auch ein Gesicht und Wahrnehmbarkeit im politischen Raum. Liebe Frau Bruhn, es freut mich, dass Sie heute hier sind, und ich hoffe, Sie ziehen aus dieser Debatte etwas Motivation für Ihre Aufgaben.
Die hier diskutierte nationale Strategie sammelt und strukturiert die Aufgaben und Maßnahmen und stellt in der öffentlichen Relevanz dieses Themas einen Meilenstein dar. Lassen Sie mich drei Aspekte betonen, die mir in diesem Zusammenhang besonders wichtig sind.
Erstens. Gerade im ländlichen Raum können soziale Innovationen zum Problemlöser werden, wenn konventionelle Betreibermodelle – zum Beispiel für die Gesundheitsversorgung, im Einzelhandel oder für die Mobilität – nicht mehr tragen. Neue Geschäftsmodelle in einem Miteinander von öffentlicher Hand, privatwirtschaftlicher Aktivität und Ehrenamt können zu einem wichtigen Baustein werden, um das Versprechen der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu erfüllen.
Zweitens. Die öffentliche Hand, egal ob auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene, hat aufgrund ihres enorm hohen Auftragsvolumens die Möglichkeit, zu Initial- oder Ankerkunden für gemeinwohlorientierte Unternehmen zu werden. Hierfür muss allerdings in den Verwaltungen sowohl ein Bewusstsein für diese Aufgabe entwickelt werden als auch ein moderneres Vergaberecht entstehen. Aber das müssen wir sowieso angehen. Das ist ein Thema, dem wir uns dringend widmen müssen; Stichworte „Digitalisierung“ und „Entbürokratisierung“. Gleiches gilt übrigens auch für die Einkaufsabteilungen größerer Unternehmen. Auch sie könnten stärker die Rolle als Ankerkunden übernehmen, als sie das bisher tun.
Drittens. Wie schon in mehreren Debatten in dieser Woche angesprochen: Wir müssen die Daten, über die wir als Gesellschaft verfügen, als gesellschaftliche Werte verstehen und viel besser nutzen. Ein Beispiel: Vor Kurzem hatte ich eine Gruppe von Studierenden der LMU München zu Besuch, die im Rahmen der Initiative Data Science for Social Good datengetriebene Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen entwickeln. Dabei stellten sie mir unter anderem ein Projekt vor, in dem sie aus bislang sehr dezentralen, analogen Daten eine App für die Feuerwehr in München entwickelt haben, mit der Feuerwehrleute im Einsatz den nächstgelegenen Hydranten oder andere Wasserquellen schnellstmöglich finden können. Um solche Potenziale heben zu können, ist es wichtig, Förderung und Unterstützung von sozialen Innovationen zu einer Priorität zu machen. Es geht darum, strukturelle, gesetzliche, finanzielle Rahmenbedingungen zu verbessern.
Ich halte es für absolut sinnvoll, dass geprüft wird, wie die zwei sehr erfolgreichen Förderprogramme des Bundes, INVEST und EXIST, für Sozialunternehmen geöffnet werden können. Dies gilt auch für den neu ins Leben gerufenen Leuchtturmwettbewerb der Startup Factories. Eine weitere, schon in der Start-up-Strategie angestoßene Maßnahme ist die neue Förderrichtlinie EXIST-Women, da gemeinwohlorientierte Unternehmen besonders häufig von Frauen gegründet werden.
Beifall bei der SPD)
Wenn wir die 70 vorgeschlagenen Maßnahmen in demselben Tempo umsetzen, wie wir derzeit die Start-up-Strategie umsetzen, bin ich frohen Mutes, dass wir mit dem vorgelegten Papier einen richtigen und wichtigen Grundstein gelegt haben für die soziale Innovation in unserem Land. So können wir eine bessere und nachhaltigere Zukunft für alle schaffen.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)