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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Armut ist nicht im Menschen selbst begründet, sie ist ein vom Menschen geschaffenes Konstrukt. Wir können die Armut auch wieder abschaffen. – Dieser Ausspruch des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus beschreibt seine Motivation, mittels Kleinkrediten für Bedürftige in Bangladesch die Welt unternehmerisch etwas besser zu machen. Das, was hier so pathetisch klingt, hat er aber nicht mit milden Gaben, mit Spenden, gemacht. Nein, vielmehr förderte und forderte er wahres Unternehmertum, wahren Unternehmergeist. Die dazu 1983 gegründete Grameen-Bank mit ihrem innovativen Ansatz der Mikrokreditvergabe hat bis heute weltweit Anerkennung gefunden und wurde vielerorts nachgeahmt.
Yunusʼ Antrieb teilen auch hierzulande viele. Es gibt eine lange Tradition gemeinwohlorientierten Unternehmertums. Das alles ist nicht neu. Deshalb lohnt es sich, Frau Ministerin, immer wieder Anlauf zu nehmen, derartige Initiativen zu unterstützen und zu fördern. Denken Sie an Nachbarschaften, Verbände, Kirchengemeinden, Vereine! Neben Unternehmen und Start-ups handeln ja sie alle auch sozial und gemeinwohlorientiert.
Nicht zuletzt im Kulturbetrieb können wir in Deutschland studieren, was Gemeinwohlorientierung bedeutet. Unsere vielfältige, unsere üppige deutsche Kulturlandschaft sähe wahrlich anders aus ohne das Engagement aus der Mitte der Gesellschaft. Wie viele Einrichtungen verdanken sich ursprünglich bürgerschaftlichem Engagement? Denken Sie nur an das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas – aus rein staatlicher Initiative gäbe es das nicht –, an die großen Museen in Frankfurt oder an die Barenboim-Said-Akademie! In all diesen Fällen hat der Staat erst nachträglich flankierend für Wachstum und Blüte gesorgt.
Ein gesundes Gemeinwesen lebt von den Ideen wacher Geister, von Vordenkern aus der Wissenschaft und von der Fantasie der Kreativen. Ich jedenfalls bin fest überzeugt davon: Kreativität und geistige Avantgarde sind nicht das Ergebnis wirtschaftlichen Wohlstands, sondern dessen Voraussetzung.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Die Kreativen tragen die Fackeln, an denen sich cleveres Unternehmertum entzünden kann. Man muss sie nur zum Experiment ermutigen; das heißt auch, das Risiko des Scheiterns in Kauf zu nehmen.
Beifall der Abg. Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Genau das muss der Staat wollen und durch den richtigen gesetzlichen Rahmen fördern.
Sie wollen ja auch, wenn ich das richtig verstanden habe, ein Reallabore-Gesetz einbringen, das „neue Freiräume“, so heißt es, „zur Erprobung von Innovationen ermöglicht“. Gut so; aber machen Sie es endlich!
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Nehmen Sie sich ein Beispiel an denen, die auch ohne Ihr Reallabore-Gesetz bereits erfolgreich wirtschaften. Ich sage mal: Berlin. Es gilt ja als Europas Start-up-Zentrum und ist ein Hotspot für soziale Innovationen. Beides ist berlintypisch.
Deshalb nenne ich zwei Beispiele, wo Unternehmer- und Gründergeist samt sozialen Innovationselementen erfolgreich waren. Viele von Ihnen mögen die Suchmaschine Ecosia kennen, die 80 Prozent ihres Gewinns nutzt, um weltweit Bäume zu pflanzen. Und das Berliner Unternehmen Friendsurance ist eine Insurtech-Plattform, die durch das Prinzip der Schadensfreiheitsrückzahlung in Gruppen soziale Innovationen im Versicherungsbereich förderte.
Unsere Unterstützung haben Sie jedenfalls, wenn es darum geht, die Wirtschaft zu stärken. Aber, Herr Kollege Audretsch, auch wir sollten uns davor hüten, die Wirtschaft in zwei Lager einzuteilen:
Beifall bei der CDU/CSU)
hier die guten, weil gemeinwohlorientierten Unternehmen, dort die kommerziell ausgerichtete Wirtschaft. Der Mittelstand und vor allen Dingen auch die kommunale Wirtschaft arbeiten immer gemeinwohlorientiert. Sie sind nach wie vor das Rückgrat unseres Sozialstaats.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Sie sind die größten Innovatoren in unserer Gesellschaft. Und ein Blick in den Bundeshaushalt offenbart im Übrigen deutlich, wie auskömmlich wir mit den Steuereinnahmen dieser Unternehmen unseren Sozialstaat finanzieren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Im Kern des Social Business steht die Idee, profitabel und sozial positiv zu handeln. Auch der Bankier Muhammad Yunus hat dieses Konzept maßgeblich geprägt. Seit über fünf Jahren hat er hier in Berlin eine Niederlassung.
Machen auch Sie was aus Ihrer Strategie, Frau Ministerin, und sorgen Sie dafür, dass wir weitere Ansiedlungen befördern und damit dem Gemeinwohl dienen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Holger Mann.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)