Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die aktuelle Migrationslage zeigt ein prekäres Bild an unseren Grenzen. Bundespolizisten und Bundespolizistinnen leisten dort großartige Arbeit; aber ehrlicherweise muss man sagen: Sie agieren hart an der Frustrations- und Belastungsgrenze. Wir haben Tage, an denen wir bundesweit über 700 illegale Grenzübertritte feststellen – das sind nur die, die tatsächlich festgestellt werden können –, und wir haben flächendeckend an fast allen Grenzen einen noch nie dagewesenen Migrationsdruck. Ich glaube, wir müssen kurzfristig und langfristig denken: Kurzfristig brauchen wir Mechanismen, die den Druck sehr schnell von unseren Grenzen nehmen, und langfristig, glaube ich – das sage ich Ihnen ganz ehrlich, damit da kein Zweifel besteht –, brauchen wir sehr wohl geschlossene EU-Außengrenzen, weil nur geschlossene EU-Außengrenzen das Signal in die Welt aussenden: Macht euch bitte nicht auf den Weg! Ihr kommt nicht rein. Damit ist die Geschichte natürlich nicht zu Ende erzählt. Wir müssen uns selbstverständlich überlegen: Was machen wir in den schwierigen Regionen, zum Beispiel in Afrika? Aber ich glaube, das ist das einzige Signal, das uns helfen wird, das Sterben im Mittelmeer und das Sterben in der Sahara merklich zu reduzieren. Im Übrigen glaube ich, dass wir nur bei sicheren EU-Außengrenzen endlich innerhalb der Europäischen Union zu einer stabilen Mehrheit für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem kommen. Dazu gleich noch mehr. Das Problem an der aktuellen Debatte ist, dass die Ampel nach meiner Einschätzung versucht, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Sie suggerieren auch heute wieder, dass wir jetzt in Europa zu Vereinbarungen kämen, und die würden ja dann schon irgendwie kurzfristige Entlastungen und Effekte an unseren Grenzen erzielen. Aus den Medien erfahren wir dann, dass die deutsche Außenministerin und die deutsche Innenministerin hart auf der Bremse stehen. Was Sie in all diesen Debatten, meine Damen, meine Herren von der Ampel, verschweigen, ist doch die Stimmungslage, die Ihnen in Brüssel entgegenschlägt. Sie sieht nämlich so aus, dass unsere europäischen Partner über diese Politik der offenen Türen der Bundesregierung irritiert sind. Wir bekommen von dort eindeutig die Signale, dass, solange das so bleibt, die europäischen Partner nicht bereit sind, über Umverteilungsmechanismen zu reden oder Vereinbarungen zu schließen, über Finanzausgleichmechanismen zu reden und auch dort zu Vereinbarungen zu kommen. Das heißt, Sie müssen umdenken und den Weg für solch eine große europäische Lösung wirklich freimachen. Jetzt fordern wir seit Monaten stationäre Grenzkontrollen. Wir alle haben aufgehorcht, als die Ministerin am Freitagabend letzter Woche suggeriert hat: Ja, ich mache jetzt Grenzkontrollen. In dieser Woche wurde medial nachgefragt. Jetzt wird deutlich, dass es Grenzkontrollen geben wird. Sie sollen aber flexibel sein, unterhalb der Notifizierungsgrenze und eben nicht stationär, also vor allem nicht so, wie sie an der Grenze zu Österreich stattfinden. Dann sitzt die Bundesinnenministerin im Innenausschuss und sagt noch, sie wolle das so machen wie an der Schweizer Grenze; das sei ein echtes Erfolgsmodell. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Mich hat diese Aussage erschüttert. Denn wenn die Bundesinnenministerin das sagt, dann zeichnet das das Bild einer Ministerin, die keine Ahnung hat, welche Herausforderungen die Beamtinnen und Beamten im Moment an der Schweizer Grenze zu bestehen haben. Die Situation dort sieht nämlich wie folgt aus: Unsere Beamten steigen in den Zug und kontrollieren, wenn der Zug losrollt. Dann nehmen sie Migranten, die sie aufgreifen, mit in die Bearbeitungsstraße. Dort gibt es dann Fast-ID und eine Befragung, und danach werden die Migranten an die Schweizer Behörden übergeben. Von den Schweizer Behörden gibt es auch noch eine Befragung, und dann dürfen die Migranten wieder gehen. Wissen Sie, was sie dann machen? Sie schnappen sich den nächsten Zug oder die nächste Tram und versuchen es wieder. Es gibt Beamte, die erklären Ihnen, dass sie teilweise dieselbe Person zwei-, dreimal am Tag aufgreifen. – Ich weiß, was Sie fragen wollen; deswegen muss ich die Frage nicht zulassen. Ich weiß, Sie sagen jetzt: Das ist doch immer unser Argument, dass die dann wiederkommen. – Aber das Problem ist, dass wir keine festen stationären Grenzkontrollen haben. Ich lasse die Zwischenfrage zu; meine Zeit ist nämlich sonst um. Ich denke, Sie hören mich einfach gern. Der Punkt ist doch, dass das genau der Unterschied zwischen einer stationären und einer flexiblen Grenzkontrolle ist. Das Problem an der Grenze zur Schweiz ist, dass dort jeden Tag so viele Züge, Busse, Trams, Taxis fahren, dass die Beamten, wenn sie in einem Zug beschäftigt sind, keine Zeit mehr für die Tram oder einen anderen Zug haben. Zur Wahrheit gehört, dass es nicht reicht, nur mal ganz nett mit den Kollegen in Tschechien oder in Polen zu reden, sondern man braucht einen festen Modus Operandi – auch mit der Schweiz; auch dort brauchen wir ein Gespräch –, wie ein Land mit Personen umgeht, die dort aufgegriffen werden. Es ist doch ein Treppenwitz und frustriert unsere Beamtinnen und Beamten, wenn sie dieselbe Person zwei-, dreimal am Tag sehen. Die Frage muss man umgekehrt stellen. Wenn die Kontrolle der Grenze zur Schweiz mit Leben gefüllt werden soll, Herr Kollege Höferlin, dann ist doch die Frage: Warum schafft es das Bundesinnenministerium bzw. die Ministerin nicht, mit der Schweiz jetzt zu einer Vereinbarung zu kommen, damit sich unsere Beamten dort unten nicht weiter aufreiben? Das ist doch die Gegenfrage. Nein, danke. Ich schließe jetzt. Ja, ja, ich weiß schon. Entschuldigung, die Antwort war doch ziemlich konkret, und Sie tun jetzt so, als gebe es keine Lösung. Ich sage Ihnen, meine Damen, meine Herren: Solange Sie der Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen, wird die Debatte um die Migration weiter in dieser Heftigkeit geführt. Ich kann Sie nur daran erinnern, dass Sie eine Verantwortung für unsere Demokratie haben. Mit den Reden, die Sie heute hier gehalten haben, haben Sie – Entschuldigung – das Thema verfehlt. Das wird Sie auf Dauer bei diesem schweren Thema – – nicht über Wasser halten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.