Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach der Rede von Frau Lötzsch hat der Kollege von der CDU, Herr Wadephul, natürlich ein Problem. Denn Sie haben ja eben mitgekriegt, wie frenetisch die applaudiert haben, als Sie die Wortwahl der Bundesaußenministerin hinsichtlich des chinesischen Staatspräsidenten kritisiert haben. Ich will an dieser Stelle nur eines sagen: Der Präsident eines Staates, in dessen Verfassung drinsteht, dass dort die Diktatur des Proletariats herrscht, darf sich nicht beleidigt fühlen, wenn er als das bezeichnet wird, was er ist. Diese Bundesregierung hat angefangen, Deutschlands China-Politik realistisch zu machen. Sie hat sie befreit von der Illusion, dass es immer so weitergeht, wie es bisher gegangen ist. Man muss doch erst mal mit großem Respekt gegenüber China sagen: Vor der historischen Leistung, die China erbracht hat, nämlich 800 Millionen Menschen aus bitterster Armut befreit zu haben, haben wir Respekt, und das erkennen wir an. Aber wir müssen auch benennen, wie das gelungen ist. Das ist nicht nur die kluge Politik in China gewesen, sondern es war die Politik der Öffnung, der Investitionen und der Zusammenarbeit. Heute stellen wir fest: Im Zuge des Aufstiegs Chinas hat sich genau diese Politik verändert. Das, was Xi Jinping in China macht, ist das Verkaufen des Erbes von Deng Xiaoping. Das ist der Kern dessen, womit wir uns auseinandersetzen müssen. Das gilt für die Innenpolitik, aber es gilt auch für die Außenpolitik. Deng Xiaoping hat mal gesagt: Wir wollen keine Großmacht sein. – Er hat nicht darauf verzichtet, aber er hat gesagt: Wir sprechen das nicht aus. – Das, was wir jetzt erleben, ist, dass China für alle seine Nachbarn zur Bedrohung geworden ist: der Konflikt an der 3 500 Kilometer langen Grenze mit Indien, die Auseinandersetzung um das Südchinesische Meer, die Tatsache, dass China sich nicht an internationale Regeln und Gerichtsurteile hält. All dies ist ein Bruch mit der Tradition, die China groß gemacht hat und die 800 Millionen Menschen aus der Armut gebracht hat. Darauf müssen wir uns einstellen. Deswegen ist es kein Gegeneinander, wenn wir sagen: China ist Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale. Die drei Begriffe gehören zusammen. Es kann auch keine Politikfelder geben, in denen China einmal Partner, einmal systemischer Rivale und dann wiederum vielleicht unfairer Wettbewerber ist. Nehmen Sie das Beispiel einer Industrie, deren Abwanderung wir bedauern und die wir hier schmerzlich vermissen; ich will nicht der Frage nachgehen, warum sie abgewandert ist. Wir sind konfrontiert mit einem Monopol Chinas in der Photovoltaikindustrie. Wir finden, dass bei den erneuerbaren Energien mehr ausgebaut werden muss, dass wir da mit China zusammenarbeiten müssen. Aber wir müssen uns wirtschaftlich auch so resilient aufstellen, dass wir in der Lage sind, dieses Monopol zu durchbrechen. Wir müssen zudem klarmachen, dass die Frage, wie die Photovoltaikzellen in China produziert werden, wie das Silizium produziert wird, etwas mit den inneren Verhältnissen zu tun hat. Ein Großteil davon kommt aus Xinjiang. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte bescheinigt China dort schwerste Menschenrechtsverletzungen. Das ist nun der Grund, warum in der China-Strategie drinsteht, dass wir keine deutsche China-Politik, sondern eine europäische China-Politik machen: weil wir das nur europäisch in den Griff bekommen können. Deutsche China-Politik muss europäisch sein. Deswegen schaffen wir Regeln, damit Produkte, und zwar in allen Lieferketten, nicht in Zwangsarbeit entstehen. Das können wir nur mit einem gemeinsamen Binnenmarkt in Europa durchsetzen. Und wir sorgen in Europa dafür, dass es auf unserem Markt nicht zu Dumping kommt. Deswegen haben wir Elemente von CBAM aufgenommen. Das ist die neue, realistische Politik im Umgang mit China als Partner, Wettbewerber und systemischem Rivalen.