Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere liebe Kollegen der Ampelfraktionen! Es ist wie immer bei Ihnen: In den seltenen Fällen, in denen Sie sich wirklich verständigen können, sind Sie zu spät dran. Der Tag des Handwerks war bereits am 16. September, aber für heute beantragen Sie eine Aktuelle Stunde dazu. Ich weiß nicht, ob Sie das jetzt „dringend“ und „aktuell“ nennen; aber immerhin ist es ein Thema, zu dem Sie wahrscheinlich eine gemeinsame Auffassung haben, und das ist ja schon mal nicht schlecht. Die Bedeutung des Handwerks kennen wir alle. Der Parlamentarische Staatssekretär hat schon ein paar Zahlen genannt: 1 Million Betriebe, 5,6 Millionen Beschäftigte in über 130 Berufen. 350 000 junge Menschen lernen gerade ein Handwerk; das sind rund 28 Prozent aller Auszubildenden. Und was ich auch rausgesucht und gelernt habe: Der Umsatz beim Handwerk betrug im letzten Jahr rund 739 Milliarden Euro. Das ist mehr als die Umsätze von Volkswagen, Daimler, Allianz und BMW zusammen. Also: Ohne Handwerk läuft wohl in der Tat nichts. Im Übrigen läuft ohne Handwerk auch nichts bei der Energiewende. Die wird ja logischerweise nicht von Klimaklebern umgesetzt, sondern von Handwerkern in unserem Land, und das ist auch gut so. Bezeichnend ist doch ein Stück weit, dass Sie jetzt eine Aktuelle Stunde beantragen – ich glaube, darüber kann man sich ja auch gar nicht streiten, auch nicht über das, was Kollege Kellner gesagt hat –, aber inhaltlich nichts vorlegen. Ich meine, in einer Aktuellen Stunde zu erklären, wie wichtig das Handwerk ist, ist jetzt keine große Herausforderung. Hier in der Aktuellen Stunde gibt es halt ein paar warme Worte von Ihnen. Das ist so weit völlig in Ordnung und auch nachvollziehbar. Aber inhaltlich finden Sie wieder nicht statt. Dabei hätten Sie alle Chancen gehabt. Meine Fraktion hat bereits im vergangenen Jahr die Bundesregierung aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Qualifikationen zu stärken. Ja, Herr Kollege Kellner, da reichen nette Worte hier am Pult nicht. Da wäre es schon sinnvoll – Sie regieren ja, glaube ich –, endlich das zu machen, was Sie hier permanent ansprechen und was ja angeblich so wichtig ist. So kompliziert ist es ja auch nicht, diese Gleichstellung umzusetzen. Aber es kommt noch dicker: Im Entwurf des Bundeshaushaltsgesetzes 2024 sollen die Mittel für die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung um 11 Millionen Euro gekürzt werden. Also, Herr Staatssekretär – ich weiß gar nicht, wo er ist; aber die Staatssekretärin ist mir mindestens genauso lieb –, wo ist denn jetzt Ihre „auskömmliche Finanzierung“ – so gerade die Worte des Kollegen Kellner –, wenn Sie die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung kürzen? Das ist doch das Gegenteil dessen, was Sie hier verkünden. Natürlich ist so ein Kürzungsplan ein fatales Signal an das gesamte Handwerk. – So weit zur Wertschätzung des von Ihnen so hoch geachteten Handwerks. Dabei bräuchte das Handwerk dringend Unterstützung. Die aktuelle Lage sieht so aus: Vier von zehn Handwerksbetrieben bewerten aktuell ihre wirtschaftliche Lage als unsicher. Ein Viertel reagiert darauf mit Verkleinerungen oder Schließungen ihrer Betriebe. Die Probleme kennen wir alle – sie sind beim Handwerk nicht anders als in anderen Bereichen der Wirtschaft –: hohe Strompreise, Inflation, Konsumzurückhaltung, steigende Zinsen, steigende Sozialversicherungsbeiträge, zu hohe Belastungen, Fachkräftemangel. Bevor jetzt der Vorwurf kommt: Das ist natürlich kein Schlechtreden der Wirtschaft in Deutschland; das ist die Realität. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau das, was das Handwerk selbst sagt, was Sie aber nicht hören wollen. Das ist die reale Situation derzeit. Sprechen Sie mal mit den Handwerkern! Sie erwarten von Ihnen leider nicht mehr besonders viel. Sie wollen nur noch von Ihnen in Ruhe gelassen werden – in Ruhe arbeiten ohne neue Vorschriften, die das Handwerk weiter belasten. Liebe Ampel, es gibt ja in Deutschland, wenn man besonders erfolgreich arbeitet, die bekannte positive Redewendung: Die verstehen ihr Handwerk. – Diesen Satz hört man über Sie in Deutschland zurzeit nirgendwo. Vielen Dank.