Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es stehen Landtagswahlen an, und die Union beschert uns eine Debatte zum Wolf mit viel Emotion und einer einzigen Idee, was man tun könnte, nämlich schießen. Ach, wäre die Welt doch so einfach! Ich selber komme aus einer Region, in der Beweidung großartige Kulturlandschaften und wertvolle Ökosysteme erschaffen hat. Die Almen wären keine Heimat für Schmetterlinge und Orchideen und wären nicht für Touristen attraktiv ohne die Rinder, die dort leben. Wölfe, die Weidetiere reißen, sind ein Problem. Und wir müssen Lösungen für diesen Konflikt finden. Der Antrag der Union ist voller Vorschläge, die zwar alt sind, aber trotzdem nicht gescheit durchdacht. Die ewige Diskussion um das Jagdrecht und die ständigen Angriffe auf das Naturschutzrecht bringen uns echt nicht weiter. Weiter bringt uns die Arbeit von Umweltministerin Lemke, die mit den Betroffenen im Dialog ist, auch mit den Ländern, um Bürokratie abzubauen und praxisnah an Lösungen zu arbeiten. – Ja, da wird gebrüllt, da wird gearbeitet. So. Wie schlecht Ihr Antrag ist, merkt man auch daran, dass Sie unter Punkt 7 die Umstufung des Wolfs von Anhang IV nach Anhang V der FFH-Richtlinie fordern. Ich habe vor fünf Stunden das letzte Mal nachgeschaut: Der Wolf ist in beiden Anhängen. Das heißt übersetzt aus dem Verwaltungsdeutsch: Der Wolf steht unter strengem Schutz, aber wir können Probleme mit Wölfen notfalls auch mit Gewehren lösen. Schießen allein bringt aber nichts. In Frankreich gibt es heute weniger Wölfe auf mehr Fläche als in Deutschland. Sie werden dort bejagt, und trotzdem gibt es mehr Risse von Weidetieren durch Wölfe. Am Herdenschutz führt kein Weg vorbei. Und wer das völlig ignoriert, so wie Sie in Ihrem Antrag, der ignoriert auch einen Teil der Realität der Weidehaltung. Und ja, ich kann riesige Almflächen im Gebirge mit brummendem Tourismus kaum wolfssicher einzäunen. Aber auch dafür gibt es Lösungen im bestehenden Naturschutzrecht. Die Behörden vor Ort können Abwägungen zwischen verschiedenen Schutzgütern und geschützten Arten treffen. Dann gehört dazu noch die Prüfung, ob denn wirklich keine Alternative, kein Herdenschutz möglich ist. Und dann kann man notfalls die Wölfe, schon bevor Probleme auftreten, zum Abschuss freigeben. Aber wer diesen Weg geht, der muss zugeben, dass Herdenschutz in nahezu allen Regionen des Landes ein Teil der Lösung ist. Wir kriegen keine Lösung hin, ohne Emotionen aus dieser Debatte herauszunehmen. Solange jede einzelne Wolfsichtung bei einigen sofort „Schießen, schießen, schießen!“ auslöst, kommen wir keinen Schritt weiter. Die Kehrseite der Medaille ist doch, dass jede Wolfsabschussgenehmigung Dutzende Male, teilweise 250-mal, beklagt wird. Wir müssen die Emotionen aus dieser Debatte herausnehmen. Eine ernsthafte Suche nach Lösungen setzt voraus, dass wir sagen: Deutschland ist ein Wolfsland. Und in einem Wolfsland können Wölfe auch geschossen werden, um Weidetiere zu schützen. Ich habe, ehrlich gesagt, das Gefühl, dass Sie gar nicht wollen, dass wir Emotionen aus der Debatte herausnehmen und inhaltlich weiterkommen. Ihnen ist es lieber, dass wir hier vor den Landtagswahlen noch ein bisschen was hochkochen lassen. – Sie haben auch keine Antwort. Sie haben gar keine Antwort. Sie schreien nur zum x-ten Mal. Sie sind doch froh, dass es hier nur um Gebrüll geht und nicht um Lösungen.