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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Norbert Kleinwächter hat hier nach dem SGB XIV gefragt und danach, wo es genau hinführt. Ich muss Ihnen mal eines ganz klar sagen: In Hanau hat ein Rechtsextremist neun Menschen erschossen. Dadurch wurden viele Menschen traumatisiert. Wir müssen uns um diese Opfer kümmern, diesen rechten Terror in Deutschland.
Und einen grünen Kommunalpolitiker!)
Dementsprechend haben wir das Opferentschädigungsgesetz und das SGB XIV reformiert, Herr Kleinwächter.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Opfer von Terror und Gewalt jeglicher Form haben furchtbares Leid erlitten. Gewalttaten und sonstige Misshandlungen lassen sich nicht rückgängig machen. Sie hinterlassen sichtbare, aber auch viele unsichtbare Spuren. Betroffene verdienen nicht nur unser volles Mitgefühl und unsere Solidarität, sondern auch unser aktives Vorgehen. Als Staat und als Gesellschaft ist es unsere Verantwortung, sie umgehend und angemessen zu unterstützen und zu entschädigen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dieser besonderen Verantwortung wird die Zusammenführung des sozialen Entschädigungsrechts in einem neuen, modernen SGB XIV gerecht. Das Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts wurde 2019 hier im Bundestag gemeinsam beschlossen. In Kraft tritt es am 1. Januar 2024. Vier Jahre haben die Länder Zeit, sich vorzubereiten und die Regelungen umzusetzen. Aufgrund tatsächlicher und rechtlicher Entwicklungen seit seiner Verabschiedung bis hin zum Inkrafttreten Anfang des nächsten Jahres sind gewisse Klarstellungen und Änderungen erforderlich. Gerade diese wollen wir mit dem Anpassungsgesetz regeln.
Zu den wichtigsten inhaltlichen Änderungen gehört Folgendes:
Der Zeitraum für die Übernahme von notwendigen Aufwendungen für Dolmetscher und Übersetzer bei psychotherapeutischen Leistungen wird zugunsten der Berechtigten von fünf auf zehn Jahre verlängert. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsmarkt werden um ein Budget für Ausbildung ergänzt. Leistungen zum Lebensunterhalt werden unpfändbar gestellt. Die Pflegekassen werden anstelle der Unfallkassen zuständig für die Pflegemittelversorgung. Zudem ist die Pflegekasse nun der Ansprechpartner von Berechtigten bei Pflegehilfsmitteln. Damit ist eine Verfahrensvereinfachung zu erwarten.
Zu den zentralen Verbesserungen des ursprünglichen Gesetzes. Das sind – erstens – mehr Transparenz und Rechtsklarheit. Das neue Soziale Entschädigungsrecht ist transparenter und schafft klare Strukturen. Für die Opfer wird es leichter, mögliche Ansprüche zu erkennen und schneller und zielgenauer geltend zu machen. Damit wollen wir vermeiden, dass es zu langen, bürokratischen Verfahren und zu Retraumatisierungen kommt; denn die sind ziemlich bitter.
Beifall bei der SPD sowie des Abg. Pascal Kober [FDP])
Zweitens ist die Erweiterung des Personenkreises zu nennen. Historisch war die Kriegsopferentschädigung der wesentliche Bestandteil des alten Opferentschädigungsgesetzes. Mit dem neuen SGB XIV sollen Kriegsopfer keinesfalls ausgeschlossen werden. Das Recht wird einfach auf die Höhe der Zeit gebracht, damit es der Lebenswirklichkeit bzw. heutigen Bedürfnissen entspricht. Damit können mehr Menschen entschädigt werden als bisher. Zu nennen sind ausdrücklich Opfer von Gewalt einschließlich Terroropfer und auch Opfer psychischer Gewalt und sexueller Gewalt; darunter fällt auch Gewalt gegen Frauen. Nicht zu vergessen sind außerdem Schockschadensopfer, also Menschen, die zwar nicht selbst attackiert wurden, aber die Tat miterleben mussten und ebenfalls traumatisiert worden sind.
Drittens: der erleichterte Zugang zu Traumaambulanzen; er wurde hier schon erwähnt.
Viertens: die Erhöhung von monatlichen, anrechnungsfreien Entschädigungsleistungen mit dem Wahlrecht zu einmaligen Abfindungen.
Fünftens: die Verbesserung der Teilhabeleistungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Welt frei von Gewalt und Terror ist wünschenswert, aber leider fern der Realität. Gerade deswegen müssen wir als Staat und Gesellschaft sicherstellen, dass Leidtragende unterstützt werden, damit sie ihre Wunden überwinden und einen Weg in den stabilen Alltag und zur vollen sozialen Integration in die Gesellschaft finden. Vor diesem Hintergrund können wir stolz sein, dass ab 2024 in Deutschland ein einheitliches, modernes, umfassendes Soziales Entschädigungsrecht in Kraft tritt. Mit dem vorliegenden Anpassungsgesetz und dem SGB XIV wollen wir genau das erreichen. Es geht insgesamt um die Eröffnung eines neuen Kapitels des Sozialgesetzes. Wir etablieren ein Unterstützungssystem, das Betroffene von Gewalt, Terror und Misshandlungen mit Respekt begegnet und den Rechtsstaat weiter stärkt.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Beratungen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächste Rednerin ist Mareike Lotte Wulf für die CDU/CSU-Fraktion.