Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass die Union ihrer Aufgabe als konstruktive Opposition mal nachkommt und jetzt einige Vorschläge mit dem Blick auf das Thema Migration eingebracht hat. Aber dass das Ganze aus meiner Sicht großspurig als „Deutschlandpakt“ eingetütet und verkauft wird, finde ich, ehrlich gesagt, ein bisschen kryptisch. Aber so ist das ja manchmal mit neuen Außenauftritten. Ich habe mir Ihren Antrag natürlich vor allem inhaltlich angeschaut. Da ist einiges drin, was ich okay finde, wo ich sage: Da müssen wir uns jetzt als Regierungsparteien geschlossen dahinterklemmen; mein Kollege Konstantin Kuhle hat das ja auch schon gesagt. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems muss geschlossen weiterbetrieben werden, und da hat unsere Innenministerin sehr gut vorgespurt. Die Rückführungen müssen in der Praxis besser umsetzbar gemacht werden. Dafür muss der Ausreisegewahrsam verlängert werden. Georgien und Moldau müssen zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden, und wir sollten überlegen, welche weiteren dazukommen können. Dann gibt es aber Punkte, da habe ich mir die Augen gerieben. Sie fordern mehr Migrationsabkommen als ein Mittel der Wahl. Ja, sehr richtig. Aber da muss ich mich schon fragen: Warum haben Sie dieses Instrument seinerzeit nicht selber konsequent angewendet? Neben einem Abkommen mit Guinea gibt es aus Ihrer Regierungszeit nichts. Wir sind da mit Indien, Georgien, Moldau und vielen weiteren in der Pipeline. Schon nach einem Jahr mit Joachim Stamp im Amt sind wir da sehr viel weiter, und das ist gut so. Und dann diese Spiegelfechterei mit diesen stationären Grenzkontrollen. Zwischen Bayern und Österreich gibt es im Moment Binnengrenzkontrollen. Aber wo bleibt die Reduktion der irregulären Migration in Bayern und vor allem auch der Asylanträge? In diesem Jahr gab es in Bayern über ein Viertel mehr Asylanträge als im Vorjahreszeitraum und über die Hälfte mehr Schlepperfälle. Dass aber viele der Menschen – übrigens vor allem Afghanen, die dann wieder nach Österreich gehen –, die an der Grenze zu Bayern abgewiesen werden, dann einfach über die Schweiz einreisen, sagen Sie nicht, und auch nicht, dass es völlig unmöglich und sinnlos ist, alle deutschen Grenzen stationär zu kontrollieren. Hören Sie in Bayern also mit Ihrem Sankt-Florians-Prinzip auf, und streuen Sie den Menschen keinen Sand in die Augen! In Ihrem Papier fehlt aber eins: Ich vermisse auch nur ein positives Wort zum Thema Arbeitseinwanderung und zum Thema Akzeptanz von Migration als Standortfaktor und als gesellschaftlicher Faktor für unser Land. Ich frage Sie: Wo ist die Volkspartei geblieben, die auch die bei uns lebenden und arbeitenden Menschen mit Migrationshintergrund vertritt? Wo ist die Partei mit Wirtschaftskompetenz geblieben, die verstanden hat, dass unsere Unternehmen Fachkräfte aus dem Ausland brauchen und auch wollen? Das ist doch peinlich! Aber es fehlt noch mehr. Sie sagen nicht, dass auch die Länder in der Pflicht sind und einen Beitrag leisten können – wohlgemerkt: auch die unionsgeführten Länder –, dass die Länder ausreichend Personal und Ausreisegewahrsamsplätze bereitstellen müssen, dass es in den Ländern keine sinnfreien Abschiebestopps geben darf wie den mit der Winterpause hier im Land Berlin. Und Ihr Papier ist auch bemerkenswert einfallslos dahin gehend, was der Bund oder die EU noch machen könnten. Ich möchte jetzt nicht Ihren Job machen, aber hier noch ein paar Gedanken: Wir brauchen eine neue EU-Türkei-Vereinbarung. Wir müssen darüber reden, wie die Anerkennungspraktiken innerhalb der Europäischen Union angeglichen werden können, und auch darüber, wie lange es welche Art von Sozialleistungen für Geflüchtete gibt. Das muss angeglichen werden. Also: In Ihrem Papier gibt es einige Punkte, bei denen wir als FDP mitgehen können. Schön ist auch, dass Sie zugeben, dass es keine Generallösung gibt. Einiges in Ihrem Papier ist schief. Vieles, vieles fehlt. Das ist kein Deutschlandpakt. Aber lassen Sie uns gerne im Innenausschuss weiter darüber diskutieren und gemeinsam nach Lösungen suchen. Vielen Dank.