Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach der gestrigen und während der heutigen Debatte zum selben Thema ist mir einmal mehr klar geworden: Wir haben tatsächlich unterschiedliche Analysen der Lage und kommen daher zu anderen Schlussfolgerungen, wie wir den immensen Herausforderungen gerecht werden, gerade in Zeiten von Kriegen und Krisen. Wir sind tatsächlich der Überzeugung, dass Ihre Politik der Abschottung oder Begrenzung zu mehr Chaos und Leid führt und infolgedessen rechtsextreme und rechte Regierungen Auftrieb erhalten. Beispielhaft – das ist auch von der Union schon angesprochen worden – möchte ich eben Italien nennen, wo nun die Postfaschistinnen und Postfaschisten diese Politik auf die Spitze treiben – jene Postfaschisten, denen Ihre Schwesterpartei Forza Italia den Weg an die Macht bereitet hat. Meine Damen und Herren, wir sind außerdem der Überzeugung, dass es Ihnen an Respekt und Redlichkeit gegenüber geflüchteten Menschen fehlt, dass diskreditiert wird, wo Empathie gezeigt werden sollte. Schutzsuchenden wird permanent und zum wiederholten Male – auch in Ihren Anträgen, Herr Frei – pauschal in Abrede gestellt, dass Sie aus Gründen von Krieg und Verfolgung kommen. Ich wünschte, dass die Zuschauer einmal in den Antrag hineingucken könnten. In Ihrem Antrag wird mit keinem Wort erwähnt, dass über 70 Prozent aller Geflüchteten aus Kriegs- und Krisenländern zu uns kommen: Syrien, Afghanistan, Iran, Somalia, Eritrea, Verfolgte aus der Türkei und Jesidinnen und Jesiden aus dem Irak. Entsprechend hoch, meine Damen und Herren, ist die Schutzquote in Deutschland. Das findet keine Erwähnung in Ihrem Antrag. Warum eigentlich nicht? Ich möchte an dieser Stelle noch etwas betonen. Die Zahl derjenigen Menschen, die sich irregulär in Deutschland aufhalten – Frau Ministerin, Sie haben es gegenüber der CDU korrigiert –, beläuft sich derzeit auf rund 56 000 Menschen. Das ist der Stand von Dezember 2022. Hierbei handelt es sich um dokumentierte ausreisepflichtige Personen, also abgelehnte Asylbewerber/-innen, aber auch ausländische Studierende, Arbeitnehmer/-innen und Tourist/-innen, deren Visum abgelaufen ist. Meine Damen und Herren, diese Zahl der irregulären Migranten ist nicht zu verwechseln – wie die Union es ständig tut – mit der Zahl der unerlaubt eingereisten Personen. Es ist ganz wichtig, dass wir die Fakten auseinanderhalten. Denn alle Personen, die ohne gültiges Visum oder Aufenthaltstitel nach Deutschland einreisen – in der Regel im Übrigen Geflüchtete, weil sie in Kriegsländern keinen Visaantrag stellen können –, gelten zunächst als „unerlaubt eingereist“. Sobald aber eine Person in Deutschland einen Asylantrag stellt, ist diese Person eben nicht mehr unerlaubt eingereist, das Verfahren wird eingestellt, sie bekommt eine Aufenthaltsgestattung und ist somit legal in Deutschland. Und diese Zahl wird leider nie erwähnt, liebe Union. Warum eigentlich nicht? Nein. Herr Hoffmann hat mich in seinen Wahlkreis eingeladen, damit wir mal debattieren können, und das bisher noch nicht eingelöst. Ich möchte gerne im Zusammenhang ausführen, Herr Hoffmann. Eine Abschottungsstrategie ist eben keine Lösung. Wir sehen es in Italien, wir sehen es in Griechenland. Sie nimmt lebensbedrohliche Situationen von Menschen billigend in Kauf. Die Diffamierung, die Stigmatisierung und die Kriminalisierung von Schutzbedürftigen hat mit Humanität nichts zu tun. Das ist tatsächlich unverantwortliche Politik – Politik, die in Zeiten wie diesen spaltet, wo sie integrieren sollte, meine Damen und Herren. Diese Koalition setzt sich deshalb für Steuerung ein. Ein Beispiel dafür ist, sichere Fluchtrouten zu schaffen. Deshalb setzen wir auf humanitäre Aufnahmeprogramme, auch national. Eines der erfolgreichsten war ein Programm unter Ihrer Regierung, meine Damen und Herren. Davon profitieren nämlich vor allem Schutzbedürftige. Wer den Zugang zu Integrationssprachkursen von Anfang an bekommt, kann unsere Sprache doch schneller lernen. Wer keinem Arbeitsverbot unterliegt, kann sein Leben selbstbestimmt gestalten und unserer Gesellschaft etwas zurückgeben. Warum finden wir davon nichts in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren? Meine Damen und Herren, in dieser Debatte fehlt es an einem gesamtstaatlichen Bekenntnis, das für alle Geflüchteten gleichermaßen gilt. Ich möchte noch sagen: Die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände, die NGOs, die Gewerkschaften, alle, die an der Integration mitwirken, sind gegen Ihre Maßnahmen. Sie sind für eine Integrationsoffensive, die den Lebensrealitäten gerecht wird, von der wir alle profitieren, sei es mit Investitionen in Kitas oder in den Wohnungsmarkt. Das sollte die Antwort sein. Deshalb freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss. Herzlichen Dank.