Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss ein bisschen auf meine Vorrednerinnen reagieren. Frau Gerlach, der Basketballvergleich hinkt tatsächlich massiv; denn beim Basketball hat man Regeln. Und was wir im Föderalismus gerade erleben, ist, dass sich die Bundesländer nicht an die Regeln halten.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das wäre gut; denn dann könnten wir mal Standards durchsetzen. Wir erleben gerade, dass alle Bundesländer und Kommunen zugestimmt haben, die BundID zu verwenden. Und was macht Bayern? Wieder was Eigenes. – Das ist ein so was von hinkender Vergleich.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dann gehe ich auch noch gerne auf Frau Kreiser ein; wir sind ja gute Freunde, was das angeht. Sie erwähnen immer Helmut Schmidt; ich erwähne immer Hans-Dietrich Genscher. Vor 50 Jahren gab es die ersten Elektronengehirne in Deutschland, und die hat Hans-Dietrich Genscher in seinem damaligen Innenministerium eingeführt. Er hat sich damals davon auch schon eine Verschlankung der Verwaltung und eine höhere Qualität der Datenverarbeitung versprochen. Das ist auch noch immer unser Ideal; aber es hat schon ganz schön lange gedauert. Deswegen brauchen wir jetzt dieses Änderungsgesetz; denn wir müssen jetzt mal vorankommen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In den Verwaltungsstuben des Landes Bremen gibt es witzige Akronyme zum Thema OZG. Mein Liebling ist: Ohne Zettelwirtschaft geht’s nicht. – Das müssen wir ändern. Da ist was Wahres dran; aber wir müssen jetzt mal ein bisschen Fahrt aufnehmen.
Der aktuell vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes enthält bereits ein paar sehr, sehr gute Punkte. Dennoch wünschen auch wir uns, genau wie Misbah Khan gerade für die Grünen gesagt hat, etwas mehr Ambition und etwas mehr Konsequenzen. Sie hat gerade vom „Recht auf Digitalisierung“ geredet und in diesem Zusammenhang von verbindlichen Fristen, um auch die Kritik des Normenkontrollrates vorwegzunehmen. Da stehen wir auf der Seite der Digitalos der Grünen.
Beifall der Abg. Misbah Khan [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber der wesentliche Punkt ist das Thema „Standardisierung der Daten“. Wir müssen endlich wieder zu gemeinsamen Basketballregeln kommen, Frau Staatsministerin, und zur damit verbundenen Interoperabilität. Viele Kommunen haben bisher bestimmt sehr, sehr gute digitale Leistungen in der Verwaltung entwickelt. Doch die sind halt nicht kompatibel untereinander, nicht mal mit der Nachbarkommune. Das bedeutet: Wir brauchen beim OZG dringend einen offenen – und nicht bloß einen, wie im Text steht, veröffentlichten – Datenstandard. Und dieser muss für alle verbindlich sein: für die Kommunen, für die Länder und auch für den Bund. Denn nur offene Standards werden dabei helfen, die Antragsprozesse von Bürgerinnen und Bürgern über die verschiedenen Systeme hinweg voll automatisiert und durchweg digital und medienbruchfrei ablaufen zu lassen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich meine, wir kennen das doch: Eine Behörde stellt ein PDF online zur Verfügung, damit man es ausfüllen kann. Das ist Quatsch. Alles dahinter – das Backend – muss digital zusammenarbeiten. Und dafür sorgen wir mit diesem Änderungsgesetz.
Und wir gehen mit diesem Änderungsgesetz an den Föderalismus ran; denn im Rahmen der neuen OZG-Umsetzung wird als Erstes kritisch analysiert, welche Verwaltungsdienstleistungen eben nicht mehr von einzelnen Kommunen entwickelt und betrieben werden, sondern in der föderalen Struktur zentral angeboten werden können. Damit entlasten wir die Kommunen, damit schaffen wir Standardisierung, Nutzungsfreundlichkeit, weil alle Bürgerinnen und Bürger plötzlich wissen, wie einfach das ist. Bestes Beispiel ist die Kfz-Anmeldung, die seit einigen Wochen bundesweit online ist und die jeder nutzen kann. Das hat nicht irgendeine Kommune entwickelt, sondern alle Kommunen können es nutzen. Und da muss es hingehen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und gleichzeitig prüfen wir in Ergänzung dazu individuelle, dezentrale Lösungen, die über standardisierte Schnittstellen miteinander kommunizieren und damit schneller zum Ziel führen.
Wir haben auch unsere Multi-Cloud-Strategie nicht vergessen. Wir lassen in die Multi Cloud am Ende des Tages nur Daten rein, die standardisiert sind. Nur so können wir auf die Kommunen und Bundesländer einen gewissen Druck ausüben, diesem Standard zu folgen. Das ist der Plan.
Ich höre immer: Wir haben kein Geld für die Umsetzung der Digitalisierung der Verwaltung. – Die Wahrheit ist: Wir haben kein Finanzierungsproblem – das wissen Sie, auch Sie von der Union –, wir haben ein Umsetzungsproblem.
Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Das heißt, wir werden dafür sorgen, dass Finanzmittel nur dann zur Verfügung gestellt werden, wenn sie auch an entsprechende Vorgaben gekoppelt sind.
Dafür gibt es das OZG-Reifegradmodell: Je höher der Reifegrad einer Verwaltungsleistung, desto höher die Bezuschussung von Land und Bund. Ja, so einfach werden wir das regeln können. Und dann höre ich in Bremen in den Verwaltungsfluren vielleicht nicht mehr „OZG – Ohne Zettelwirtschaft geht’s nicht“, sondern vielleicht so was wie „OZG – Operation ziemlich gelungen“; das wäre ja mal ganz schön, auch der Mindset wäre dann ein anderer.
Also: Das hier ist nur der Anfang eines neuen OZG oder eines OZG 2.0. Aber mit diesem Änderungsgesetz kommen wir jetzt schon viel, viel weiter als unsere Vorgänger, die es in den letzten Dekaden nicht geschafft haben, bundesweit einen einheitlichen Standard zu setzen. Wir machen das jetzt – endlich!
Danke.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die Fraktion Die Linke erhält das Wort Anke Domscheit-Berg.
Beifall bei der LINKEN)