Tagesordnungspunkt:
Zwischenrufe:
1
Beifall:
7
„Die Stadt stinkt nach Tod.“ – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser drastischen Aussage wird von einer Hilfsorganisation in der libyschen Stadt Derna die Lage dort beschrieben. Es ist schon gesagt worden: Die Berichte und die Bilder der zerstörten Städte und Regionen machen uns alle betroffen, und ehrlicherweise kommen bei mir auch Erinnerungen an die Bilder aus dem Ahrtal hoch. Stellenweise ist in Libyen aber sogar dreimal so viel Regen gefallen wie im Ahrtal.
Allen Opfern und Überlebenden gilt unser Mitgefühl und Beileid. Aber damit ist es natürlich nicht getan; denn wie so oft kommt nach der Zerstörung die Seuche: kein sauberes Wasser, unzureichende medizinische Versorgung, zu wenig Lebensmittel. Die Folgekrankheiten breiten sich aus. Und als wäre das alles nicht genug – es ist schon angesprochen worden –: Es ist zudem davon auszugehen, dass manche Machthaber die Hilfsaktionen nach eigenem Interesse und nicht nach Notwendigkeit vor Ort steuern.
Ich möchte an dieser Stelle mal ein ganz herzliches Dankeschön unseren Helferinnen und Helfern vom Technischen Hilfswerk und auch vom Roten Kreuz sagen und ihnen für ihren großartigen Einsatz ausdrücklich danken.
Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich möchte diesen Dank aber auch mit einem Appell an die Koalitionsfraktionen verbinden, bei der Haushaltsberatung doch auch noch mal nachzudenken, ob tatsächlich gerade hier der Rotstift angesetzt werden muss.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte auch der GIZ danken, die ganz schnell reagiert hat und umgeschichtet hat; auch das BMZ hat schnell reagiert. Das ist meines Erachtens gut und richtig; denn gerade in Zeiten von Krieg, von Hunger, von Krise werden verzweifelte Menschen leider sehr leicht zu Opfern – zu Opfern von Plünderungen, von dubiosen Gruppierungen –, und auch die Staaten begeben sich in ihrer Not oftmals in Abhängigkeiten von fragwürdigen Despoten. Deswegen ist es gerade in diesen Zeiten wichtig, dass wir unsere Hilfe anbieten.
Dennoch muss ich auch hier sagen – es ist schon viel darüber gesprochen worden –: Das Thema „humanitäre Hilfe“ ist ein wichtiger Punkt. Deswegen appelliere ich auch hier noch mal an die Ampelfraktionen, doch noch mal nachzudenken, ob die Prioritätensetzungen im neuen Haushalt richtig sind und ob tatsächlich die drastischen Kürzungen im Bereich der humanitären Hilfe, im Bereich Wiederaufbau und Krisenbewältigung, im Bereich Infrastrukturaufbau angemessen sind, um Ihren Reden auch wirklich Taten folgen lassen zu können. Durch diese Mittelkürzungen sehe ich da eine große Gefahr. Von daher bitte ich Sie wirklich, da noch mal nachzusteuern.
Ich glaube, es ist aber auch wichtig, dass wir nüchtern analysieren, und zwar ohne Schaum vor dem Mund, was zu dieser Krise geführt hat. Da ist das Thema Korruption auch schon angesprochen worden. Es muss hinterfragt werden, wieso die Dämme nicht gewartet wurden, obwohl bereits 2012 die Gelder hierfür ausbezahlt wurden.
Wir müssen auch – das gehört ehrlicherweise zur Wahrheit dazu, und ich glaube, eine gute Freundschaft hält das auch aus – mit unseren französischen Freunden sprechen, was die Unterstützung des Generals Haftar betrifft. Ich glaube, dass es an der Zeit ist, dass Sie dieses Thema mit den französischen Freunden diskutieren, ob hier tatsächlich eine Unterstützung von Frankreich gerechtfertigt ist.
Beifall bei der CDU/CSU)
Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es meiner Meinung nach dringend an der Zeit, dass Sie kurz-, mittel- und langfristige Ziele für Nordafrika und den Nahen Osten definieren und auch eine echte Strategie entwickeln.
Meines Erachtens brauchen wir mit den dortigen Partnerstaaten dringend einen Pakt für Wiederaufbau der von Krieg und Krisen betroffenen Regionen. Wir brauchen einen gemeinsamen Plan für die Unterstützung der Staaten bei den unterschiedlichsten Themen – ob das Ernährung ist, Versorgung mit Trinkwasser, Gesundheitsversorgung, Strom etc. –, und natürlich muss auch eine Priorität auf der Korruptionsbekämpfung liegen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Vor allem aber muss meines Erachtens die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der MENA-Region massiv ausgeweitet werden. Die Menschen dort brauchen eine Perspektive. Eine MENA-Strategie ist dringend notwendig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie ermuntern, auch Marokko die Unterstützung anzubieten und sich noch mal selber zu hinterfragen, warum die angebotene Hilfe nicht abgerufen wurde, während andere Staaten helfen konnten, Großbritannien oder Spanien beispielsweise. Vielleicht ist hierbei auch die ideologiegetriebene Außenpolitik ein Punkt; das müsste man bitte mal ohne Schaum vorm Mund wirklich diskutieren.
Völkerrecht ist nicht wirklich ideologiegetrieben, ne?)
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Ich möchte dringend an die Bundesregierung appellieren: Schenken Sie insbesondere der MENA-Region mehr Aufmerksamkeit, als Sie das bisher getan haben!
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Bundesregierung hat das Wort die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Katja Keul.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)