Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie hätten mit diesem Regierungsentwurf die Chance gehabt, einen Haushalt vorzulegen, der den Schwerpunkt auf Wachstum setzt, auf Beschäftigung, darauf, der wirtschaftlichen Krise in diesem Land entgegenzuwirken. Genau diesen Schwerpunkt setzen Sie mit Ihrem Haushaltsentwurf nicht. Das haben wir diese Woche kritisiert, und das kritisieren wir auch heute. Sehr geehrter Herr Finanzminister, in Ihrer Rede zur Einbringung am Dienstag war die Problemanalyse ja in den weitesten Teilen richtig, und daraus folgend war auch die Schlussfolgerung richtig, dass es jetzt zu einer haushaltspolitischen Trendwende kommen müsste. Die Wahrheit ist eben nur, dass diese Trendwende nicht da ist. Das sieht man, wenn man in den Haushaltsentwurf reinblickt. Sie sagen zwar, Sie würden die Schuldenbremse einhalten, aber das stimmt nur für den Kernhaushalt, nicht aber für die Bundesfinanzen in Gänze. Sie haben nämlich in den Sondervermögen vorgesorgt und sie mit Kreditermächtigungen ausgestattet, die Sie auf die Jahre rückbuchen, als die Ausnahmeklausel der Schuldenbremse galt. Das haben wir damals schon kritisiert; das kritisieren wir heute, weil auch in diesem Haushaltsentwurf Ihre Politik schuldenfinanziert ist und schuldenfinanziert bleiben wird. Dabei geht es nicht um die Zahl der Sondervermögen, sondern in erster Linie um das Volumen der Sondervermögen. Und diese Volumina der Sondervermögen sind nun mal in den letzten zwei Jahren massiv angestiegen, um Vorrat zu schaffen, um Politik durch Schulden und damit von kommenden Generationen finanzieren zu lassen. Jetzt mag es richtig sein, dass die Schuldenstandsquoten absinken. Das Problem, das auf den Bundeshaushalt in Zukunft allerdings zukommen wird, ist, dass wir spätestens ab 2027, wenn die Tilgungsverpflichtungen der Sondervermögen einsetzen, bei allen kommenden Herausforderungen nach der aktuellen Wahlperiode im Bundeshaushalt massive Probleme bekommen werden, und zwar genau in der Zeit, in der es darum gehen wird, aufgrund des demografischen Wandels beispielsweise die Sozialversicherungen zu stabilisieren. Das ist eine Politik, die kommenden Generationen eine Hypothek hinterlässt. Sie sagen gleichzeitig, Sie wollen einen Kurswechsel, um die Inflation zu bekämpfen. Es ist kein Sparhaushalt, über den wir hier diskutieren; es ist ein Haushalt, der im Vergleich zu 2019, also dem letzten Vorkrisenhaushalt, aufwächst, und zwar nicht nur nominal, sondern real. Deswegen kann er natürlich am Ende expansiv wirken. Und es ist gleichzeitig ein Haushalt, in dem Sie die Gelegenheit auslassen, die Energiekosten tatsächlich zu senken und an das Thema Stromsteuer und das Thema Netzentgelte heranzugehen. Auch hier wäre die Möglichkeit da gewesen, im Haushaltsentwurf einen Schwerpunkt zu setzen. Herr Minister, es ist ein Regierungsentwurf – und das ist aus meiner Sicht das Schlimmste –, der Chancen verpasst. Wir haben trotz der konjunkturellen und wirtschaftlichen Lage doch ein unglaubliches Potenzial an wirtschaftlicher Entwicklung, an Innovation, an Dynamik in diesem Land. Wir haben doch dieses Potenzial. Die Aufgabe dieses Haushaltsentwurfs wäre, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dieses Potenzial heben, und zwar nicht nur bei den wenigen Großen, sondern in der Breite des Mittelstands, wo die Innovationstreiber unserer Volkswirtschaft sitzen. Es gilt, haushalterische Bedingungen zu schaffen, die Investitionen anregen und einen Turbo in diese Dynamik bringen, anstatt sich mit Subventionen auf wenige Große zu fokussieren. Wir brauchen einen Haushalt, der einen Wettbewerb der Ideen, einen Wettbewerb der Innovation unter den Unternehmen ermöglicht, und nicht einen Haushalt, der in einen Subventionswettlauf für wenige Große einsteigt. Aber genau das machen Sie in Ihrem Haushaltsentwurf. Deswegen, Herr Finanzminister, ist es ein Regierungsentwurf, der die tatsächliche haushalterische Lage verschleiert. Es ist ein Regierungsentwurf der verpassten politischen Chancen. Und es ist im Ergebnis wieder ein Regierungsentwurf, bei dem Sie Ihre heutige Politik von kommenden Generationen bezahlen lassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in den nächsten Wochen in den Haushaltsberatungen im Ausschuss einiges zu tun haben. Ich freue mich drauf! Vielen Dank.