Die Mittelkürzung beim Verwaltungs- und Eingliederungstitel läuft den mit der Bürgergeldreform verbundenen Bestrebungen glatt zuwider. Mehr und bessere Leistungen mit weniger Mitteln erbringen zu wollen, kann nicht funktionieren. Frau Präsidentin! Abgeordnete! Die Ampelkoalition hat in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik bisher zahlreiche Entlastungen auf den Weg gebracht. Wir haben die Erwerbsminderungsrenten und das Kindergeld angehoben, eine Wohngeldreform auf den Weg gebracht, uns auf die Kindergrundsicherung verständigt und Hartz IV zum Bürgergeld weiterentwickelt. Ziel war es, mit dem Bürgergeld die Integration in Arbeit zu verbessern und das Existenzminimum besser abzusichern. Deswegen haben wir vereinbart, im Zuge der Reform die Regelsätze schneller an die Preisentwicklung anzupassen. Das wirkt sich nun positiv auf die Höhe des Bürgergeldes aus. Ausschlaggebend dafür ist, wie sich die Inflation bei Dingen des täglichen Bedarfs entwickelt hat, und genau bei diesen Gütern, bei Nahrungsmitteln vor allem, war die Inflation besonders hoch. Dem trägt die Anhebung der Regelsätze jetzt Rechnung. Gibt es zu dieser Anhebung eine Alternative? Nein, gibt es nicht; jedenfalls nicht, wenn man die Vorgaben des Verfassungsgerichts ernst nimmt. Und was machen nun Sie von der Union? Sie kritisieren öffentlich, dass die Erhöhung der Regelsätze zu hoch sei, und schwadronieren, dass sich Arbeit nicht mehr lohnen würde. Sie versuchen, zulasten der Bürgergeldbeziehenden Stimmung zu machen und Geringverdienende gegen Bürgergeldempfänger/-innen auszuspielen. Dabei haben Sie die neue Berechnungsweise selbst mit beschlossen, mit Ihren Stimmen im Bundestag und im Bundesrat. Möglicherweise haben Sie nicht verstanden, was Sie da beschließen; das wäre dann dumm gelaufen. Wenn Sie aber wussten, was Sie da tun, dann ist es umso übler, dagegen jetzt zu polemisieren. Wenn Ihnen das Lohnabstandsgebot allerdings wirklich so wichtig ist, dann wäre Protest überfällig gewesen, als die Mindestlohnkommission mit den Stimmen der Arbeitgebervertreter und der neuen Vorsitzenden den bisher verfolgten, auf Konsensfindung bedachten Weg verlassen hat und 6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Niedriglohnbereich für die nächsten zweieinhalb Jahre massiven Reallohnverlust verordnet hat; Reallohnverlust und eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. Das ist unerträglich, weil nicht hinzunehmen ist, dass der Mindestlohn auf Armutslohnniveau zurückfällt. Ich lade Sie ein, mit uns zusammen das Mindestlohngesetz dahin gehend zu ändern, dass, wie in der Europäischen Union empfohlen, bei der Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns stets mindestens 60 Prozent des Medianlohns sichergestellt sein müssen. Damit können wir verhindern, dass der Mindestlohn in die Nähe der Armutsschwelle fällt, aus der wir die Löhne ja gerade mit der Einführung des Mindestlohns herausführen wollten, und trägt dem Rechnung, was 80 bis 85 Prozent der Bevölkerung für zutiefst richtig und moralisch geboten halten, nämlich dass Arbeit nicht arm machen und nicht entwürdigen darf. Ja, Arbeit darf nicht arm machen und nicht entwürdigen. Beweisen Sie, dass Sie dieses Anliegen teilen, und zeigen Sie, dass es Ihnen nicht eigentlich darum geht, die Regelsätze im Bürgergeld möglichst zu deckeln, damit es anschließend leichter wird, auch die Löhne nach unten drücken zu können. Höhere Löhne würden im Übrigen auch zu höheren Einnahmen in den Sozialversicherungen und im Staatshaushalt führen. Damit bin ich beim Haushaltsentwurf für das kommende Jahr und beim Einzelplan 11. Neben der Mittelausstattung für Sprachkurse weist dieser Entwurf zwei Punkte auf, bei denen wir noch mal genauer hinschauen müssen. Das betrifft die Kürzungen bei Eingliederungs- und bei Verwaltungstiteln im SGB II und betrifft den Rechtskreiswechsel bei den aktiven Leistungen für junge Menschen unter 25 Jahren in das SGB III. In Wirklichkeit bräuchten Jobcenter nicht weniger, sondern mehr finanzielle Mittel, wollen wir auf Dauer vermeiden, dass sich Teile der Gesellschaft als beruflich chancenlos und abgehängt wahrnehmen und betrachten. Die Kürzung ignoriert zudem den Umstand, dass sich die Zahl der Leistungsberechtigten in 2022 infolge des Rechtskreiswechsels der ukrainischen Geflüchteten vielerorts um bis zu 20 Prozent erhöht hat; ebenso wie Sie den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst und die damit einhergehende deutliche Lohnkostensteigerung ausblenden. Das geht so nicht! Was den Rechtskreiswechsel bei den unter 25-Jährigen betrifft, da suggeriert die Verlagerung auf dem Papier einen einfachen Zuständigkeitswechsel, tatsächlich aber laufen wir Gefahr, eine Lücke ins soziale Beratungs- und Betreuungsnetz zu reißen. Was da vorgeschlagen wird, verkennt den erheblichen Stabilisierungs- und Beratungsbedarf der aktuell nach SGB II betreuten jungen Menschen. Statt Leistung aus einer Hand zu bieten, würde mehr Bürokratie geschaffen, droht der ganzheitliche Betreuungsansatz verloren zu gehen und die Bürgergeldreform damit konterkariert zu werden. Verlierer wären die Jugendlichen. Das aber – und damit komme ich zum Schluss – können wir nicht wirklich wollen.