Rede von Josef Rief in 119. Sitzung
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Als wir im vergangenen Jahr über den Agrarhaushalt sprachen, habe ich an dieser Stelle gesagt, dass Sie von den Landwirten fordern, einen Porsche zu erzeugen, aber dafür nur ein Mofa bezahlen wollen. Nach diesem Haushaltsentwurf muss man leider feststellen, dass Sie weiterhin wollen, dass man die Bauern einen Porsche produzieren lässt, Sie aber den Bauern das Mofa auch noch wegnehmen.
Mit 5,8 Prozent Kürzungen trifft es den Einzelplan des Landwirtschaftsministeriums überproportional. Nicht erst jetzt entsteht der Eindruck, dass Ihnen und damit der ganzen Bundesregierung das Thema „ländlicher Raum und Ernährung“ ziemlich egal ist. Und: Die Bauern sollen ein Sonderopfer bringen.
Nach Ihren Ankündigungen beim Bauerntag hätte man denken können: Da kämpft einer für den ländlichen Raum und setzt sich gegenüber dem Finanzminister durch, der logischerweise nach Geld sucht. Als der Haushalt aber dann auf dem Tisch lag, war klar: Die Kürzungen kommen trotz der guten Worte in voller Höhe. Wie meine Kollegen schon gesagt haben: Allein für den ländlichen Raum fehlen knapp 300 Millionen Euro. Die GAP ist aber für unsere Regionen mit der Kofinanzierung durch die Länder und EU-Mittel das größte und wirksamste Förderinstrument. Die Kürzungen kommen nahezu in jeder Gemeinde an. Am Ende zeigt es die Konzentration dieser Bundesregierung auf die Ballungsräume und die Vernachlässigung der Menschen auf dem Lande.
Beifall bei der CDU/CSU)
Gleichwertige Lebensverhältnisse schafft die Ampel so nicht; das sagen nicht nur wir, sondern sogar die grünen Agrarminister der Länder.
Durchs Wiederholen wird es nicht richtiger!)
Auch bei der Auszahlung der Bauernmilliarde hängen Sie hinterher. Wir haben den Landwirten versprochen, sie bei der Anschaffung moderner, umweltfreundlicher Maschinen zu unterstützen, etwa zur Ausbringung von Wirtschaftsdünger. Hier sind erst 445 Millionen Euro ausgezahlt. Nur jeder zweite Antrag kommt zum Zuge. Was machen Sie? Sie kürzen auch hier die Mittel um ein Viertel.
Für das Tierwohl ist dieser Haushalt eine Bankrotterklärung; vollmundige Versprechen von 1 Milliarde Euro über vier Jahre, zuletzt wieder in der „Tagesschau“ vergangenen Freitag.
Lügen haben kurze Beine!)
Wir haben geglaubt, dass zum Umbau der Tierhaltung wenigstens im kommenden Jahr 250 Millionen Euro im Finanzplan vorgesehen sind. Dagegen bleibt es aber bei den dürftigen 150 Millionen Euro. Wer hat nun recht? Der Minister oder der Haushaltsplan?
Die FDP!
Der war gut!)
Auch darf man gespannt sein, ob wir die in 2023 nicht ausgeschöpften Mittel nächstes Jahr wiedersehen werden oder ob der Finanzminister sie zurückhaben will, wenn das Programm nicht vor dem 1. Januar 2024 ordentlich beginnen kann.
Das ist doch Quatsch!)
Alles in allem sind wir weit entfernt von den 4 Milliarden Euro jährlich, die die Borchert-Kommission vorgeschlagen hat. Selbst mit gutem Willen sind die 100 Millionen Euro im Jahr für den Umbau von Ställen für die Schweine nicht als Anfang zu bezeichnen. Sie sind ein Witz, wenn man bedenkt, was Stallplätze heute kosten.
Beifall bei der CDU/CSU -Dr. Anne Monika Spallek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit hätte man schon längst fertig sein können!)
Die Folge ist: Kaum ein Landwirt wird zum Zuge kommen und seinen Stall umbauen. In dem Tempo brauchen wir Jahrzehnte,
Früher wäre es günstiger gewesen! Hätte man das eher gemacht!)
um den größten Teil der Ställe umzubauen. Damit ist dieses Projekt gescheitert. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die renommierte Borchert-Kommission ihren Namen für eine solche Politik nicht hergeben wollte und enttäuscht hingeworfen hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen, das alles hilft den Tieren nicht, schadet dem Landwirtschaftsstandort, und am Ende ruiniert es bäuerliche Familienbetriebe.
Beifall bei der CDU/CSU)
Denn das verpflichtende Tierwohllabel gilt nur für deutsches Fleisch. Zwar sollen die ausländischen Erzeuger freiwillig mitmachen können,
Ihr wolltet das doch auch? Sie haben das in acht Jahren nicht geschafft!)
das ist jedoch völlig unrealistisch. Der preisbewusste Verbraucher wird gerade angesichts des aktuellen Preisanstiegs zum ausländischen Billigfleisch greifen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nicht ohne Grund rollt eine Ausstiegswelle durchs Land. Die Aufgabe der tierhaltenden Familienbetriebe nimmt lawinenartig zu. Aber aus Sicht des Ministers und seiner Partei ist das gut: Weniger Schweine in Deutschland, umso besser; die Tierwohlstandards im Ausland, wo dann unser Fleisch produziert wird, sind ja nicht unser Problem. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist keine seriöse oder nachhaltige Politik; das ist schon Zynismus.
Sehr geehrter Herr Minister, die Menschen auf dem Land und unsere Bäuerinnen und Bauern sind auf eine gute Politik angewiesen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich reinhängen und nicht nur schöne Worte von sich geben und bereits mit dem nächsten Amt liebäugeln. Der ländliche Raum kann sich eine solche Politik nicht noch zwei weitere Jahre leisten. Wenn Anspruch und Wirklichkeit weiter so auseinanderdriften, wird das politisch verheerende Folgen für die ländlichen Räume haben. Das gilt es zu verhindern.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Rief. – Nächster Redner ist der Kollege Johannes Schätzl, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)