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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Debatte zum Einzelplan 06 einmal aus Haushälterperspektive: Der Finanzminister hat gesagt, dass er für den Haushalt 2024 das Vorkrisenjahr 2019 als Referenz sieht. Problem bei der Sache: Der Anteil der inneren Sicherheit am Gesamthaushalt ist in diesem Entwurf für 2024 kleiner als 2019, und das trotz der ganzen Krisen und schwierigen Situationen, die seitdem eingetreten sind. Das wird der Sicherheitslage 2024 nun überhaupt nicht gerecht. Das werden wir ändern.
Beifall bei der CDU/CSU)
Häufig loben die Regierungskoalitionen einen Einzelplan ja nur, weil er aufwächst. Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen: Der wächst dieses Mal ab um 190 Millionen Euro. Also ist das kein guter Haushalt in diesem Einzelplan. – Das wäre aber zu einfach. Deshalb im Einzelnen:
Zunächst einmal eine Kritik, Frau Ministerin, am Verfahren – dazu habe ich heute noch gar nichts gehört –, damit Sie es noch mal an dieser Stelle hören: Nach etlichen Jahren haben wir dieses Jahr das erste Mal keine Eckpunkte zum Haushalt vorgelegt bekommen, wie sonst eigentlich üblich. Alle stocherten im Nebel. Dann brauchten Sie sehr, sehr lange, um sich auf einen Regierungsentwurf für das kommende Jahr zu einigen. Eigentlich ist es guter Brauch, dass im Laufe der Sommerpause die Berichterstatter im Haushaltsausschuss mit ausführlichen Erläuterungen versorgt werden, damit sie sehen können, was genau sich hinter den Zahlen verbirgt, und man sich darauf vorbereiten kann und um das Ganze genauer zu verstehen. Das ist kein Selbstzweck, sondern eigentlich die Grundvoraussetzung, um das Königsrecht des Parlaments, das Haushaltsrecht, auszuüben. Schon letztes Jahr kamen die Erläuterungen aus dem BMI arg knapp, aber es war immerhin noch eine Woche vor der Beratung. Dieses Jahr kamen sie genau 40 Minuten vor der Beratung. Jetzt sehen Sie es mir nach, dass ich nicht alle 333 Seiten in dieser Zeit ausführlich durcharbeiten konnte. Aber ernsthaft, für das nächste Haushaltsverfahren würde ich mir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wünschen, ein Verfahren, das sicherstellt, dass sich auch die Oppositionsabgeordneten auf diese Beratung vorbereiten können. Wenn Sie diese Anregung bitte mitnehmen!
Beifall bei der CDU/CSU)
Denn: Sie müssen verstehen, wir werden da skeptisch. Das reiht sich nämlich in verschiedene Verhaltensweisen der Regierung ein, wie man bewusst oder unbewusst – ich kann das nicht beurteilen – mit dem Parlament und den Abgeordneten verfährt. Das müssen Sie sich schon vorhalten lassen. Da müssen wir einfach besser werden. Dann wird das Klima in diesen Debatten, glaube ich, auch wieder besser.
Aber jetzt zum Inhalt. Das Innenministerium ist wesentlich zuständig für die innere Sicherheit, die Digitalisierung und die Modernisierung der Verwaltung, die Integration, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Sport. Aber der Begriff „Zeitenwende“ ist, wenn wir ehrlich sind, hier zur Worthülse verkommen. Wo sind die Taten in diesem Einzelplan, die auf dieses Wort folgen müssten? Die Ampelwunschprojekte aus anderen Einzelplänen dürfen doch nicht ernsthaft zulasten der inneren Sicherheit gehen. Diese Politik können wir uns nicht mehr leisten. Die Lage ist viel zu ernst. Das sieht offensichtlich auch die Bevölkerung so.
Beifall bei der CDU/CSU)
Setzen Sie Prioritäten nach den objektiven Notwendigkeiten in unserem Land! Neben Wachstum und Beschäftigung zur Stärkung der Wirtschaft sind es sicherlich auch die äußere und die innere Sicherheit.
Beispielhaft möchte ich den Katastrophenschutz herauspicken. Ich kann mich noch gut an die Debatten in den letzten Monaten und Jahren erinnern. Die Bedeutung von THW und BBK, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, wurde parteiübergreifend immer herausgehoben. Doch, ehrlich gesagt, kaum ist die Ahrtal-Katastrophe nicht mehr omnipräsent, kaum sind die Bilder der Zeltstädte an den Bahnhöfen zur Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine aus dem öffentlichen Bild verschwunden, schon wird der Rotstift angesetzt. Was ist das für ein Signal! Selbst wenn es die auslaufenden Konjunkturmittel in Ihrem Einzelplan sind, was ich ja nicht weiß, ist das kurzsichtig und fahrlässig. Die Sicherheitslage hat sich doch nicht grundlegend verbessert. Dieses Verdrängen und Vergessen von schwierigen Situationen, diese Krisen-Demenz wird uns wieder einholen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich erinnere nur kursorisch an die letzten Monate. September 2022: Sprengung von Nord Stream 2; Oktober 2022: Bahnchaos in Norddeutschland, weil Kabel durchtrennt und geklaut wurden; April 2023: Festnahme von Islamisten in Hamburg; Juli 2023: In NRW und Niedersachsen wurde eine Terrorzelle des IS festgenommen. Und dazu kommen etliche Überschwemmungen und Waldbrände, insbesondere in Europa. Uns allen machen, glaube ich, aktuell die schrecklichen Bilder aus Südosteuropa und teilweise auch bei uns im Land zu schaffen. Wir wollen und müssen doch die Resilienz in diesem Land bei den Menschen, bei der Gesellschaft stärken. Dafür werden wir uns einsetzen. Ihre Reaktion im Haushalt: minus 50 Millionen Euro beim BBK und noch mal minus 42 Millionen Euro beim THW. Das sollte dringend geändert werden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Gerade das BBK und das THW sind doch die zwei von mehreren wichtigen Partnern bei der Prävention und Bewältigung derartig schwieriger Krisensituationen.
Leider setzt sich Ihr Denkmuster durch mehrere Sicherheitsbehörden fort. Bundeskriminalamt, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Bundesamt für Verfassungsschutz, Zentrale Stelle für die Informationstechnik im Sicherheitsbereich: Überall verzeichnen wir im Entwurf Kürzungen.
Bei der Bundespolizei, zugegebenermaßen, gibt es Erhöhungen, insbesondere beim Personal, und das ist auch gut so. Das haben Sie auch herausgestellt. Nur die daraus zwingend notwendige Erhöhung der Mittel für Anschaffungen und Ausrüstung erfolgt nicht. Das ist widersprüchlich. Für die Digitalisierung reicht das Geld bei Weitem nicht. Das sage nicht ich, sondern die Gewerkschaft der Polizei. Und sie sagt deutlich, dass eine Korrektur notwendig sei – Zitat –, um die Aufgabenwahrnehmung nach dem Bundespolizeigesetz und damit die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht zu gefährden. – Starke Worte!
Kommen wir nun zum Sport. Über die Ergebnisse der Profifußballerinnen und Profifußballer brauchen wir nicht zu reden. Aber die Leichtathletik-WM vor wenigen Tagen in Ungarn reiht sich leider in diese Serie ein: null Medaillen für Deutschland. Es ist doch ganz offensichtlich, dass der Leistungsgedanke in unserer Gesellschaft und bei der Spitzensportförderung noch mal thematisiert werden muss. Wir müssen dringend weiter handeln. Schließlich stehen im nächsten Jahr, wie schon angesprochen, die Olympischen Spiele in Paris vor der Tür.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dem Sport „für das Olympische Jahr 2024 die Mittel kürzen zu wollen, sendet das völlig falsche Signal an alle Athlet*innen, Trainer*innen und Unterstützer*innen des Sports.“ – Das sage nicht ich, sondern das sagt der Deutsche Olympische Sportbund. Dessen sollten wir uns bewusst sein, zumal es um überschaubare Summen mit sehr großer Wirkung geht.
Sehr geehrte Frau Ministerin, aus meiner Sicht setzen Sie falsche Prioritäten. Pflicht vor Kür! Und: Beachten Sie die Effektivität von Maßnahmen! Das wären zwei Leitplanken für den Haushalt. Dann wären auch die hier erforderlichen Mehrausgaben, die ich angedeutet habe, finanzierbar.
Ich kann den Kollegen Martin Gerster beruhigen. Da wir die Erläuterungen nicht hatten und da du unsere Vorgehensweise und mich kennst: Wir werden im Laufe der parlamentarischen Beratungen natürlich Änderungsanträge vorlegen. Die werden natürlich auch finanziert sein. Da können Sie sicher sein.
Noch eine gute Nachricht zum Schluss. Der Regierungsentwurf ist halt ein Entwurf. Deswegen haben wir die Chance, ihn zu ändern und aus unserer Sicht deutlich zu verbessern. Dafür sind die nächsten Wochen und Monate geeignet.
Vielen Dank fürs freundliche Zuhören.
Beifall bei der CDU/CSU)