Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeitsfähigkeit der Justiz in Bezug auf Qualität und Geschwindigkeit zu gewährleisten, gehört zu den großen Herausforderungen in der Rechtspolitik. Bereits jetzt fehlen 1 500 Richter und Staatsanwälte. Bis ins Jahr 2030 werden weitere 10 000 Stellen frei werden. Die Komplexität und die Dauer der Verfahren nehmen zu, sodass die Entlastungswirkungen der geschaffenen Stellen bereits beinahe konsumiert sind. Nach einer Allensbach-Umfrage sagen bis zu 75 Prozent der Menschen in Deutschland: Das Vertrauen in die Justiz leidet, weil die Verfahren so lange dauern. Auch der Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission hat Besoldung, aber auch Verfahrenslänge und Personalbesetzung angesprochen. Es muss deswegen eine gemeinsame Kraftanstrengung in der Rechtspolitik geben, dass der Pakt für den Rechtsstaat verstetigt und fortgeführt wird. Es liegt im Interesse von uns allen, dass die Justiz in den nächsten Jahrzehnten handlungsfähig bleibt, meine Damen und Herren. Die 50 Millionen Euro für den digitalen Rechtsstaat werden nicht ausreichen. Die Herausforderungen im Bereich der Digitalisierung der Justiz sind größer als das, was mit dem, was die Ampelkoalition hier an finanziellen Mitteln vorsehen möchte, gelingen kann. Ich möchte auch auf den Bundesjustizminister zu sprechen kommen, der in seiner Arbeit ja nicht nur für die Qualität der Gesetzgebung bürgt, sondern natürlich auch Verfassungsminister ist. Es ist schade, dass Sie bei der Wahlrechtsreform keinen Satz zur Verletzung des Demokratieprinzips gefunden haben. Sie haben beim Heizungsgesetz, welches morgen im Bundestag zur Beratung ansteht, bei dem immer noch nicht klar ist, wie viel CO überhaupt eingespart wird, nichts zum Thema Verhältnismäßigkeitsprinzip gesagt. Und beim Selbstbestimmungsgesetz, wo wir natürlich auch den Respekt einfordern, haben Sie nichts zu potenziellen Konflikten in den Familien gesagt. Da erwarten wir von einem Justizminister mehr. Sie müssen zu diesen verfassungsrechtlichen Fragen auch klar Stellung beziehen. Was ist zu tun? Es ist heute mehrmals das Thema Vorratsdatenspeicherung angesprochen worden. Ich will übersetzen, um was es da geht. Es geht um Opferschutz. Es geht um die Rechte von missbrauchten Kindern. Es geht darum, dass der Rechtsstaat nicht ruhen darf, wenn durch Darstellungen sexualisierter Gewalt übelste Straftaten an Kindern vorgenommen werden. Das Urteil des EuGH vom letzten Jahr hat deutlich gemacht: Ja, es gibt eine rechtliche Möglichkeit, nämlich die Speicherung von IP-Adressen. Wenn wir in Deutschland weiter zögern, zumindest die Speicherung von IP-Adressen zur Aufklärung und Verhinderung schwerster Straftaten zu adressieren, dann machen wir uns mitschuldig, weil wir als Gesetzgeber bei dem Thema nicht handeln. Es ist dringend, und wir brauchen die Speicherung von IP-Adressen. Ich bin auch Ihnen, Herr Kollege Limburg, zunächst einmal dankbar, dass Sie das Thema Völkerstrafrecht angesprochen haben. Wir müssen Lücken im Völkerstrafrecht schließen. Wir müssen aber auch gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir das internationale Recht fortschreiben. Lassen Sie uns gemeinsam im Deutschen Bundestag auch zu einer Haltung kommen, dass wir ein Sondertribunal für die Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine einrichten. Auch wenn es lang dauert: Es ist notwendig, dass die Kriegsverbrecher auch wegen des Verbrechens der Aggression zur Rechenschaft gezogen werden und dass dieses Tribunal eines Tages entsteht. Ich kann Ihre Einschätzungen aber nicht teilen – da möchte ich deutlich widersprechen – zum Thema „§ 218 StGB, Schwangerschaftsabbruch“. – Sie haben § 219 angesprochen. Ich will aber darauf hinweisen, dass dieser Teil eines gesellschaftlichen Konsenses ist. Dieser gesellschaftliche Konsens war Teil einer Einigung, die uns in Deutschland 30 Jahre lang gesellschaftlichen Frieden in dieser Frage gebracht hat. Sie merken überall in der Welt: Wo die Frage von Abtreibung polarisiert wird, spaltet sie auch die Gesellschaft. Deswegen bin ich wirklich, auch in dieser Debatte, der Ansicht, dass all die Überlegungen, auch die der Bundesfamilienministerin, an den Abtreibungsparagrafen heranzugehen, falsch sind, weil wir mit der jetzigen Rechtslage gut zurechtkommen, weil sie gesellschaftlichen Frieden gebracht hat und weil jede andere Regelung möglicherweise auch das Schutzkonzept des Bundesverfassungsgerichts zerstören und die Würde des ungeborenen Lebens antasten würde. Deswegen bitte ich, dass wir bei diesem Thema nicht nur zurückhaltend diskutieren, sondern dass wir diesen gesellschaftlichen Konsens respektieren. Meine Damen und Herren, es geht beim Justizhaushalt um die Frage von Qualität von Rechtsprechung und Rechtsetzung. Es geht darum, dass die Menschen Vertrauen in diesen Rechtsstaat haben. Deswegen darf der Justizhaushalt nicht in erster Linie gesehen werden als ein Haushalt, wo man trotz kleineren Volumens einspart, sondern man muss sich fragen: Wie kann man durch ordentliche Mittelausstattung dafür Sorge tragen, dass die Justiz auch langfristig arbeitsfähig bleibt und das Vertrauen in diesen Rechtsstaat weiterhin stark ist? Herzlichen Dank.