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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir sehr lange über diesen Haushalt gesprochen; der eine mehr, der andere weniger.
Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will zunächst mal sagen: Dieser Haushalt sinkt deutlich ab. Über einen Bereich, bei dem das passiert, sind wir alle sehr froh, nämlich die Ausgaben, die der konkreten Bekämpfung der Coronapandemie geschuldet waren, sind jetzt nicht mehr notwendig.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber so mancher erweckt hier den Eindruck, damit wäre es mit den Kürzungen auch schon gut. Die Wahrheit ist aber leider, dass die Kürzungen hier sehr tief in Bereiche gehen, die von allergrößter Bedeutung für die Zukunft des Gesundheitswesens sind.
Ich will damit beginnen – Frau Lütke hat das ja auch thematisiert –, dass der Zuschuss in Höhe von 1 Milliarde Euro, den wir jedes Jahr durch Gesetz in die Pflegeversicherung geben, in den nächsten Jahren nicht gewährt wird. Es ist sonnenklar, dass die Kompensation der Pflegeversicherung, deren Beiträge gerade steigen, wodurch das Netto vom Brutto weniger wird für die Menschen in Deutschland, darin besteht, dass die Pflegekassen in den nächsten Jahren dann nicht in den Pflegevorsorgefonds einzahlen müssen. Das heißt, die Problematik der Pflegeversicherung steigt, wenn die geburtenstarken Jahrgänge vermehrt pflegebedürftig werden. Das heißt, die Ampel nimmt sich hier 1 Milliarde Euro für die Ausgaben jetzt und vergrößert damit das strukturelle Problem der Pflegeversicherung in der Zukunft.
Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb, Frau Lütke, finde ich den Gedanken, dass wir das anders machen sollten, richtig. Aber wenn die Bundesregierung einen Haushalt vorlegt, der bis auf den allerletzten Cent die Schuldenbremse ausnutzt, dann wird es uns im Haushaltsausschuss verdammt schwerfallen, 1 Milliarde Euro zu finden, um das zu kompensieren. Ich würde mich sehr, sehr freuen, wenn die FDP dazu einen Vorschlag macht.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben sehr viel über das Thema Prävention gesprochen. Jenseits der Ausgaben, die auch für Corona in der Prävention notwendig waren, wird aber auch im Bereich der Suchtprävention in diesem Haushalt gekürzt. Ich hätte mir gewünscht, wenn die Ampel schon – ich will jetzt nicht darüber streiten, ob die Cannabislegalisierung richtig oder falsch ist;
Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie wissen, dass ich sie für falsch halte – ein solches Projekt macht und man spürt, dass der Bundesgesundheitsminister selber, was die gesundheitlichen Folgen angeht, Sorgen hat, und würde wenigstens erwarten, dass der Prävention in diesem Bereich eine echte Priorität in diesem Haushalt zukommt.
Beifall bei der CDU/CSU)
Stattdessen wird bei der Suchtprävention noch gekürzt. Das müssen wir uns im Haushaltsverfahren dringend angucken.
Ein zweiter Themenbereich steht noch nicht drin. Wir hatten in der Folge des Urteils des Verfassungsgerichts eine intensive Diskussion über das Thema Suizidbeihilfe. Der ganze Bundestag hat beschlossen, dass wir da mehr machen müssen. Gut, die Debatte kam danach. Das Urteil war schon vorher da. Hier hätte die Bundesregierung schon handeln können, hat sie aber auch noch nicht gemacht. Das heißt, hier ist die zweite große Präventionsaufgabe, die wir in den Haushaltsberatungen noch zu lösen haben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Thema Forschung. Forschung für die Gesundheit ist die Chance darauf, dass alle in Zukunft am medizinischen Fortschritt teilhaben. Ganz wichtig, auch für die Regierung, ist die Digitalisierung. Wenn man in den Forschungsetat reinguckt, wo die entscheidenden Kürzungen sind, stellt man fest: im Bereich der Digitalisierung unseres Gesundheitswesens. Wie das mit dieser Zukunftsaufgabe, die uns allen nicht schnell genug geht, übereinkommt, sehe ich nicht. Das kann ich nicht verstehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ein Zweites zum Bereich der Forschung: Im Januar hat der Bundesgesundheitsminister die Ankündigung gemacht, mit Blick auf diejenigen, die nicht das Glück hatten, ohne Folgen durch die Coronapandemie zu kommen, die unter Long Covid leiden, 100 Millionen Euro für die Forschung zur Verfügung zu stellen. In den letzten Tagen las ich in der Zeitung, es seien 40 Millionen Euro. Ich gucke in diesen Haushalt und stelle fest: Es sind 3 Millionen Euro, perspektivisch vielleicht 20 Millionen Euro. Angesichts der Tatsache, dass die Menschen schon heute in großer Zahl leiden, muss die Forschung natürlich schnell sein; denn die große Zahl der Fälle haben wir jetzt und nicht – hoffentlich nicht – in einigen Jahren. Ich finde, so kann man mit diesen Menschen nicht umgehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die internationale Gesundheit – ich bin gerne und mit Stolz Mitglied des Unterausschusses Globale Gesundheit – ist ein Thema, bei dem sich die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren international einen hervorragenden Ruf erarbeitet hat. Wir haben mit dem World Health Summit einen der weltweit zentralen Kongresse zu diesem Thema hier bei uns in Berlin. Ich habe mich vor zwei Jahren gefreut, als sich die Koalition entschieden hat, da mehr Geld reinzugeben. Obwohl wir einen Grundsatzbeschluss im Haushalt haben, dass die Bundesregierung unsere Haushaltsentscheidungen in den Folgejahren nachvollziehen soll, hat die Bundesregierung das im Folgejahr nicht mehr in den Haushalt geschrieben, und das – Frau Lütke, es ist manchmal nicht leicht, Geld zu finden – auch nicht mehr korrigiert.
Im letzten Jahr haben wir, als die Bundesregierung die weltweite Aidsbekämpfung nicht mehr finanzieren wollte, das korrigiert. Da hat die Koalition etwas getan, was ausdrücklich richtig war. Jetzt legt man uns wieder einen Haushalt vor, in dem die weltweite Aidsbekämpfung mit genau null Euro adressiert ist. Deshalb, lieber Karsten Klein, sage ich: Die Reduzierung der Mittel für die internationale Gesundheit fußt nicht darauf, dass da wegen Corona nichts mehr zu tun ist, sondern sie fußt darauf, dass darauf keinerlei Priorität mehr gesetzt wird. Einst dachten wir, dass der WHO-Hub hier in Berlin sozusagen das Flaggschiff unserer Aktivitäten im Bereich der internationalen Gesundheit ist. Jetzt ist er das Feigenblättchen, weil er außer den WHO-Pflichtbeiträgen das Einzige ist, was wir in diesem Bereich noch wirklich finanzieren.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Hier ist viel über die Krankenhausreform gesprochen worden. Ich sage deutlich: Krankenhäuser werden an vielen Orten im Zuge einer kalten Strukturbereinigung in die Insolvenz gehen, wenn wir nicht jetzt über eine Zwischenfinanzierung reden, also über eine Finanzierung für die Zeit, bis irgendwann eine Krankenhausreform kommt.
Beifall bei der CDU/CSU)
Auch hier sehe ich in diesem Haushalt noch nichts.
Insofern: Die Menschen im Gesundheitswesen haben gute Rahmenbedingungen verdient, die Patienten auch. Da ist noch viel zu tun.
Wenn Sie nicht so viel hinterlassen hätten an Baustellen!)
Ich freue mich auf die vermutlich schwierigen Haushaltsberatungen.
Beifall bei der CDU/CSU)