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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht nicht darum, wenn man die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung anspricht, das Land schlechtzureden oder schwarzzumalen. Es geht darum, dass wir uns in der Politik Sorgen machen müssen, wenn wir im internationalen Vergleich sehen, dass die Weltwirtschaft um 3 Prozent wächst, dass die USA um 1,8 Prozent wachsen, die Eurozone um 0,9 Prozent, Frankreich um 0,8 Prozent und dass demgegenüber laut Prognose des Instituts für Weltwirtschaft aus dieser Woche die deutsche Volkswirtschaft um 0,5 Prozent schrumpft.
Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)
Das muss doch Sorge machen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das muss doch auch eine Regierungskoalition alarmieren.
Wenn man sich die Ursachen dieser Entwicklung anschaut, dann sieht man, dass es sich zum einen um Effekte, Folgen der Inflationskrise handelt. Deswegen muss natürlich die Priorität in diesem Haushalt darauf liegen, Inflation zu bremsen, Inflation nicht weiter anzuheizen. Gerade deswegen fordern wir ja: Senken Sie die Stromsteuer, senken Sie die Netzentgelte, um die Preise zu reduzieren!
Beifall bei der CDU/CSU)
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir es nicht nur mit einer Inflationskrise, sondern auch mit einer Investitionskrise im Land zu tun haben, und zwar nicht bei den öffentlichen, sondern bei den privaten Investitionen, dass Firmen nicht mehr im Inland investieren, dass sie Investitionen aufschieben, dass erst recht kein Kapital aus dem Ausland im Inland investiert wird. Dieser Rückgang der privaten Investitionen führt dazu – auch das zeigen die Zahlen vom IfW Kiel –, dass dieses Jahr zum ersten Mal der Kapitalstock der deutschen Volkswirtschaft schrumpft.
Diese Investitionsentscheidungen haben etwas zu tun mit Standortfaktoren, mit Standortbedingungen. Dass Standortfaktoren nach 21 Jahren SPD-Regierungsbeteiligung leiden, kann niemanden überraschen.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber am Ende des Tages ist ein Standortfaktor auch die Frage, ob wir es mit verlässlicher Politik, ob wir es mit erträglichen und verlässlichen Regeln zu tun haben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Anders gewendet: Es ist Gift für jede Investitionsentscheidung, wenn Unsicherheit herrscht. Herr Bundeswirtschaftsminister, nachdem Sie nun fast zwei Jahre im Amt sind, muss man feststellen: Ihre Wirtschaftspolitik hat der Wirtschaftspolitik in Deutschland die Verlässlichkeit genommen, hat in hohem Maß Erträglichkeit genommen. Herr Bundesminister, man muss es leider so deutlich sagen: Mit Ihrer Politik sind Sie die personifizierte Investitionsunsicherheit der deutschen Volkswirtschaft.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Lieber Herr Bury, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Banaszak?
Der Mann, der die große Ahnung hat!)
Vielen Dank, Herr Kollege Bury, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Uns eint die Sorge. Ich sage das sehr deutlich, und was die Tonlage angeht, wie Sie oder auch Herr Durz das gemacht haben: D’accord! Niemand sagt hier, Robert Habeck sagt das nicht, niemand von uns sagt: Alles tutti!
Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Was uns nicht eint, ist die Analyse der Ursachen dieser Situation. Ich weiß, dass Sie sich ungern mit der Abhängigkeit von Russland in der Energiepolitik beschäftigen wollen, die in Deutschland sehr viel stärker war als beispielsweise in Frankreich – 55 Prozent versus 24 Prozent Erdgas –, weil das in Ihre Regierungszeit fällt.
Sie beschäftigen sich aber auch mit einer zweiten Frage nicht. Jahr für Jahr haben Sie sich hier im Plenum abgefeiert: Deutschland ist Exportweltmeister! Wir sind so toll! Diese hohen Exportüberschüsse – die haben die Europäische Union teilweise ziemlich destabilisiert – sind super!
Was ist jetzt die Frage?)
Und wenn das so ist, dann können Sie doch nicht völlig verdutzt aus der Wäsche gucken
– warten Sie doch ab! –, dass in einer Situation, in der der Welthandel insgesamt stockt, wenn beispielsweise in China, von dem wir uns so abhängig gemacht haben, unsere Unternehmen so abhängig gemacht haben,
der Motor stottert, dies dann auch in einer exportorientierten Wirtschaft wie der Deutschlands ankommt.
Wollen Sie vielleicht sagen, dass das auch etwas damit zu tun haben könnte, und wollen Sie vielleicht ein bisschen anerkennen, dass es auch die Politik der letzten Jahre war – und nicht der letzten zwei, sondern davor –, die uns in die Situation gebracht hat, die jetzt tatsächlich herausfordernd ist?
Sie sind in der Verantwortung!)
Herr Kollege Banaszak, Sie machen in Ihrer Analyse wieder einen ganz grundsätzlichen Fehler. Er besteht darin, dass Sie die kurzfristigen konjunkturellen Effekte auf der einen Seite, die gerade – ich habe es ja angesprochen – inflationstreibend wirken, mit den strukturellen Effekten, mit den strukturellen Standortproblemen durcheinanderwerfen, die dazu führen, dass Investitionen zurückgehalten werden.
Wenn man sich in der Situation einmal anschaut, wie denn Ihre Politik als Reaktion auf diese Probleme,
die – richtig! – zugenommen haben, ausgesehen hat, dann sieht man: Beim Thema Energie ist es das Abschalten der drei Atomkraftwerke, deren Laufzeit Sie hätten verlängern können, was das Angebot verknappt;
Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
beim Thema „Fach- und Arbeitskräftemangel“ sind es Fehlanreize, die Sie mit dem Bürgergeld gesetzt haben; beim Thema „Bürokratie und Verlässlichkeit von Regeln“ ist es das Heizungsgesetz, das Sie diese Woche hier durch den Bundestag peitschen.
Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Sie beheben diese Standortprobleme nicht, Sie vergrößern die Standortprobleme unserer Volkswirtschaft und vergrößern damit die Investitionskrise unserer Volkswirtschaft.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD
Da hätte ich jetzt mehr erwartet!)
Diese mangelnde Verlässlichkeit zeigt sich eben auch im Haushaltsentwurf, den Sie uns für die Haushaltsdebatte vorgelegt haben. Darin zeigt sich, dass Sie gerade nicht auf Investitionssicherheit setzen, dass Sie gerade nicht darauf setzen, insbesondere dem Mittelstand, den Handwerkern, den kleinen und mittleren Betrieben, die das Rückgrat unserer Volkswirtschaft sind, Sicherheit zu geben, im Übrigen auch dem Tourismus. Unternehmen im Tourismus können im Zweifel nämlich nicht woanders investieren, können im Zweifel nicht gehen, sondern haben nur die Wahl, zuzumachen, wenn sie in dieser Unsicherheit gefangen sind, die Sie mit Ihrer Politik schaffen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die Verlässlichkeit nehmen Sie nicht nur in Ihrer Wirtschaftspolitik; Sie nehmen die Verlässlichkeit auch in der Klimapolitik – Andreas Jung hat es eben schon angesprochen –, in der grundsätzlichen Umwandlung des Klima- und Transformationsfonds, ursprünglich einmal geschaffen, um die Einnahmen aus der CO-Bepreisung zweckzubinden, sie in Klimaschutz zu investieren, um sie am Ende auch an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben zu können. Da frage ich mich: Wo ist denn das Klimageld in Ihrem Haushaltsentwurf geblieben? Jetzt haben wir eben gehört: Es kommt 2025.
Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich bin gespannt, ob es wirklich so sein wird, weil die Mittel im Klima- und Transformationsfonds ja bereits vollständig anderweitig verplant sind.
Sie wollen 60 Milliarden weniger! Sie klagen dagegen! Sie klagen gegen Ihre eigenen Vorschläge!)
Auch da nimmt Ihre Politik Sicherheit und schafft zusätzliche Unsicherheit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt der Haushaltsentwurf sowohl im Einzelplan 09 als auch beim Klima- und Transformationsfonds, dass er Ideologie atmet, dass er die Unsicherheit verstärkt und dass er damit die Investitionskrise in diesem Land zementieren wird.
Wir werden Ihnen in den nächsten Wochen in den Haushaltsberatungen konkrete Vorschläge machen, wie wir Investitionssicherheit stärken können. Ich appelliere schon heute an Sie: Wischen Sie das nicht einfach beiseite. Nehmen Sie die Sorgen ernst.
Zuruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nehmen Sie dann die Vorschläge, die wir Ihnen machen, auch entsprechend ernst, und kriegen Sie endlich die Kurve hin zu mehr Investitionssicherheit in diesem Land.
Beifall bei der CDU/CSU)
Der nächste Redner ist Robert Farle.
Jetzt kommt „Radio Moskau“!
Gegenruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber nicht „Radio Eriwan“!)