Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss feststellen, dass sich seit Regierungsübernahme durch die Ampel im Bereich Entwicklungspolitik ein roter Faden durch die Haushaltsdebatten zieht: Insbesondere vonseiten der Grünen, in Nuancen aber auch vonseiten der SPD wird regelmäßig Kritik am Haushalt dieser Bundesregierung geäußert, genauso auch heute. Frau Kollegin Brugger, ich hätte es als Redner der Opposition ja gar nicht gewagt, nach dieser Zeitenwende und angesichts der veränderten Weltlage hier und heute auf Ihren Koalitionsvertrag zu sprechen zu kommen. Dass Sie das gemacht haben, finde ich schon sehr bemerkenswert. Sie haben erwähnt, dass Sie eine Eins-zu-eins-Finanzierung vereinbart haben, dass das, was für Verteidigung ausgegeben wird, auch für Krisenprävention, humanitäre Hilfe, Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Entwicklungspolitik ausgegeben werden soll. War das heute die Rede für ein Sondervermögen EZ? Was auch immer Sie vorhaben, ich bin auf jeden Fall gespannt, wie Sie das in Ihrer Koalition durchbringen. Frau Ministerin, ich finde es interessant – an Ihrer Stelle würde mir das zu denken geben –, dass immer wieder sehr harte Kritik geäußert wird. Ich glaube, dass Sie nicht wirklich für Ihren Etat kämpfen. Anders kann ich mir diesen Haushaltsentwurf nämlich nicht erklären. Ihre Rede, Frau Ministerin, hat außer Allgemeinplätzen nicht viel enthalten. Das liegt wahrscheinlich einfach daran, dass Sie überhaupt keine Strategie haben und nicht wissen, wo Sie hinwollen. Sie haben zwar eine Afrika-Strategie vorgestellt, die das Wort „Strategie“ im Titel hat. Diese sogenannte Afrika-Strategie ist aber von verschiedenen Seiten kritisiert worden, nicht nur von uns, nicht nur hier im Haus, sondern auch von außen, auch von vielen Entwicklungsorganisationen. Das ist keine Strategie, sondern, wenn wir ehrlich sind, eine Inventurliste über bestehende Forderungen, garniert mit einem kleinen Wunschzettel. Wichtig wäre aus meiner, aus unserer Sicht, dass Sie einen klaren Kompass haben und hier eine nachvollziehbare Strategie, eine gemeinsame Ausrichtung von Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik vorlegen. Im Übrigen hatten Sie das als neues Miteinander vereinbart; aber von diesem neuen Miteinander ist in der Streitampel nicht viel übrig geblieben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Thema haben Sie besonders angekündigt und auch heute noch mal angesprochen: Armut und Hunger. Ich frage Sie: Was unternehmen Sie denn konkret in diesem Bereich? Sie kürzen! Sie kürzen zum zweiten Mal die Mittel für die Sonderinitiative „Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme“, Haushalt 2023 minus 47 Prozent, für den nächsten Haushalt planen Sie über 15 Prozent minus. Da frage ich mich schon: Wie passt denn das mit Ihrer sogenannten Afrika-Strategie zusammen? Und wie passt das mit dem Sahel-Eckpunktepapier zusammen? In beiden Papieren haben Sie formuliert, dass Sie sich für die verstärkte Anpassung von Agrar- und Ernährungssystemen starkmachen, um Hunger als Ursache von Flucht und Migration zu bekämpfen. Ich frage Sie: Wie passt diese Kürzung mit den Entwicklungen auch in der Sahelregion zusammen? Dass die Grünen dabei noch mitmachen, finde ich besonders spannend, weil genau dieser Bereich – Agrar- und Ernährungssysteme – bekanntermaßen Haupttreiber für Umweltkrisen ist und ein Drittel der Treibhausgase dadurch verursacht werden. Auch die Biodiversität ist hiervon mit betroffen. Dieser Titel für die Transformation wird massiv gekürzt, und die Grünen stimmen zu. Klimapolitik: weit gefehlt. Ein weiterer Punkt. Sie sprechen ja immer die feministische Entwicklungspolitik an. Dass Frauen einen wichtigen Beitrag in der Entwicklungszusammenarbeit leisten, das wissen wir von der Union seit jeher. Deswegen haben wir in den 16 Jahren ein besonderes Augenmerk gerade auf den Bereich „Landwirtschaft und Entwicklung“ gelegt; auch das Thema Mikrokredite ist schon angesprochen worden. Frauen und Mädchen sind weitaus häufiger von Armut, Hunger und Fehlernährung betroffen als Männer. Ich frage Sie: Wie passt das zu Ihrer feministischen Entwicklungspolitik, wenn Sie bei diesem Titel kürzen? Wir von der Union hätten diesen Titel definitiv nicht gekürzt, wir hätten ihn nicht geschwächt. Wir hätten die von uns gestartete Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ gestärkt. Wir hätten auch in Zeiten einer großen Ernährungskrise, in Zeiten von über 735 Millionen hungernden Menschen weltweit einen klaren Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Armut und Hunger gelegt. Frau Ministerin, Sie haben außerdem die Destabilisierung angesprochen, die wir insbesondere in den letzten Wochen durch den Putsch in Niger, aktuell auch bei den Entwicklungen in Gabun erleben, die ja wirklich sehr besorgniserregend sind. Aber gerade vor diesem Hintergrund verstehe ich eines nicht: dass Sie die Mittel für die Sonderinitiative zur Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika, Nahost um 37 Prozent kürzen. Gerade mit dieser Sonderinitiative war es möglich, die Zivilgesellschaft, die Sie ja sonst in Ihren Reden auch immer so hervorheben, zu unterstützen. Hier setzen Sie ebenfalls den Rotstift an. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – Es ist auch in diesem Haushalt ganz klar: Ihnen fehlt es an der Strategie, bei Ihnen fehlt komplett der rote Faden. Das wird in diesem Haushalt deutlich. Wir von der Union kritisieren nicht per se die Kürzungen im Etat, aber Ihre Schwerpunktsetzung. Wir kritisieren Ihre Schwerpunktsetzung. Und vielleicht orientieren Sie sich wenigstens an Ihren eigenen Schwerpunkten beim nächsten Haushalt bzw. in den Haushaltsberatungen. Es wäre wichtig für Deutschland und für die internationale Zusammenarbeit. Vielen Dank.