Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte zum Passgesetz und zur Registermodernisierung ist der Abschluss einer parlamentarischen Zumutung. Deren Ursache war mal wieder Ampelzank, ihre Folge sind verpfuschte Gesetze. Es war schon äußerst kompliziert, herauszufinden, welche Eingriffe in Persönlichkeitsrechte die Ampel überhaupt beschließen will. Fakt ist: Seit Jahren dürfen Polizei und Geheimdienste Lichtbilder automatisiert abrufen und speichern. Im Digitalausschuss wurde uns vom BMI erklärt, der automatisierte Abruf sei raus aus dem Passgesetz. Das stimmt aber gar nicht. Nur die geplante Verpflichtung von Behörden, automatisierte Abrufe zu erleichtern, flog raus. Damit wären sogar massenhafte Abrufe von Passbildern durch Sicherheitsbehörden möglich und die Bildung von Schattendatenbanken, wovor Sachverständige in der Anhörung warnten und natürlich auch die Linksfraktion. Verfassungsfeinde bei Polizei und Geheimdiensten sollten so gefährliche Werkzeuge niemals bekommen. Derartige Schattendatenbanken wären ein bürgerrechtlicher Albtraum. Wir werden bei jedem Versuch, sie zu ermöglichen, wieder dagegen kämpfen, meine Damen und Herren. Außerdem will die Ampel die Registermodernisierung verfassungswidrig umsetzen. Die Steuer-ID, die wir bekanntlich bei der Geburt bekommen und lebenslang behalten, soll – das ist neu – zum Identifizierungsmerkmal für über 50 Register mit personenbezogenen Daten werden. Vom Melderegister bis zum Flensburger Punkteregister können damit die Daten jeder Bürgerin und jedes Bürgers zu Profilen verknüpft werden, auch durch staatliche Stellen oder kriminelle Hacker. Der Grüne Konstantin von Notz klang in der Debatte zur Registermodernisierung 2021 noch so – ich zitiere ihn –: Ja, so schlicht und einfach ist das, Kollege Notz; er ist leider heute nicht da. Es ist auch heute noch so. Auch der liberale Kollege Manuel Höferlin fand seinerzeit die Steuer-ID unhaltbar und verwies auf gangbare Alternativen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte sieht das auch heute noch so. Nur die Ampel tut heute noch so, als sei das Datenschutzcockpit ein Sicherheitsnetz gegen den Missbrauch. Es suggeriert Steuerungsmöglichkeiten für Bürger/-innen, zum Beispiel darüber, welches Amt auf welche Daten zugreifen darf; es steht aber noch nicht mal im Gesetz. Es ist eine quasi unverbindliche Absichtserklärung ohne jede Zeitangabe im Entschließungsantrag der Ampel. Das ist kein politischer Kompromiss, das ist Verarsche, meine Damen und Herren. Nur zu. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat auf meine Rückfrage am Mittwoch im Digitalausschuss geantwortet: Nein, das ändert nichts an der Bewertung der Verfassungsmäßigkeit. Ich habe wörtlich gefragt, ob er glaubt, dass das Datenschutzcockpit und das 4-Corner-Modell an seiner Position, die er 2021 geäußert hat, irgendetwas ändert, und er hat gesagt: Nein. – Denn das strukturelle Problem, dass wir eine einheitliche Personenkennzahl einführen, die das Bundesverfassungsgericht ja seinerzeit für verfassungswidrig erklärt hat, bleibt bestehen. Nur die Möglichkeit, im Datenschutzcockpit nachzuvollziehen, dass irgendein Amt zugegriffen hat – da reden wir noch nicht von Zugriffen auf Schattendatenbanken; denn diese tauchen dort niemals auf –, ändert nichts an der Verknüpfbarkeit der Daten. Vielleicht ist das eine kleine Verbesserung. Aber warum steht das nur in der Entschließung? Warum steht es nicht im Gesetz? Es ändert nichts an der Struktur, es gibt noch nicht einmal einen Zeitplan. Wir wissen überhaupt nicht, wann diese Dinge kommen sollen. Im Übrigen haben Sie natürlich völlig recht, wenn Sie sagen, dass es das Gesetz in dieser Fassung schon 2021 gab; darauf habe ich schon hingewiesen. Damals waren FDP und Grüne noch komplett dagegen; das habe ich gerade zitiert. Jetzt plötzlich soll das alles okay sein? Es ist nicht okay. An der Grundstruktur hat sich nichts geändert. Ich bedauere, dass Grüne und FDP hier wider besseres Wissen ein verfassungswidriges Gesetz unterstützen. Das zerstört Vertrauen in die Demokratie. Die Linksfraktion hängt ihr Mäntelchen nicht in den Wind. Wir waren 2021 genauso dagegen wie jetzt. Deshalb haben wir auch einen Antrag vorgelegt, der fordert, die Steuer-ID als einheitliches Personenkennzeichen durch eine verfassungskonforme Alternative zu ersetzen. Ich bitte dazu um Ihre Zustimmung. Vielen Dank.