Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer sich als Abgeordneter momentan auf Reisen durch dieses Land befindet, der wird Zeuge einer großen Verunsicherung – einer Verunsicherung bis tief in die Mitte der Gesellschaft. Diese Verunsicherung hängt zusammen mit der Anzahl und mit der Dichte an Krisen, mit denen unser Land zu tun hat. Dazu gehört insbesondere die Coronapandemie, dazu gehört der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, und dazu gehört vieles mehr. Diese Krisen haben dazu geführt, dass die Mitte der Gesellschaft verunsichert ist und der gesellschaftliche Zusammenhalt zu kippen droht. Natürlich versuchen in dieser Zeit die Feinde der offenen Gesellschaft und die Feinde der liberalen Demokratie, sich diese Verunsicherung zunutze zu machen. Das dürfen wir nicht zulassen, und deswegen müssen wir selbstkritisch feststellen, dass die Verfahren, die hier mitunter durchgeführt worden sind, dieser Verunsicherung nicht entgegengewirkt, sondern sie sogar noch verstärkt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und weil das so ist, bin ich auch dankbar und glaube, dass es richtig ist, dass wir die Änderung des Gebäudeenergiegesetzes nicht in einer Sondersitzung in der Sommerpause beschließen, sondern dass wir das mit Bedacht in der ersten Sitzungswoche nach der sitzungsfreien Zeit tun. Damit können wir einen Beitrag dazu leisten, dass mit Bedacht und in Ruhe über die Änderungsanträge zum Gebäudeenergiegesetz beraten werden und das Gesetz dann in dieser Form beschlossen werden kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was mich aber nachdenklich macht, ist die Rede von Friedrich Merz. Ich hätte mir von einer Fraktion, die während der Coronapandemie die Parlamentsrechte bis zur Unkenntlichkeit geschliffen hat, doch auch ein bisschen mehr Selbstkritik an dieser Stelle gewünscht. Dann haben Sie, lieber Kollege Merz, hier ernsthaft gesagt, dass diese Bundesregierung und diese Parlamentsmehrheit es nicht mit einer externen Krise zu tun hätten. Ich weiß nicht, ob die ökonomischen Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine bei Ihnen persönlich angekommen sind. Aber es gibt sehr viele Menschen in Deutschland, die sich große Sorgen um die Zukunft dieser Volkswirtschaft machen. Die machen sich Sorgen um die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Die machen sich Sorgen um die Inflation. Die machen sich Sorgen darum, ob es in Zukunft in diesem Land überhaupt noch eine Industrie gibt. Die machen sich Sorgen, weil wir die größte Migrationskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg haben. Angesichts dieser Krisen davon zu sprechen, dass diese Parlamentsmehrheit keine externe Krise zu bewältigen hätte, ist wirklich ein starkes Stück. Das mögen die Wählerinnen und Wähler bitte bewerten, was das mit der Wahrnehmung der Realität zu tun hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle miteinander sind dafür verantwortlich, vernünftig mit den Krisen in unserem Land umzugehen und sie zu bewältigen. Die Verunsicherung in der Mitte der Gesellschaft hat aber auch etwas damit zu tun, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass die Politik eigentlich nichts anderes mehr macht als Krisenbewältigung. Das war ja auch die übliche Vorgehensweise früherer Bundesregierungen. Dabei sind Zukunftsherausforderungen in hohem Maße unter den Tisch gefallen: die Alterung der Gesellschaft, die Digitalisierung, die Frage der Bewältigung des Klimawandels. Und weil die Bewältigung des Klimawandels für diese Bundesregierung und diese Parlamentsmehrheit eine wichtige Zukunftsherausforderung und ein dringliches Anliegen ist, ist es wichtig und richtig, dieses Gebäudeenergiegesetz zügig zu beschließen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat auch etwas mit unserer eigenen Verantwortung zu tun, damit, worin wir unsere Aufgabe sehen, bloß darin, auf externe Krisen zu reagieren, oder ob wir auch selber gestalten wollen. Wer bei einer Bundestagswahl antritt, wer die Verantwortung übernimmt für die Regierung in diesem Land, der darf sich nicht nur mit den Krisen beschäftigen, sondern der muss sich auch mit wichtigen Zukunftsherausforderungen beschäftigen. Das wird diese Parlamentsmehrheit tun, und ich kann uns allen sehr raten, in der Sommerpause ein bisschen Zeit mit Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern zu verbringen, um einmal herauszufinden, wie die Art und Weise, wie wir so arbeiten und wie wir hier so wirken, eigentlich bei den Menschen da draußen ankommt. Herzlichen Dank.