Zwischenrufe:
9
Beifall:
34
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundeswehr wird in den kommenden Monaten aus Mali abziehen, und wir beraten heute Abend einen Antrag, mit dem die Union fordert, dass die Bundeswehr in den kommenden Monaten aus Mali abziehen möge. Das wirkt nicht nur auf den ersten Blick etwas merkwürdig, das ist es auch.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zuruf des Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU])
Dieser Antrag bietet substanziell nichts Neues. Er ist teilweise nicht ganz korrekt. Er macht einen, wie ich finde, paradoxen Vorschlag. Und er kritisiert das bestehende Abzugsmandat, das der Deutsche Bundestag im Mai beschlossen hat, zu Unrecht.
Da haben Sie uns ganz was anderes gesagt!)
Lassen Sie mich auf diese vier Punkte im Einzelnen eingehen.
Erstens. Anders als im Antrag behauptet, hat die Bundesregierung sehr wohl auf die Entwicklung in Mali reagiert, und zwar besonnen und klug.
Es war klar, dass das deutsche Engagement im Rahmen von MINUSMA nicht unbegrenzt lange andauern konnte.
Nö! Das haben Sie uns aber anders erklärt im Mai!)
Deshalb haben wir ja ein Abzugsmandat beschlossen. Aber wir haben nicht, wie es manche gefordert haben, die Bundeswehr in einer Hals-über-Kopf-Aktion abgezogen
Das war genau der 31. Dezember!)
und alle anderen Truppensteller im Stich gelassen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vergessen wir bitte eines nicht, meine Damen und Herren: Unsere 1 100 Soldaten sind Teil einer viel größeren, 15 000 Mann und Frau starken Truppe aus ganz vielen verschiedenen Nationen. Ein hektischer deutscher Rückzug hätte unsere Verlässlichkeit beschädigt,
Die meisten waren doch eh schon weg!)
die Mission über Gebühr geschwächt und unser Bekenntnis zum Multilateralismus in Zweifel gezogen.
Was haben Sie uns im Mai alles erzählt mit „31. Dezember“?)
Zweiter Punkt. Der Antrag ist auch nicht ganz korrekt. Es wird nämlich behauptet, Frankreich sei wegen mangelnder Kooperationsbereitschaft aus Mali abgezogen. Das ist bestenfalls eine unzulässige, grobe Vereinfachung. Der wahre Grund für die Spannungen in den französisch-malischen Beziehungen liegt in dem Trauma der Rückeroberung von Kidal sowie in einem mitunter postkolonialen Auftreten Frankreichs vor Ort, wobei – das muss ich leider in Klammern hinzufügen – das „post“ sogar manchmal vergessen wird. Ich habe in Bamako mit jungen Leuten gesprochen; die Abneigung gegen die ehemalige Kolonialmacht ist mit Händen zu greifen.
Beifall der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])
Ich will das hier deutlich sagen: Gut ist das nicht – weder für Frankreich noch für uns als Europäer noch für die Länder des Sahel. Ich hoffe sehr, dass es der französischen Diplomatie gelingen möge, die Beziehungen zu Mali, aber auch beispielsweise zu Burkina Faso wieder ins Lot zu bringen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Drittens. Das ist ein Punkt, der mich an Ihrem Antrag wirklich überrascht: Sie schlagen trotz des – auch von Ihnen konzedierten – unfreundlichen Verhaltens der malischen Regierung vor, die Entwicklungshilfemittel zu erhöhen. Wir als Liberale, aber auch wir als Koalition freuen uns, dass Sie wie auch wir sehen, dass wir uns dort weiter engagieren müssen. Aber gerade jetzt, wo die Gespräche über die Modalitäten des Abzugs beginnen, zusätzliche Millionen ins Schaufenster zu stellen, erscheint uns nicht besonders sinnvoll.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der vierte Punkt, warum der Antrag abzulehnen ist, liegt in seiner unzutreffenden Kritik am bestehenden Abzugsmandat, das wir hier im Mai verabschiedet haben. Diese „paradoxe Unwucht“ – übrigens eine schöne Wortschöpfung, nur leider hier unzutreffend –
aus Abzug einerseits und Absicherung andererseits gibt es so nicht; denn der Beitrag von MINUSMA zum Übergangsprozess bezieht sich nicht nur auf die Präsidentschaftswahlen im Februar 2024, wie Sie schreiben,
Nee, das hatten Sie behauptet!)
sondern auch auf alle Wahlen und Abstimmungen davor, zuletzt auf das Verfassungsreferendum, das gerade letzten Monat abgehalten wurde.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie sehen, es gibt gute Gründe, warum die Koalition diesen Antrag ablehnen wird. Dennoch freue ich mich, dass Sie ihn gestellt haben; denn im demokratischen Streit über den besten Weg mit Rede und Gegenrede und Beratung über unterschiedliche Bewertungen findet man die besten Lösungen für unser Land und in diesem Fall ganz besonders für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist mir deswegen wichtig, weil das – in der Tat, Frau Präsidentin – aller Voraussicht nach meine letzte Rede ist.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar persönliche Bemerkungen machen:
Die sechs Jahre hier im Deutschen Bundestag waren viel harte Arbeit. Mir war es immer wichtig, dass dabei das Menschliche nicht zu kurz kommt. Ich werde hier viele vermissen – aus meiner eigenen Fraktion, aber bei Weitem nicht nur aus meiner eigenen Fraktion. Ich will zwei Kolleginnen herausgreifen, mit denen ich in den letzten Jahren, insbesondere in den letzten zwei Jahren, viel Zeit verbracht habe: Agnieszka Brugger und Gabriela Heinrich. Wir haben versucht, als Kollegen und stellvertretende Fraktionsvorsitzende die Koalition in der Außen- und Sicherheitspolitik halbwegs zusammenzuhalten. Ich glaube, das ist einigermaßen gelungen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wo ich die Kolleginnen und Kollegen von der Union und der Linkspartei mit einschließe, ist die unglaublich kollegiale Zusammenarbeit im Parlamentarischen Kontrollgremium. Wenn es um die Sicherheit des Landes geht, findet dort eine kollegiale Arbeit ohne jede PR statt, die ich bemerkenswert finde und die mein Vertrauen in die Institution Bundestag in den letzten Jahren enorm gestärkt hat.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Jetzt könnte ich noch ganz vielen danken, die uns die Arbeit hier ermöglichen: unseren Teams, der Verwaltung usw. Ich möchte eine Gruppe von Menschen herausgreifen, deren Arbeit ich in meinen Jahren hier immer wieder bewundert habe, und das sind die Stenografinnen und Stenografen des Deutschen Bundestages.
Beifall)
– Ich merke schon: Ich spreche für viele, wenn ich hier bewundere, wie schnell und präzise unser gesprochenes Wort in ein der Öffentlichkeit dauerhaft zugängliches Protokoll verwandelt wird. – Ich finde das jedes Mal beeindruckend. Mir persönlich ist es ein paarmal so gegangen, dass, wenn ich mich irgendwie verhaspelt oder verschwurbelt hatte,
Heiterkeit des Abg. Dr. Karamba Diaby [SPD])
der Text dann mit großer Präzision und Eleganz bei mir im Büro aufschlug und genau das sagte, was ich meinte,
Heiterkeit)
und dabei ganz nah am Originaltext geblieben ist. Ich fand das besonders beeindruckend und danke dafür ganz, ganz herzlich.
Beifall)
Und zuletzt – es war ja eine ganz besondere Woche – will ich auch den Kollegen von der Union, insbesondere Thomas Heilmann, danken. Das, was gestern entschieden worden ist, stärkt das Parlament, stärkt jede Abgeordnete und jeden Abgeordneten.
Das wäre euer Job gewesen!)
Ich sage das, weil ich volles Verständnis für seine Eingabe habe aus meinen Erfahrungen von vier Jahren hier in der Opposition.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich erinnere mich noch gut daran, wie uns – Irene Mihalic hat es so schön formuliert; wie hast du gesagt? – kopierwarme Papierhaufen vom Format eines Quelle-Katalogs auf den Schreibtisch geknallt wurden und dann Sofortabstimmung verlangt wurde. Ich fand das auch nicht gut. Deswegen glaube ich, dass das, was da passiert und entschieden worden ist, dem Haus insgesamt guttun wird.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werde in wenigen Wochen eine neue Aufgabe beginnen. Der Bundesregierung danke ich für das Vertrauen, das sie an dieser Stelle in mich setzt. Ich werde versuchen, dem gerecht zu werden.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN
Die Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erheben sich)