Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Komning, wir schämen uns auch ein wenig, dass Sie mal in der FDP waren; das können Sie mir glauben.
Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN
Ich habe mich nicht verändert, Herr Ullrich!
Partei ist standhaft!)
Aber sei’s drum; es ist eben so. Ich freue mich auch, dass das, was Sie gesagt haben, Ludwig Erhard nicht mehr erreicht; denn auch er würde sich schämen. Auch das können Sie mir glauben.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wettbewerb in einer Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn für die Verbraucher unterschiedliche Angebote auf dem Markt sind. Wahlfreiheit in dem Fall bedeutet immer auch Marktfreiheit.
Minister Habeck hat in seiner Rede zur Einbringung des Gesetzes mehrmals auf einen seiner Amtsvorgänger, Rainer Brüderle, hingewiesen. Auch wenn dieser damals wegen mancher wirtschaftspolitischer Ideen, die er hatte, belächelt wurde, war er bei einigen Punkten wirklich ein Vordenker. So war er es, der eine missbrauchsunabhängige Entflechtung auf verfestigten Märkten vorschlug. Auf diese Weise soll mehr Wahlfreiheit geschaffen werden, selbstverständlich nur als Ultima Ratio und mit weitreichendem Rechtsschutz.
Der Entwurf von Rainer Brüderle basierte auf seinen schlechten Erfahrungen bei der Deutschen Bahn. Gerade in diesem Bereich hat sich vergangene Woche erst wieder erwiesen, dass das grundlegende Kartellrecht auch bei uns funktioniert. Es ist also nicht so, dass es ein zahnloser Tiger ist. Das Kartellrecht hat auch so, wie es jetzt ist, schon Biss. Das Kartellamt hat einen Missbrauch von Marktmacht bei der Deutschen Bahn gegenüber Betreibern von Verkehrs-Apps festgestellt. Aus dieser Verfügung lassen sich gleich mehrere wichtige Schlussfolgerungen in Bezug auf die hier vorliegende Novelle ziehen:
Erstens. Es ist immer besser, einen Verstoß zu sanktionieren als einen gefühlten Missstand oder eine Störung. Deswegen ist es wichtig, vom Bundeskartellamt eine Prüfung zu verlangen, ob ein Missbrauch überhaupt stattgefunden hat; denn ein wirklicher Verstoß muss immer auch als ein solcher behandelt werden.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. Unternehmen, welche sich komplett rechtskonform verhalten haben, können nicht gleich behandelt werden wie diejenigen, welche Missbräuche begehen. Das muss auch für Maßnahmen des Kartellamts gelten.
Drittens. Wir leben in einem Rechtsstaat. Die Deutsche Bahn hat nach der Verkündung der Verfügung jetzt die Möglichkeit, sich juristisch dagegen zu wehren. Auch bei der vorliegenden Novelle war es uns als FDP-Fraktion sehr wichtig, einen vollständigen Rechtsschutz auch für diese Unternehmen zu haben. Zentral dabei ist die durchgängige aufschiebende Wirkung. Das ist ein kleiner Unterschied zu dem, was Sie, Herr Durz, am Anfang gesagt haben. Mit der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln geben wir den Unternehmen Planungssicherheit.
Beifall bei der FDP sowie des Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]
Immerhin!)
Es wäre schließlich grotesk, wenn man sich besser gegen Missbräuche wehren könnte als gegen missbrauchsunabhängige Maßnahmen. Das muss uns allen klar sein.
Mit der Deutschen Bahn haben wir außerdem ein Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand. Der Staat ist anscheinend doch nicht immer der bessere Unternehmer. Der Staat ist auch nicht derjenige, der einen guten Wettbewerb definieren kann. Ich erinnere meine Kollegen daran, wie sehr wir um die Formulierungen gerungen haben, was denn wirklich eine Wettbewerbsstörung ist. Denn dazu muss man erst mal festlegen, wie Wettbewerb funktioniert. In der Tat fällt das einem schon schwer, wenn man das im Detail tun will.
Der Staat ist auch nicht derjenige, der Preise bestimmen oder festlegen darf. Das wird und darf es in der Marktwirtschaft niemals geben!
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Überhöhte Preise als solche gibt es eigentlich nicht. Denn was passiert bei einem hohen Preis? Ganz klar: Entweder wird das Produkt nicht mehr gekauft, oder dieser hohe Preis bewirkt Innovation, und diese Innovation wird dazu führen, dass der Preis wieder sinkt. Das sind die Grundlagen der Marktwirtschaft.
Langfristig!)
Wettbewerb funktioniert im Übrigen auch immer nur dann, wenn genügend Marktakteure nachrücken und die Etablierten unter Druck setzen.
Mit der Bedeutung für die Marktstruktur haben wir ein Kriterium in die Novelle eingebracht, das vor allem den Mittelstand vor Maßnahmen des Kartellamtes schützt. Das ist für uns eine sehr wichtige Maßnahme; denn damit haben wir es geschafft, den gerne zitierten Paradigmenwechsel derart abzuschwächen, dass sich der Mittelstand nun eigentlich in Ruhe zurücklehnen kann. Nein, er kann sich nicht zurücklehnen, weil er am Markt agieren muss. Aber er muss keine Angst vor den Maßnahmen haben, die durch dieses neue Kartellrecht kommen.
Beifall bei der FDP sowie des Abg. Sebastian Roloff [SPD])
Wenn ein Start-up durch ein innovatives Geschäftsmodell eine Disruption auf einem Markt auslöst, wird das nicht mehr als eine Störung des Marktes verstanden. Hierzu haben wir eine Innovationsklausel eingefügt; über die haben wir bisher überhaupt noch nicht gesprochen.
Zum Schluss möchte ich noch eines sagen: Mit dieser Novelle haben wir den Koalitionsvertrag eigentlich mehr als erfüllt. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir in dieser Legislatur auch keine zwölfte Novelle brauchen. Wir sollten jetzt erst mal die elfte Novelle wirken lassen. Wir sollten die Ergebnisse abwarten und schauen, ob sie das tut, was wir von ihr erwarten. Danach können wir gerne über weitere Maßnahmen reden.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank, Herr Kollege Ullrich. – Das Wort hat nunmehr der Kollege Pascal Meiser, Fraktion Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)